Feuerklingen (First Law - Band 2)
zwei knurrten sich an, versuchten sich zu packen und rangen um ein Messer. Jezal starrte sie an. Wann hatten sie damit begonnen?
»Stich ihn ab!«, brüllte Neunfinger, während er seinen Gegner weiter anging. »Verdammt noch mal, stich ihn ab!« Jezal kniete einfach nur da und sah zu. Eine Hand griff nach dem Heft seines langen Eisens, als sei er im Begriff, von einer Klippe zu stürzen und umklammere nun das letzte Grasbüschel, um sich zu retten. Der andere Arm hing schlaff herab.
Ein sanfter Aufschlag war zu hören. Der große Kerl stöhnte laut auf. Ein Pfeil stak in seiner Seite. Noch ein Aufschlag. Zwei Pfeile. Ein dritter bildete eine hübsche Gruppe mit den beiden anderen. Der Mann entglitt langsam Neunfingers Umklammerung, brach in die Knie, hustete und stöhnte. Er kroch auf Jezal zu, ließ sich langsam zu Boden sinken, verzog das Gesicht und gab ein seltsames, katzenhaftes Jammern von sich. Dann lag er auf der Straße, und die Pfeile ragten aus seinem Rücken wie Lampenputzer aus einem flachen See. Er bewegte sich nicht mehr.
»Was ist mit diesem Arschloch Finnius?«
»Der ist entkommen.«
»Er wird Verstärkung holen!«
»Ich musste mich entscheiden – entweder ihn da oben runterzuholen oder aber den da fertigzumachen.«
»Den hier hatte ich schon so gut wie erledigt!«
»Aber sicher doch. Wenn du ihn noch ein Jahr so festgehalten hättest, dann hätte Luthar es vielleicht auch irgendwann mal geschafft, seinen Degen zu ziehen, was?«
Seltsame Stimmen, die nichts mit ihm zu tun hatten. Jezal kam schwankend auf die Beine. Sein Mund war trocken, die Knie weich, und seine Ohren dröhnten. Bayaz lag ein paar Schritte entfernt auf der Straße, und sein Lehrling kniete neben ihm. Der Zauberer hatte ein Auge geschlossen, das andere war leicht geöffnet, und unter dem zuckenden Lid war ein schmaler Streifen seines weißen Augapfels zu erkennen.
»Ihr könnt das jetzt loslassen.« Jezal sah nach unten. Seine Hand krallte sich immer noch um das Heft seines Degens, so sehr, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er zwang sich, die Finger zu lösen, und ganz langsam, ganz weit weg, öffneten sie sich auch. Seine Handfläche tat weh, so sehr hatte er sich verkrampft. Jezal fühlte eine schwere Hand auf seiner Schulter. »Alles in Ordnung?« Neunfingers Stimme.
»Hm?«
»Seid Ihr verletzt?«
Jezal sah an sich selbst hinunter und drehte blödsinnig seine Hände hin und her. Dreck, aber kein Blut. »Ich glaube nicht.«
»Gut. Die Pferde sind davon galoppiert. Das kann ihnen wohl auch niemand übel nehmen … Wenn ich vier Beine hätte, wäre ich schon auf halbem Weg bis zum Meer.«
»Was?«
»Versucht doch, ob Ihr sie wieder einfangen könnt.«
»Wer hat denn Euch zum Anführer erklärt?«
Neunfingers buschige Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Jezal wurde sich bewusst, dass sie sehr nahe beieinanderstanden und dass die Hand des Nordmanns noch immer auf seiner Schulter ruhte. Sie lag einfach nur da, aber er fühlte ihre Kraft durch seinen Mantel hindurch, und sie wirkte stark genug, um ihm den Arm herauszudrehen. Seine verdammte große Klappe, dauernd brachte sie ihn in Schwierigkeiten. Er erwartete zumindest einen Schlag ins Gesicht, wenn nicht gleich eine tödliche Kopfwunde, aber Neunfinger schürzte nur nachdenklich die Lippen und begann dann zu sprechen.
»Wir sind sehr unterschiedlich, Ihr und ich. Verschieden in jeder Hinsicht. Ich merke wohl, dass Ihr wenig Respekt für mein Volk habt, und für mich selbst schon gar nicht, und das kann ich Euch nicht übel nehmen. Bei den Toten, ich habe meine Fehler, und es ist nicht so, dass ich das nicht auch wüsste. Ihr mögt Euch für einen klugen Menschen halten und mich für einen dummen, und vermutlich hättet Ihr Recht. Es gibt sicherlich sehr viele Dinge, über die Ihr mehr wisst als ich. Aber wenn es ums Kämpfen geht, dann muss ich Euch leider sagen, da gibt es wenige Männer, die mehr Erfahrung haben als ich. Ohne Euch zu nahe treten zu wollen, wir wissen wohl beide, dass Ihr nicht dazugehört. Niemand hat mich zum Anführer erklärt, aber dies ist eine Aufgabe, die erledigt werden muss.« Er trat noch etwas näher an Jezal heran, und seine große Pranke umfasste Jezals Schulter mit väterlicher Festigkeit, die halb aufbauend, halb bedrohlich wirkte. »Ist das ein Problem?«
Jezal dachte einen Moment darüber nach. Er befand sich hier draußen auf völlig unvertrautem Boden, und die Ereignisse der letzten Minuten hatten ihm überdeutlich vor
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