Feuerklingen (First Law - Band 2)
Boden, biss die Zähne zusammen und befahl seinem Magen, sich zu beruhigen. Allmählich klappte das auch. Er atmete tief durch die Nase ein. Kühle, feuchte, beruhigende Luft. Er hatte alles im Griff. Dann blickte er wieder auf die anderen.
Ferro hockte auf dem Boden und hatte die eine Hand beinahe bis zum Gelenk in der Wunde eines Opfers versenkt. »Kalt«, raunzte sie an Neunfinger gewandt. »Mindestens seit heute Morgen.« Sie zog die Hand wieder heraus, und die Finger waren mit schleimigem Blut überzogen.
Jezal spuckte die Hälfte seines mageren Frühstücks über seinen Mantel, bevor er auch nur die Zeit hatte, aus dem Sattel zu gleiten. Er machte ein paar taumelnde Schritte, holte laut Luft und würgte erneut. Dann beugte er sich nach vorn, die Hände auf die Knie gestützt, während sich alles um ihn drehte, und spuckte Galle ins Gras.
»Alles in Ordnung?«
Jezal sah auf und versuchte, möglichst gelassen auszusehen, während ihm eine lange Spur bitterer Galle übers Kinn lief. »Hab was Falsches gegessen«, murmelte er, während er sich Mund und Nase mit zitternder Hand abwischte. Eine erbärmliche Notlüge, das musste er selbst zugeben.
Neunfinger nickte allerdings nur. »Das war bestimmt das Fleisch. Mir ging’s zwischendurch auch schon nicht gut.« Er zeigte wieder einmal sein abstoßendes Lächeln und hielt Jezal einen Wasserschlauch hin. »Am besten, man trinkt ordentlich und spült alles runter, hm?«
Jezal ließ einen Schluck Wasser im Mund herumströmen und spuckte ihn dann wieder aus, während er zusah, wie Neunfinger zu den Toten zurückging. Er runzelte die Stirn. Das war seltsam. Wäre es von jemand anderem gekommen, hätte man es beinahe als großzügige Geste deuten können. Er nahm erneut einen Schluck Wasser, und allmählich begann er sich besser zu fühlen. Mit leicht unsicheren Schritten ging er wieder zu seinem Pferd hinüber und schwang sich in den Sattel.
»Wer auch immer das getan hat, war gut bewaffnet, und es waren viele«, sagte Ferro. »Das Gras ist voller Spuren.«
»Wir sollten vorsichtig sein«, erklärte Jezal, der sich damit am Gespräch beteiligen wollte.
Bayaz wandte sich ruckartig zu ihm um. »Wir sollten immer vorsichtig sein! Das versteht sich von selbst! Wie weit sind wir noch von Darmium entfernt?«
Langfuß musterte mit zusammengekniffenen Augen den Himmel und das weite Land vor ihnen. Dann befeuchtete er seinen Finger und hielt ihn in den Wind. »Selbst für einen Mann von meinen Fähigkeiten ist es schwierig, das ohne einen Blick auf die Sterne genau sagen zu können. Fünfzig Meilen ungefähr.«
»Wir werden diesen Pfad bald verlassen müssen.«
»Aber überqueren wir nicht den Fluss bei Darmium?«
»Chaos tobt in der Stadt. Cabrian hält sie und lässt niemanden hinein. Dieses Risiko können wir nicht eingehen.«
»Nun gut, dann eben Aostum. Wir werden Darmium weiträumig umgehen und uns westlich halten. Das ist ein etwas längerer Weg, aber …«
»Nein.«
»Nein?«
»Die Brücke von Aostum wurde zerstört.«
Langfuß runzelte die Stirn. »Zerstört? Wahrlich, Gott liebt es, seine treuen Diener zu prüfen. Dann müssen wir wohl eine Furt durch den Aos suchen …«
»Nein«, sagte Bayaz wieder. »Die Regenfälle der letzten Zeit waren zu heftig, und der große Fluss ist tief. Die Furten sind uns versperrt.«
Der Wegkundige blickte verwirrt drein. »Nun, Ihr seid natürlich mein Dienstherr, und als stolzes Mitglied des Ordens der Wegkundigen werde ich mein Möglichstes tun, Euch zu gehorchen, aber ich sehe bedauerlicherweise keinen anderen Weg. Wenn wir den Fluss nicht bei Darmium oder Aostum überqueren und auch keine Furt nehmen können …«
»Es gibt noch eine weitere Brücke.«
»Tatsächlich?« Langfuß wirkte einen Augenblick überrascht, dann weiteten sich plötzlich seine Augen. »Ihr meint doch nicht etwa …«
»Die Brücke von Aulcus steht noch.«
Alle sahen einander an, und ihre Gesichter waren düster. »Ihr habt doch gesagt, die Stadt sei völlig zerstört«, sagte Neunfinger.
»Ein von Trümmern übersäter Friedhof, habe ich gehört«, hauchte Ferro.
»Ich dachte, Ihr sagtet, dass sich auf Meilen niemand an die Stadt herantraut.«
»Es wäre kaum meine erste Wahl, aber es gibt keine andere Möglichkeit. Wir werden auf den Fluss zuhalten und dann seinem Nordufer bis Aulcus folgen.« Niemand bewegte sich. Vor allem Langfuß stand das blanke Entsetzen auf dem Gesicht geschrieben. »Nun aber!«, herrschte Bayaz sie an. »Wir
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