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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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tatsächlich so, wie Eider sagte – alles, damit Erzlektor Sult und seinesgleichen auf eine Landkarte zeigen und sagen können, dieser oder jener Fleck dort gehört uns.
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
Und nach all den Mühen, all den Opfern, all den Intrigen, den Verschwörungen und dem Morden konnten wir die Stadt nicht einmal halten. All der Schmerz, wofür?
    Natürlich gab es keine Antwort. Nur die leisen Wellen, die gegen den Bootsrand schwappten, das sanfte Knarren der Ruderdollen, das beruhigende Klatsch, Klatsch der Riemen auf dem Wasser. Er wollte Ekel vor sich selbst empfinden. Schuld für das, was er getan hatte. Mitleid für all jene, die er der gurkhisischen Gnade überließ.
So, wie andere Menschen es vielleicht
können. So wie ich es vielleicht einmal konnte, vor langer Zeit.
Aber es war schwer, etwas anderes zu fühlen als die überwältigende Müdigkeit und den endlosen, nagenden Schmerz, der von seinem Bein hinauf in seinen Rücken und Hals schoss. Er verzog das Gesicht, als er sich auf der hölzernen Ruderbank zurücksinken ließ und wie immer nach der Haltung suchte, die am wenigsten Schmerz bereitete.
Es ist nicht nötig, mich selbst zu bestrafen.
    Die Strafe würde nur allzu bald kommen.

DAS JUWEL UNTER DEN STÄDTEN
    Immerhin konnte er wieder reiten. Die Schienen waren am Morgen abgenommen worden, und Jezals wundes Bein schlug nun schmerzhaft gegen die Flanke des Pferdes, wenn es ausschritt. Seine Hand hielt die Zügel noch ohne Gefühl und ungeschickt, sein Arm fühlte sich schwach an und strahlte ohne den Verband einen dumpfen Schmerz aus. Seine Zähne pochten noch immer bei jedem Hufschlag auf der schlechten Straße. Aber immerhin musste er nicht mehr in dem Karren sitzen, und das war schon viel wert. Kleine Dinge machten ihn inzwischen sehr glücklich.
    Die anderen ritten in einer schweigenden Gruppe, so finster wie Trauergäste bei einer Beerdigung, und Jezal konnte ihnen das kaum verübeln. Es war ein düsterer Ort. Eine Ebene, die kaum etwas anderes als Erde bot. Höchstens noch Schluchten aus reinem Fels. Sand und Stein, bar allen Lebens. Der Himmel war ein stilles weißes Nichts, schwer wie geschmolzenes Blei, der stets Regen versprach, aber nie welchen schenkte. Sie ritten um den Karren geschart dahin, als ob sie sich wärmesuchend aneinanderdrängten, und tatsächlich waren sie in dieser kalten Wüste auf hundert Meilen das einzig Warme, das Einzige, das sich hier, wo die Zeit eingefroren schien, bewegte, das einzig Lebendige in einem toten Land.
    Die Straße war breit, aber die Steine waren gesprungen und uneben. Streckenweise waren ganze Abschnitte weggebrochen, an anderen Stellen hatten Schlammströme sie völlig bedeckt. Tote Baumstümpfe ragten auf beiden Seiten aus der nackten Erde. Bayaz sah offenbar, wie Jezal sie betrachtete.
    »Eine Allee stolzer Eichen flankierte diese Straße zwanzig Meilen lang bis zu den Stadttoren. Im Sommer schimmerten ihre Blätter und wiegten sich im Wind, der über die Ebene strich. Juvens hat sie mit eigenen Händen gepflanzt, in der Alten Zeit, als das Kaiserreich jung war, lange, bevor selbst ich geboren wurde.«
    Die verstümmelten Baumstümpfe waren grau und trocken, und an einigen Splitterkanten waren noch die Sägespuren zu erkennen. »Sie sehen aus, als ob man sie vor Monaten abgeholzt hätte.«
    »Vor vielen langen Jahren, mein Junge. Als Glustrod die Stadt eroberte, ließ er sie fällen, um seine Schmelzöfen mit ihrem Holz zu heizen.«
    »Warum sind sie dann nicht verfault?«
    »Weil selbst Fäulnis eine Art von Leben bedeutet. Hier aber gibt es kein Leben.«
    Jezal schluckte und zog die Schultern hoch, während er die Stämme, das viele hohe, tote Holz, an sich vorbeiziehen sah wie Grabsteine. »Mir gefällt das nicht«, murmelte er leise.
    »Meint Ihr, mir?« Bayaz sah ihn grimmig an. »Glaubt Ihr, irgendeinem von uns gefällt es? Manchmal müssen Männer Dinge tun, die ihnen nicht gefallen, wenn sie in die Geschichte eingehen wollen. Durch Kampf, nicht durch Leichtigkeit, werden Ruhm und Ehre gewonnen. Konflikte, nicht der Frieden, bringen Reichtum und Macht. Interessieren Euch solche Dinge nicht länger?«
    »Doch«, murmelte Jezal, »ich denke schon …« Aber er war sich nicht mehr sicher. Nachdenklich blickte er über das Meer aus toter Erde um sie herum. Es gab äußerst wenig Anzeichen für Ehre dort draußen, und für Reichtum noch weniger, von daher war schwer zu erkennen, woher der Ruhm kommen sollte. Den einzigen

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