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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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unaufhörlichen Regen.
    »Sie haben hier auch Kinder?«
    »Wir haben hier ganze Familien, wenn sie als Gefahr für den Staat betrachtet werden.« Lorsen warf ihm einen Seitenblick zu. »Eine Schande ist das, aber es waren stets harte Maßnahmen vonnöten, um die Union zusammenzuhalten. Ihrem Schweigen entnehme ich, dass Sie anderer Meinung sind.«
    West sah eines der zerlumpten Kinder durch den Dreck marschieren, ein Kind, das vielleicht dazu verdammt war, sein ganzes Leben an diesem freudlosen Ort zuzubringen.
    »Ich halte es für ein Verbrechen.«
    Der Kommandant zuckte die Achseln. »Machen Sie sich nichts vor. Jeder ist irgendeines Verbrechens schuldig, und selbst Unschuldige können eine Bedrohung sein. Vielleicht braucht es kleine Verbrechen, um größere zu verhindern, Oberst West, aber es ist an höher gestellten Menschen, als wir es sind, das zu entscheiden. Ich sorge nur dafür, dass sie hart arbeiten, einander nicht anfallen und nicht entfliehen.«
    »Sie machen hier nur Ihre Arbeit, nicht wahr? Ein höchst beliebtes Argument, um sich vor Verantwortung zu drücken.«
    »Wer von uns beiden lebt denn hier oben mit diesen Leuten, mitten im Niemandsland? Wer von uns wacht über sie, versorgt sie mit Kleidern und Nahrung, hält sie sauber und kämpft einen aussichtslosen, endlosen Kampf gegen ihre verdammten Läuse? Sind Sie es, der sie daran hindert, sich gegenseitig zu schlagen, zu vergewaltigen und zu töten? Sie sind ein Offizier der Königstreuen, nicht wahr, Herr Oberst? Dann leben Sie also in Adua? In einem netten Quartier im Agriont, unter reichen und wohlerzogenen Menschen?« West verzog das Gesicht, und Lorsen lachte leise. »Wer von uns hat sich hier vor der Verantwortung gedrückt, wie Sie es formulieren? Mein Gewissen ist völlig rein. Hassen Sie uns, wenn Sie wollen, wir sind das gewöhnt. Niemand schüttelt gern die Hand des Mannes, der die Latrinen ausschöpft, aber auch das ist eine Aufgabe, die getan werden muss, damit die Kacke nicht überläuft. Sie können Ihre Schmiede haben, aber setzen Sie sich mir gegenüber nicht aufs hohe Ross. Das steht keinem von uns hier zu.«
    West gefiel das nicht, aber er musste zugeben, dass der Mann seine Ansichten gut vorgebracht hatte. Daher biss er die Zähne zusammen und ging schweigend und mit gesenktem Kopf weiter. Sie schritten über den aufgeweichten Boden auf einen langen, fensterlosen, gemauerten Schuppen zu, aus dessen Schornsteinen, die an den Ecken des Gebäudes aufragten, dicker Qualm in die feuchte Luft stieg. Der Praktikal schob den Riegel der schweren Tür zurück und zog sie mit Mühe auf, und West folgte ihm und Lorsen in die Dunkelheit.
    Die Hitze war nach der eiskalten Luft draußen wie ein Schlag ins Gesicht. Beißender Rauch brannte in Wests Augen und kratzte in seiner Kehle. Der Lärm in dem engen Raum war Furcht einflößend. Große Blasebälge ächzten und fauchten,
    Hämmer schlugen auf Ambosse und ließen zornige Funken sprühen, glühend heißes Metall zischte wild beim Eintauchen in die Wassertonnen. Überall waren Männer, eng aneinandergedrängt, schwitzend, schnaufend, hustend, mit hageren Gesichtern, die von der roten Glut der Schmiedefeuer erhellt wurden. Teufel, in der Hölle.
    »Alle aufhören zu arbeiten!«, brüllte Lorsen. »Aufhören und aufstellen!«
    Die Männer legten langsam ihre Werkzeuge nieder, taumelten und stolperten und torkelten vor, um eine Reihe zu bilden, während vier oder fünf Praktikale sie aus den Schatten beobachteten. Eine abgekämpfte, gebeugte, gebrochene, traurige Reihe. Einige Männer waren nicht nur an den Füßen in Ketten gelegt, sondern auch an den Händen. Sie alle wirkten nicht gerade, als seien sie die Lösung für Wests Probleme, aber er hatte keine Wahl. Etwas anderes gab es nicht.
    »Wir haben Besuch von draußen. Sagen Sie Ihr Sprüchlein auf, Oberst West.«
    »Mein Name ist Oberst West«, krächzte er, und seine Stimme versagte beinahe in der beißenden Luft. »Etwa ein Dutzend Meilen von hier entfernt lagern zehntausend Soldaten unter dem Befehl von Kronprinz Ladisla. Wir brauchen Schmiede.« West räusperte sich und versuchte lauter zu sprechen, ohne einen Hustenanfall zu bekommen. »Wer von Ihnen kann mit Metall umgehen?«
    Niemand antwortete. Die Männer starrten auf ihre fadenscheinigen Schuhe oder ihre nackten Füße, und einige blickten verstohlen zu den drohend wachenden Praktikalen.
    »Sie brauchen keine Angst zu haben. Wer von Ihnen kann mit Metall umgehen?«
    »Ich, Herr

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