Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
aus der Husumer
Rundschau auf den Tresen. »Sie haben bei uns angerufen, weil Sie diesen
Mann erkannt haben?«
»Stimmt!«
»Sind
Sie sich ganz sicher?«
»Ganz
sicher! Der Fleck da unter dem Auge. Kann mich gut erinnern. Einer dieser
typischen Silver-Surfer , eindeutig. Die wollen immer abseits sitzen,
wollen keinen um sich haben.«
» Silber-Surfer ?«
»Das
sind die alten Herren, wegen der grauen Haare.«
»Und
Surfer mit kaum noch Haaren? Wie heißen die?«, fragt Swensen und deutet auf
seinen Kopf. Der Südländer grinst und zuckt mit den Schultern. Die Eingangstür
hinter dem Kommissar wird geöffnet. Reflexartig dreht er sich zur Seite. Ein
Fremder im Rücken ist ihm körperlich unangenehm. Ein hochgewachsener
Jugendlicher mit schwarzem NY-Käppi und rotem Sweatshirt stelzt mit wiegenden
Schritten vorbei.
»Der 17-Zoller ,
hinten rechts!«, ruft der Mann vom Tresen hinter ihm her.
»Dieser Silber-Surfer , wann war der hier?«
»Lange
her, schon ziemlich lange!«
»Denken
Sie nach, es ist sehr wichtig!«
Der
Mann blickt nach oben, verharrt Sekunden regungslos und zuckt mit den
Schultern: »Keine Ahnung, zu lange her. Aber er war ein Landsmann, Türke!«
»Woher
wissen Sie das?«
»Ich
sehe das! Außerdem hab ich ihn auf Türkisch angesprochen, und er hat
geantwortet.«
»Was
wollte er hier?«
»Was
schon? Ins Internet natürlich. War bestimmt vier-, fünfmal hier. Also,
ungefähr, aber dreimal bin ich ganz sicher.«
»Sie
müssen doch annähernd wissen, wann das war. Drei, vier, fünf Wochen, eher noch
länger? Eine ungefähre Angabe reicht doch schon, Herr Kelek.«
»Früher,
bestimmt zwei Monate.«
»Da
haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
»Nein,
das muss im letzten Monat gewesen sein. Warten Sie mal. Ich hab ihn doch noch
nach diesem Terrorscheiß in Amerika gesehen. Genau, eine Woche später, das war
am Montag nach dem 11. September. Jetzt weiß ich es wieder!«
»Montag?
Kam er immer Anfang der Woche oder unterschiedlich? Jedes Detail hilft uns
weiter!«
»Ja,
stimmt! Montags! Er kam immer montags!«
»War
er allein?«
»Ja,
er kam immer allein, und immer gegen Abend.«
»Sonst
noch was? Hat er irgendwas erzählt, als Sie mit ihm sprachen?«
»Wenig!
Nur, dass er aus Yozgat stammt und fünf Jahre in Deutschland lebt.«
Mehr
ist nicht rauszuholen, denkt Swensen, bedankt sich und geht. Er ist zufrieden
mit der Befragung. Es sind neue Details für das Bewegungsprofil des Opfers
dabei herausgekommen. Vielleicht deutet der regelmäßige Aufenthalt in einem
Internetcafé sogar auf Terrorismus hin. Wer den eigenen Computer meidet, dessen
Aufenthaltsort kann auch nicht festgestellt werden.
Wer
könnte einen Grund haben, einen Terroristen umzubringen, zermartert sich
Swensen seinen Kopf und findet keine Antwort. Er glaubt nicht an einen Mord
innerhalb einer Terrororganisation. Der Türke war Soldat in Zypern! Aber wird
ein Soldat zum Terroristen?
Das
letzte Stück Straße der Neustadt ist Fußgängerzone. Hier reiht sich ein Laden
an den anderen. Er bemerkt, dass schon wieder einige den Besitzer gewechselt
haben. Kurz bevor er die Post erreicht, fällt ihm der Anruf von Maria Teske am
heutigen Morgen wieder ein. Er nimmt sein Handy, sucht die eingespeicherte
Nummer heraus und drückt die Wahltaste.
»Teske!«,
meldet sich die jugendliche Stimme der Journalistin.
»Swensen
hier! Ich wollte nur kurz zurückrufen. Sie sagten, es wäre wichtig.«
»Ich
finde schon. Sie erinnern sich bestimmt an dieses griechische Mädchen, das bei
der Anthrax-Sache dabei war?«
»Ziemlich
gut.«
»Die
hat durch Zufall in meinem Beisein das Fahndungsbild von diesem Türken gesehen,
das Sie mir gegeben haben. Dabei ist etwas Merkwürdiges passiert. Das Mädchen
ist zu Tode erschrocken und in Panik davongelaufen.«
»Vor
diesem Bild? Sind Sie da sicher?«
»Ganz
sicher! Sie hat es gesehen, sprang auf und lief raus, ohne ein Wort. Ich war
der Meinung, das würde Sie vielleicht interessieren.«
»Sehr
sogar. Die gesamte Familie verhält sich merkwürdig, zumindest in meinen Augen.«
»Das
kann ich bestätigen. Ich hab vor kurzem versucht, mit dem Vater zu reden und
bin dabei an den Onkel geraten. Den hab ich zu diesem Zettel befragt, den das
Mädchen geschrieben hat. Da ist der völlig überzogen ausgerastet und hat mich
rausgeschmissen.«
»Ist
das nicht der übliche Journalistenalltag?«
»Vorurteil,
Herr Swensen! Reines Vorurteil!«
»Okay,
ich nehme alles zurück. Besten Dank für Ihre Info,
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