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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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mehr mit ihm teilen und ein anderes Leben führen wollte.
    Seine
schreckliche Vorahnung ließ ihn schwach werden, und seine Hände hatten sich am
Holz des Türrahmens festgekrallt. Die Tränen waren gekommen, bevor einer der
Beamten den Mund aufmachen konnte.
    »Wir
müssen Ihnen eine traurige Mitteilung machen, Herr Anthemos! Ihr Sohn Georgios
ist tot! Es tut uns sehr leid, und wir möchten Ihnen unser Beileid
aussprechen!«
    »Was
ist ihm passiert?«, hatte er mit Mühe hervorgebracht.
    »Er
ist das Opfer eines Überfalls geworden, Herr Anthemos. Nach Zeugenaussagen soll
Ihr Sohn in der S-Bahn zwischen Sternschanze und Holstenstraße einem türkischen
Fahrgast zur Hilfe geeilt sein, der von drei Männern bedrängt wurde. Dabei ist
es zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Verlauf einer der Angreifer ein
Messer gezogen und auf Ihren Sohn eingestochen hat. Der Notarzt konnte nur noch
seinen Tod feststellen.«
    Die
Worte waren in seinen Kopf gekrochen, hatten ihn betäubt, so dass nur noch
gurgelnde Laute über seine Lippen gekommen waren. Er packte einen Beamten an
der Uniform, wollte ihm mit letzter Kraft die schreckliche Wahrheit entreißen,
um sie zu vernichten.
    »Beruhigen
Sie sich bitte, Herr Anthemos«, redete der andere Polizist mit sanfter Stimme
auf ihn ein. »Wir verstehen Ihren Schmerz! Aber Sie müssen sich beruhigen!«
    »Wer
hat meinen Sohn getötet?«
    »Das
wissen wir noch nicht! Die Täter sind auf der Flucht. Soweit wir wissen, kommen
sie aus der rechtsradikalen Szene!«
    »Nazis?«
    »Nach
der Beschreibung von Zeugen, ja!«
    »Ich
will meinen Sohn sehen!«
    »Er
wurde in die Rechtsmedizin der Uniklinik gebracht. Wir fahren Sie hin!«
    Er
hatte energisch mit dem Kopf geschüttelt, die Tür geschlossen und gedacht, sein
Herz würde zerspringen.
     
    Jemand klopft mit der Handfläche gegen seine rechte Wange. Er öffnet die
Lider zu einem Schlitz. Vor ihm steht ein in Licht getauchter Schatten. Er
spürt einen Stich in den rechten Unterarm und ihm wird warm. Seine Sinne kehren
zurück. Er sitzt am Boden, an die Kachelwand gelehnt. Der Kommissar und der
Mann in Grün stehen neben ihm. Vor ihm hockt ein kräftiger Mann in weißer Jacke
und Hose. In seiner Hand hält er eine Spritze. Nicos zieht seine Beine an und
versucht, den Körper an der Wand hoch zu drücken.
    »Langsam,
langsam!«, sagt der Arzt. »Überstürzen Sie es nicht!«
    »Es
geht schon wieder, Herr Doktor!«
    »Sind
Sie ganz sicher, dass es Ihnen schon besser geht?«
    »Ganz
bestimmt! Ich möchte weg hier!«
    »Sollen
wir Ihnen ein Taxi rufen?«
    Wieder
schüttelt er den Kopf, befreit sich von den helfenden Händen und wankt dem
Ausgang entgegen. Draußen vor der Tür empfängt ihn der dunkle Abend, von
unzähligen Straßenlampen diffus beleuchtet. Er flüchtet sich in das anonyme
Grau eines Passanten, trägt das erstarrte Gesicht seines Sohnes vor seinen
Augen über den Bürgersteig. Dicke Eichen stehen auf dem Erdstreifen am
Straßenrand. Aus der verkrusteten Rinde glotzen ihm Fratzen entgegen,
beobachten ihn hämisch, wenn er vorbeigeht. Er stellt sich an die nächste
Haltestelle und wartet auf den Bus.
    »Georgios!«,
jammert er still vor sich hin. »Antworte mein Sohn! Georgios! Georgios!
Georgios!«
    Wie
stolz war er damals bei seiner Geburt gewesen. Das erste Kind und gleich ein
Sohn. Er hatte ihm den Vornamen seines Onkels Georgios Cardiff gegeben, der in
der Zeit nach der Ermordung seines Vaters als Erzieher eingesprungen und später
sein bester Freund geworden war.
    Jetzt
sind bald alle von mir gegangen, schreit es in ihm. Zuerst opferte der Freund
sich für mich und die Familie, dann sind Frau und Tochter gegangen und zuletzt
nun der Älteste, meine größte Hoffnung!
    Warum
schenkte Gott mir nur diese Rache, um mir danach alles zu nehmen, was mir lieb
ist? Es war doch eine gerechte Rache gewesen! Wie sehr hatte ich mir gewünscht,
dass mein Sohn Georgios sie mit mir teilt! Wie oft hatte ich gerade ihm von
dieser türkischen Bestie erzählt, dieser Bestie mit dem Feuermal, die kein
normaler Mensch sein konnte. Immer wieder schilderte ich dem Ältesten, was auf
Zypern passiert war, an diesem 22. Juli 1974. Wie diese Bestie meinen Vater in
der Zinkwanne verbrannte und meine Mutter in den Wald verschleppt wurde, wo Onkel
Cardiff und ich sie fanden, tot mit zerrissenen Kleidern.
     
    Einen Atemzug lang meint er, ihn zu sehen, diesen Dämon seiner täglichen
Albträume, der nicht ablässt, ihn Nacht für Nacht im Schlaf

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