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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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der Pferde schnaubte. Sein Kopf drehte sich ruckartig von einer Richtung in die andere, und mit der Zungenspitze fuhr er sich immer wieder über die Kerbe in seiner Lippe.
    Quai saß vornübergebeugt auf dem Karren, sein nasses Haar umspielte das hagere Gesicht, und seine Lippen hatte er zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Ferro beobachtete ihn, wie er die Zügel schnalzen ließ, die er so verkrampft festhielt, dass die Sehnen geschwollen aus den Rücken seiner dünnen Hände hervortraten. Langfuß sah sich zwischen den endlosen Ruinen immer wieder um, Augen und Mund weit aufgesperrt; gelegentlich bahnten sich kleine Wasserbäche ihren Weg durch die Stoppeln auf seinem knubbeligen Kopf. Zur Abwechslung hatte er einmal nichts zu sagen – einer der wenigen Vorteile dieses von Gott verlassenen Ortes.
    Bayaz versuchte, selbstsicher zu wirken, aber Ferro durchschaute ihn. Sie hatte bemerkt, wie seine Hände zitterten, als er sie einmal von den Zügeln nahm, um sich das Wasser aus den dichten Augenbrauen zu reiben. Sie sah, wie seine Kinnmuskeln zuckten, wenn sie an Straßenkreuzungen hielten, wie er dann in den Regen hinausspähte und versuchte, den richtigen Weg abzuschätzen. Sie sah, dass er sich große Sorgen machte und dass der Zweifel in jeder seiner Bewegungen geschrieben stand. Er wusste es genauso gut wie sie. Dieser Ort war gefährlich.
    Klink-klank.
    Es drang leise durch den Regen, wie das entfernte Geräusch eines Hammers, der auf einen Amboss trifft. Das Geräusch von Waffen, die kampfbereit gemacht werden. Sie richtete sich in den Steigbügeln auf und lauschte angestrengt.
    »Hast du das gehört?«, zischte sie Neunfinger an.
    Er hielt inne, sah mit zusammengekniffenen Augen ins Nichts und lauschte. Klink-klank. Er nickte langsam. »Ich höre es.« Er zog sein Schwert aus der Scheide.
    »Was?« Luthar sah sich mit entsetztem Blick um und griff unsicher nach seinen eigenen Waffen.
    »Da draußen ist nichts«, knurrte Bayaz.
    Sie riss die Handfläche hoch und bedeutete den anderen damit anzuhalten, dann glitt sie aus dem Sattel und schlich bis zur Ecke des nächsten Gebäudes, legte einen Pfeil auf die Sehne und drängte sich mit dem Rücken an der rauen Oberfläche der Steinquader entlang. Klank-klink. Sie spürte, dass Neunfinger ihr vorsichtig folgte, spürte seine beruhigende Gegenwart hinter sich.
    Auf einem Knie schob sie sich um eine Häuserecke, blickte auf einen leeren Platz, der von Pfützen und Schutt übersät war. Auf der anderen Seite stand ein hoher Turm, der sich zu einer Seite neigte und dessen große Fenster ganz oben aufgerissen waren, als die Dachkuppel eingebrochen war. Dort bewegte sich etwas, sehr langsam. Etwas Dunkles, das vor und zurück schaukelte. Beinahe hätte sie gelächelt, weil sie nun etwas hatte, worauf sie ihren Pfeil richten konnte.
    Es war ein gutes Gefühl, einen Feind vor sich zu haben.
    Dann hörte sie Hufschlag, und Bayaz ritt an ihr vorbei auf den verfallenen Platz. »Sssss!«, zischte sie ihn an, aber er achtete nicht auf sie.
    »Ihr könnt Eure Waffen wieder weglegen«, rief er ihnen über die Schulter hinweg zu. »Das ist nichts weiter als eine alte Glocke, die im Wind diese klappernden Geräusche macht. Früher gab es sehr viele davon in dieser Stadt. Ihr hättet hören sollen, wie sie läuteten, wenn ein Kaiser geboren, gekrönt oder verheiratet wurde oder wenn er von einem siegreichen Feldzug nach Hause kam.« Er hob die Arme, und seine Stimme wurde laut. »Sie ließen die Luft mit ihrem fröhlichen Geläute erbeben, und die Vögel erhoben sich von allen Plätzen und Straßen und Dächern und erfüllten den Himmel!« Jetzt schrie er und bellte die nächsten Sätze hinaus. »Und die Menschen säumten die Straßen! Und sie lehnten sich aus den Fenstern! Und sie ließen Blütenblätter auf den geliebten Monarchen herabregnen! Und sie jubelten, bis sie heiser waren!« Dann begann er zu lachen und ließ die Arme fallen, und hoch über ihm klapperte die zerstörte Glocke im Wind. »Das ist lange her. Gehen wir weiter.«
    Quai schnalzte mit den Zügeln, und der Karren rollte hinter dem Magus her. Neunfinger sah Ferro achselzuckend an und schob sein Schwert wieder in die Scheide. Sie hielt noch einen Augenblick inne und sah misstrauisch zu dem scharf umrissenen Schemen des schiefen Turms herüber, über den dunkle Wolken hinwegzogen.
    Klink-klank.
    Dann folgte sie den anderen.
     
    Die Statuen schwammen ihnen aus dem wütenden Regen entgegen, ein Paar regloser

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