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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Hand.
    »Tante
grazie!« Bruno notiert alles, verbeugt sich kurz und rauscht in Richtung Küche
davon. Anna sucht den Blickkontakt mit Swensen.
    »Jan!
Was ist los mit dir?«
    »Was
soll los sein?«
    »Komm,
man sieht dir förmlich an, dass etwas nicht stimmt!«
    »Ich
sehe genau so förmlich aus wie immer!«
    »Jan
Swensen, lass die Scherze! Es ist Freitag, wir sind seit fünf Tagen aus dem
Urlaub zurück und von dir kommt nichts, kein Wort. Ich hab deinen
Anrufbeantworter vollgequatscht. Du warst wie vom Erdboden verschwunden.«
    »Mir
geht es einfach nicht gut«, sagt er gequält und reibt sich die Stirn. Ein
feiner Schmerz sitzt zwischen seinen Augenbrauen. Am liebsten würde er
fluchtartig den Raum verlassen, sich in seiner Wohnung verkriechen, in das Sofa
versinken und nur die Wand anstarren, diese leere Fläche des heilsamen Nichts.
    »Das
ist doch kein Grund, nicht mit mir zu reden«, sagt Anna mit ruhiger Stimme.
»Ich mach mir Sorgen um dich.«
    »Es
ist nichts! Nichts Wichtiges jedenfalls! Ach, ich möchte nicht drüber reden.
Ich fühl mich die ganze Zeit wie gelähmt. Der 11. September geht mir einfach
nicht aus dem Kopf.«
    »Gerade
dann solltest du darüber reden, Jan!«
    Anna
sieht Swensen erwartungsvoll an. Seine Stirn zieht sich zusammen, aber er
antwortet nicht. Nach einer Weile weicht er ihrem Blick aus und mustert flüchtig
die Tischdekoration, eine orangefarbene Strelitzienblüte und grüner Bambus in
einer Glasvase.
    »Jan,
wo bist du?«
    »Ich
hab schon alles im Griff!«
    »Was
musst du denn im Griff haben?«
    »Muss
gleich jede Regung von mir psychologisch aufgearbeitet werden?«
    »Hier
wird nichts psychologisch aufgearbeitet, mein Lieber!« Annas Stimme klingt
leicht genervt. »Wir sind jetzt sieben Jahre zusammen. Miteinander reden gehört
zum normalen Umgang von Menschen, die sich mögen!«
    »Ich
wollte nur nicht, dass du mich wieder auf die posttraumatische
Belastungsstörung aus grauer Vorzeit ansprichst.«
    »Warum
sollte ich?«
    »Weil
ich ständig diese Bilder vom 11. September vor mir seh.«
    »Das
tut mir leid, Jan, das wusste ich nicht. Aber ich glaube, da musst du dir keine
Sorgen machen. Das damals war eine ganz andere Situation. Du warst direkt
dabei, als zwei kleine Jungen brutal ermordet aufgefunden wurden. Wochenlang
hast du durchgeschnittene Hälse und blutige Wunden vor dir gesehen, du hattest
Flashbacks. Schreckliche Bilder aus dem Fernseher sind etwas anderes.«
    »Trotzdem
haben die mich irgendwie lahm gelegt. Nach Feierabend hänge ich nur noch rum,
hab zu nichts Lust, nicht mal zum Meditieren. Ich glaube, ich fühle mich
persönlich angegriffen von diesen Terroristen.«
    Swensen
klingt mit einem Mal niedergeschlagen und kraftlos.
    »Ich
kann das nicht anders beschreiben. Es ist, als wenn sie mein Weltbild
angeknackst haben. Und jetzt ist da nur noch eine tiefe Resignation, die mir
Angst macht.«
    Vor
seinem inneren Auge erscheint das kantige Gesicht des Todespiloten Mohammed
Atta. Die eng zusammenstehenden Falkenaugen blicken ihn an. Seine Nackenmuskeln
spannen sich an. Er lächelt angestrengt.
    »Was
meinst du, muss ich jetzt auf die Couch?«
    »Aber
höchstens mit mir. Nein, jetzt aber mal ernsthaft. Ich glaube, du bist einfach
leicht depressiv. Wir reden in Zukunft einfach ein bisschen mehr, dann wird das
schon.«
    »Okay,
mach ich. Versprochen!«
    Swensen
greift nach Annas Hand und drückt sie kurz.
    »Und
wie ist es bei dir? Ist deine Arbeit nach dem Urlaub wieder normal angelaufen?«
    »Schon.
Allerdings nimmt der 11. September bei den meisten Klienten einen riesigen
Platz ein. Fast alle sind verunsichert.«
    »Ich
glaube, mit dieser steten Verunsicherung werden wir alle in Zukunft leben
müssen.«
    »Richtig!
Aber das Leben geht auch weiter! Ich hab wenigstens gerade einen Kurs in
Neu-Griechisch belegt, an der Volkshochschule. In einer Woche geht’s los.«
    »Neu-Griechisch?«
Swensens Stimme bekommt einen ironischen Unterton. »Na ja, das klingt endlich
nach was Sicherem. Willst du Neu-Griechisch auch so lange durchhalten wie
deinen Spanisch-Kurs?«
    »Griechisch
ist viel interessanter als Spanisch.«
    »Klar,
und wesentlich leichter als Italienisch, oder?«
    »Da
sag ich jetzt nichts zu, nur, dass du im Moment ziemlich negativ eingestellt
bist!«
    Bruno
schwebt mit den Tellern heran. Ein Geruch von Basilikum und Parmesan zieht in
Swensens Nase. Er lehnt sich im Stuhl zurück. Ihr Gespräch verstummt.
     
    *
     
    Er ist wild entschlossen, sich nicht ablenken

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