Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
das Zeug für uns im Iran besorgt.«
»Nur
Allah der Allmächtige verdient es, angebetet zu werden! Mit seiner Hilfe werden
wir die beiden Abbilder des Satans endlich zerschmettern!«, rief Mullah Ghazani
und gab mit lauter Stimme den Befehl, einen Teil des Sprengstoffs
fortzuschaffen.
»Der
kleinere Götze steht hundert Meter von hier entfernt«, informierte der
Geistliche Mur a d und lud ihn und seine Gefährten in sein Zelt ein.
Dort ließ er ihnen Rosinen-Reis mit Hammelfleisch servieren. Das Mahl dauerte
mehrere Stunden. Einige Taliban-Kämpfer führten die Gäste danach in eigene
Zelte.
Der
Kommandant legte sich hin und schlief gleich ein. Er erwachte erst wieder vom
schrillen Geräusch einer Bohrmaschine. Als er aus dem Zelt trat, erblickte er
einen Mann, der am Seil vor der Brust des Buddhas hing und ein Loch nach dem
anderen in den Stein bohrte. In der Sonne war es angenehm warm. Er streckte
sich kurz, ging ins Zelt zurück und griff nach seinem Inmarsat-Handy
(satellitengestützt), das am Kopfende des hölzernen Bettgestells lag. Es war
17.45 Uhr. Mit dem Finger tippte er die lange Nummer ein. Es dauerte einen
Moment, bis er ein Klingelzeichen hörte und noch einen, bevor das Gespräch
angenommen wurde.
»Friede
und Allahs Gnade! Wie geht es euch?«, begann er, bevor sich der Angerufene
melden konnte.
Die
Antwort war ein freudiger Schrei: »Friede sei mit euch!«
»Gibt
es Neues bei euch? Habt ihr ein Mädchen gefunden, das geheiratet werden
möchte?«, fragte Mur a d.
»Das
Mädchen ist gefunden, möge Allah sie annehmen.«
»Allah
wird euch gnädig sein.«
»Wir
sind voller Sehnsucht, Kommandant! In Kürze werden wir zu unserer Pilgerreise
in die heilige Moschee aufbrechen. Aber es läuft nicht so, wie wir es möchten.
Es ist schwierig in diesem Land. Es braucht Zeit, das Medikament, ich meine
Honig, einzukaufen. Die Sünde lauert überall. Sie verlangen sehr hohe Preise«,
quäkte die Stimme aus dem Handy.
»Du
weißt, die Hunde hören mit! Pass auf! Kümmere dich also nicht um Nebensächlichkeiten.
Es ist nicht wichtig, ob etwas teuer ist oder nicht.«
»Ich
habe verstanden! Mit Allahs Segen werden wir den Weg ins Paradies finden. Wir
haben Jonas im Bauch des Wales entdeckt. Er wird uns helfen, den Feind im Meer
aufzustöbern und den Schrein zu öffnen. Es fehlt noch einiges an Honig. Honig
ist hier kein Naturprodukt, es ist künstlich, ein Mischprodukt.«
»Ihr
müsst euch jetzt darauf konzentrieren. Reißt euch zusammen, ehrlich. Schickt
mir die Mail rechtzeitig, bevor die Pilgerreise beginnt. Ihr braucht meinen
Segen. Meldet euch zu gegebener Stunde, Friede sei mit euch.«
10
»Der reine Wahnsinn! Schau dir das Mal an, Jan! Da fällst du echt vom
Glauben ab!«, ruft Mielke mit überdrehter Stimme hinter Swensen her, der mit
einer Kanne grünen Tee in der Hand aus der Küchenzeile an seiner offenen
Bürotür vorbeikommt. Der Hauptkommissar steuert sofort auf Mielkes Schreibtisch
zu, stellt die Kanne ab und tritt neben seinen Kollegen, der vor dem Computer
hockt.
»Hier«,
sagt Mielke und deutet hektisch mit dem Finger auf den Bildschirm. »Ich bin
just in einem Internetforum Freunde der Chemie .«
»Freunde
der Chemie?«
»Hör
dir das an!« Der Oberkommissar schiebt seine Kieferknochen vor und bildet eine
schmale Falte auf der Stirn. »Da fragt doch jemand ohne Flax: Welcher
Sprengstoff ist eigentlich der stärkste? HMX, C1 oder C4? Kann man C1
eigentlich wie HMX selber herstellen? TNT + Cyklonitkristalle = HMX!«
»Und
wer schreibt das?«
»Die
benutzen alle nur ein Pseudonym. Unser Freund hier nennt sich Nitro Rider .«
»Ich
glaub ich spinne! Und antwortet jemand auf so’n Zeug?«
»Klar!
Hier ein gewisser Red Putin schreibt zum Beispiel: Um C1 herzustellen
brauchst du bloß etwas Cyklonit mit Mineralöl zu verfeinern, dann macht es
KAWUMM und deine Pyjamahose wird explodieren. C4, in Worten: Zeh vier, kannst
du mit C1+Cyklonit herstellen, C1 kann man, soweit ich weiß, nicht selbst
mixen.«
Swensen
starrt fassungslos auf den Bildschirm. In seinem Ohr pfeift es leise. Seine
Stimme liest laut aus dem makaberen Frage- und Antwortspiel vor.
»Ist
nicht C1 und C4 am stärksten? Denn es heißt, dass C1 so stabil wie TNT und so
explosiv wie Cyklonit sei. C4 sei lediglich eine Variante von C1. Sollte ich
gerade mal so zur Freude herstellen und ausprobieren, hab Tonnen von C1 und
Cyklonit im Haus. Übrigens, HMX ist stabiler, aber weniger explosiv als
Cyklonit!«
Mielke
guckt
Weitere Kostenlose Bücher