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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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liegt dort eine Ewigkeit, bis er seine ganze Kraft zusammennimmt.
Seine Hände schieben das Stroh von seinem Gesicht. Er schaut zum Fenster
hinauf. Die Dunkelheit bleibt. Totenstille. Von draußen quillt ein
unerträglicher Geruch herein, süßlich und verbrannt. Er will schreien, doch
kein Laut kommt ihm über die Lippen. Ein greller Lichtschein flammt vor ihm
auf. Er ist so weiß, dass er vor Schmerz die Augen schließen muss.
    »Die
Wohnung der Frevler ist das Höllenfeuer!«, erschallt eine mächtige Stimme,
deren Bass durch seinen Körper vibriert. »Ich will dir, außer der schweren
Strafe im Jenseits, bereits auf Erden, zu deinen Lebzeiten, eine entsprechende
Strafe zu schmecken geben!«
    Er
öffnete die Lider zu einem Schlitz. Vor ihm steht eine in Licht getauchte
Gestalt. Zwei leuchtende Flügel ragen hinter ihr bis an die Decke. In der
rechten Hand hält sie ein brennendes Schwert. Egal, in welche Richtung er mit
seinem Blick flüchten möchte, der Engel hat eine unentrinnbare Gegenwart. Das
eckige Gesicht schimmert wie grüner Marmor. Die unbeweglichen Augen schauen auf
ihn herab, hart und unbarmherzig. Unter dem rechten Auge funkelt ein rotes Mal.
Das Flammenschwert durchschneidet die Luft und saust auf ihn hernieder.
     
    Ein Schrei reißt ihn aus dem Schlaf, sein eigener Schrei. Er schlägt die
Augen auf. Durch das Fenster fällt das diffuse Licht einer Straßenlaterne.
Seine Hand tastet über das weiche Tuch. Das Bett ist leer. Er will es nicht
glauben. Seine Frau hat ihn verlassen. Vor drei Tagen hat sie sich mit seiner
Tochter heimlich aus der Wohnung geschlichen. Die gesamte Kleidung der beiden
war verschwunden, und er fand nur noch seine beiden Söhne schlafend in ihren
Betten.
    Ich
kann diese Albträume nicht mehr ertragen, hatte sie auf einen Zettel
geschrieben. Suche nicht nach uns! Du wirst uns nicht finden!
    Er
wusste genau, dass diese Behauptung nur vorgeschoben war. In Wirklichkeit war
sie vor der fürchterlichen Wahrheit geflohen.
    Seine
Hand fasst an das Kopfkissen. Es ist klatschnass. Er setzt sich auf und atmet
schwer. Immer, wenn ihn dieser Dämon aus dem Schlaf gerissen hat, sieht er
gleich nach dem Erwachen seinen Kinderfreund Ali vor sich, den gleichaltrigen
Sohn ihrer Nachbarn auf Zypern. Danach kommen ihm die Bilder von Alis Großvater
und dessen qualvollem Sterben. Der schmächtige Türkenjunge hatte ihn einmal
heimlich mit ins Sterbezimmer genommen, dieses schwarze Nichts mit der
schwachen Glühbirne unter der Decke. Der alte Mann lag mit bleichem Gesicht im Bett,
streckte ihm seine dürren Arme entgegen und brabbelte leise vor sich ihn.
    » Azra’il , Azra’il , Azra’il .«
    Er
hatte seinen Freund danach im Hof gefragt, was dieses Wort Azra’il bedeute. Der hatte sich erst einen Finger an den Mund gelegt und ihm danach ins
Ohr geflüstert: »Das ist der Todesengel! Allah hat Azra’il über die
Menschen gesetzt. Er lässt uns alle sterben und bringt uns in den Himmel
zurück!«
     
    Seit ihm dieser Engel draußen auf der Straße leibhaftig begegnet ist, hat
sich sein ewiger Albtraum verändert. Früher war diese weiße Lichtgestalt mit
dem Schwert immer nur die Sonne gewesen, die mit ihrem Strahlenkranz
schmerzhaft auf seine Netzhaut traf. In seinem damaligen Traum hatte er sich
immer mit übernatürlichem Willen zum Schweinestallfenster hinaufgezogen und
über den Sims geguckt, seinen Vater gesehen, wie er rücklings in die
glühendheiße Zinkwanne gestoßen wurde, den dumpfen Schlag des Gewehrkolbens
gehört, den trockenen Knacks des brechenden Nasenbeins, den Blutschwall aus der
Nase spritzen sehen. Fett hatte krachend zu brutzeln angefangen, Dampfschwaden
waren aufgestiegen und daneben hatte dieser versteinerte Soldat gestanden,
dieser Soldat mit dem gnadenlosen Gesicht und dem Feuermal, das sich bis heute
in seinem Gedächtnis festgebrannt hat, dieses verdammte Mal, das auch jetzt den
Racheengel ziert, der ihn jede Nacht heimsucht.
    Wie
ein Geist war dieser versteinerte Soldat vor fast sechs Wochen erneut in sein
Leben getreten, urplötzlich, wie aus dem Nichts. Ein Mann aus Fleisch und Blut,
kein ferner Albtraum mehr. Eine Gestalt, die vor realer Körperlichkeit nur so
gestrotzt hatte, massiv, muskulös und durchtrainiert. Gleichzeitig schien sie
etwas Flüchtiges auszustrahlen, der Schatten aus einer anderen Welt,
übernatürlich.
     
    Er spürt den Blitz, der ihn damals traf, heute noch genauso tief. Er ist
in seinem Körper stecken geblieben und kriecht seitdem wie

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