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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kahlköpfiger alter Mann, der eine Baseballmütze trug, bewegte ein Stutfohlen mit schmalen Fesseln. Er hob die Hand und rief: »Hallo, Cap! Ist das nicht ein herrlicher Tag?«
    »Wunderbar«, stimmte der Mann auf dem Rad zu. »Und viel Spaß, Henry.«
    Er erreichte die Vorderseite des nördlichen Gebäudes, stieg vom Rad und klappte den Ständer hinab. Tief atmete er die warme Morgenluft ein und eilte die breiten Verandastufen hinauf und zwischen den hohen dorischen Säulen hindurch.
    Er öffnete die Tür und betrat die große Eingangshalle. Hinter einem Schreibtisch saß eine rothaarige junge Frau, die eine Statistik vor sich liegen hatte. Eine Hand deutete auf eine Stelle in dem Buch, die andere lag in der halb geöffneten Schublade und berührte eine Smith & Wesson, Kaliber achtunddreißig. »Guten Morgen, Josie«, sagte der ältere Herr.
    »Hallo, Cap. Nicht gerade sehr pünktlich.« Hübsche Mädchen durften sich solche Dreistigkeiten erlauben. Duane hätte sich das nicht erlauben dürfen, wenn er heute am Empfang gesessen hätte.
    »Meine Gangschaltung klemmt, Darling.« Er steckte den Daumen in den dafür vorgesehenen Schlitz. Etwas in der Konsole rasselte, und auf Josies Tischplatte flackerte ein grünes Licht auf, das nicht wieder ausging. »Und nun sei schön brav.«
    »Ich werde mir Mühe geben«, sagte sie kokett und schlug die Beine übereinander.
    Cap lachte dröhnend und durchquerte die Halle. Sie sah ihm hinterher und überlegte, ob sie ihm hätte sagen sollen, daß Wanless, dieser alte Schleicher, vor zwanzig Minuten gekommen war. Aber er würde es ohnehin bald erfahren. Sie seufzte. Der Vormittag dieses herrlichen Tages war garantiert versaut, wenn man sich mit diesem alten Gespenst unterhalten mußte. Aber ein Mann wie Cap, der in seiner Stellung so viel Verantwortung trug, mußte so etwas wohl gelegentlich schlucken.
2
    Caps Büro lag im hinteren Teil des Gebäudes. Durch das breite Erkerfenster hatte man einen wunderschönen Ausblick auf den Rasen, die Scheune und den Ententeich, der teils von Erlen umstanden war. Hinten auf dem Rasen saß Rich McKeon rittlings auf einem kleinen motorgetriebenen Rasenmäher. Capschaute ihm eine Weile zu, die Hände auf dem Rücken, und dann an die Kaffeemaschine in der Ecke. Er ließ ein wenig Kaffee in seinen Becher laufen, fügte Trockenmilch hinzu, setzte sich und schaltete die Sprechanlage ein.
    »Hallo, Rachel«, sagte er.
    »Hallo, Cap. Dr. Wanless ist-«
    »Ich wußte es«, sagte Cap. »Ich wußte es. Schon gleich als ich reinkam, roch ich diesen alten Sack.«
    Soll ich ihm sagen, daß sie heute keine Zeit haben?«
    »Sie sollen ihm gar nichts sagen«, antwortete Cap energisch. »Der soll ruhig den ganzen Vormittag im gelben Raum hocken. Wenn er nicht vorher nach Hause geht, werde ich wohl noch vor dem Essen mit ihm reden.«
    »Geht in Ordnung, Sir.« Poblem gelöst – jedenfalls für Kachel, dachte Cap mit einem Anflug von Wut. Eigentlich war Wanless überhaupt kein Problem. Tatsache war, daß er ganz einfach lästig wurde. Er hatte seinen Nutzen und seinen Einfluß überlebt. Nun, es gab immer noch die Möglichkeit, ihn nach Maui zu schaffen. Und schließlich war Rainbird auch noch da.
    Cap spürte ein innerliches Schaudern … und er war nicht der Mann, dem das oft passierte.
    Wieder drückte er den Kippschalter der Sprechanlage nach unten. »Ich brauche den gesamten Vorgang McGee, Rachel, und um zehn Uhr dreißig möchte ich Al Steinowitz sprechen. Wenn ich mit Al fertig bin und Wanless dann noch da ist, können Sie ihn herschicken.«
    »Wird gemacht, Cap.«
    Cap lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen gegeneinander und schaute zu George Pattons Bild hinüber, das an der Wand hing. Der General stand breitbeinig über der Einstiegsluke eines Panzers und hielt sich wahrscheinlich für John Wayne oder sonst wen. »Das Leben ist hart, wenn man nicht weich wird«, sagte Cap zu Pattons Bild und schlürfte seinen Kaffee.
3
    Fast geräuschlos rollte Rachel den Vorgang auf einem Bibliothekskarren herbei. Die Akte bestand aus sechs Kästen mit Papieren und Berichten und vier Kästen mit Fotos. Auch Aufzeichnungen von Telefongesprächen waren dabei. Seit 1978 wurde McGees Apparat ständig überwacht.
    »Danke, Rachel.«
    »Gern geschehen. Mr. Steinowitz wird um zehn Uhr dreißig hier sein.«
    »Natürlich. Ist Wanless schon gestorben?«
    »Leider nein«, sagte sie lächelnd. »Er sitzt nur da und schaut zu, wie Henry die Pferde bewegt.«
    »Zerreißt er

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