Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
auskommt. Mir ist nichts Bemerkenswertes aufgefallen.«
»Es
hat also keine Anfeindungen gegeben?«
»Wie
meinen Sie das? Doch wohl nicht in dem Zusammenhang, weil Herr Hafside Ausländer
war?«
»Genau
in dem Zusammenhang meine ich das! Nicht jeder Deutsche mag südländische
Menschen!«
»Was
unterstellen Sie da? Herr Hafside war ein völlig unkomplizierter Mensch, sprach
bestes Deutsch, war fachlich kompetent, pünktlich und ordentlich wie jeder
andere Mitarbeiter auch.«
»Arbeiten
noch andere Ausländer hier?«
»Nein,
in unserer Abteilung nicht. Gute Konstrukteure aus dem Ausland sind noch
selten.«
»Sehen
Sie das kleine Kamel in der Schublade?«
»Ja,
und?«
»Ich
weiß zufällig, dass es mit Ausländerfeindlichkeit zu tun hat!«
»Was?
Woher wollen Sie das wissen? Das ist eine harmlose Figur, was soll daran
ausländerfeindlich sein?«
»Wir
verfügen über eindeutige Beweise! Ich möchte wissen, von wem Herr Hafside das
Kamel bekommen hat!«
»Woher
wollen Sie wissen, dass Herr Hafside das Kamel nicht selber gebastelt hat? Und
selbst wenn er es wirklich von einem unserer Mitarbeiter hat, woher soll gerade
ich wissen, von wem?«
»Ich
gebe Ihnen einen Rat. Wenn Sie möchten, dass unsere Ermittlungen hier ohne viel
Aufsehen über die Bühne gehen, reden Sie Ihren Angestellten jetzt sofort ins
Gewissen, damit derjenige, der etwas über dieses Kamel weiß, sich freiwillig
bei uns meldet.«
»Und
wenn das nicht passiert?« Sauer baut sich trotzig vor Swensen auf.
»Dann
nehmen wir Fingerabdrücke von der Figur. Danach lassen wir ihre gesamte
Belegschaft antreten, damit jeder Einzelne seine Fingerabdrücke abgibt«, sagt
Swensen mit ruhiger Stimme und schnappt sich die Figur mit einem Taschentuch.
Er gibt Mielke ein Zeichen und wendet sich zum Gehen. »Wir warten genau eine
Stunde unten vor der Rezeption, so lange wird alles noch diskret abgewickelt.«
*
Aus der offenen Doppeltür drängt sich eine größere Schar junger Männer
und Frauen. Swensen und Mielke warten geduldig bis sich eine Lücke bildet,
durch die sie in den kleinen Hörsaal vorstoßen. Am Pult vor der Tafel steht ein
untersetzter Mann mit rundem, braungebranntem Gesicht. Auf der spitzen Nase
sitzt eine rechteckige Brille. Er steckt in einem dunkelgrauen Dreiteiler und
trägt eine knallrote Krawatte über dem weißen Hemd. Die Haare sind extrem kurz
geschnitten, vermutlich um den Glatzenansatz zu verbergen.
»Sie
sind Professor Norbert Henning?«, fragt Swensen.
»Und
wer sind Sie?«, fragt der Mann zurück.
»Jan
Swensen und Stephan Mielke, Kripo Husum!«
»Kriminalpolizei,
wollen Sie mich etwa verhaften?«, frotzelt Henning mit einem flüchtigen
Lächeln, bei dem er demonstrativ seine blendendweißen Zähne zeigt.
Swensen
reicht ihm das Foto von Hafside. Der Professor wirft einen kurzen Blick darauf.
»Kenn
ich! Das war mal einer meiner Studenten! Fragen Sie mich bitte nicht nach
seinem Namen, irgendwas Arabisches. Der hat, wenn ich nicht falsch liege, im
letzten Jahr seinen Abschluss gemacht. Gute Note, ein überdurchschnittlich
begabter Absolvent.«
»Er
ist ermordet worden!«
Die
aufgesetzte Fröhlichkeit des Professors erlischt, sein Gesicht wirkt plötzlich
irgendwie abwesend.
»Ermordet?«,
sagt er und nimmt die Brille ab, um sie nachdenklich am Bügel hin und her zu
schwenken. »Das tut mir leid. Ich mochte den jungen Mann. Ein zurückgezogener,
eher stiller Mensch, aber wie gesagt sehr intelligent.«
»Heißt
das, er hatte keinen Kontakt zu anderen Kommilitonen?«
»So
kann man das nicht sagen. Alle ausländischen Studenten sind natürlich irgendwie
isoliert, besonders solche, die aus den arabischen Ländern kommen. Das bedeutet
aber nicht, dass wir ein fremdenfeindliches Klima an unserer Fachhochschule
haben. Wir brauchen jeden ausländischen Studienbewerber, insbesondere in den
Ingenieurswissenschaften.«
»Hatte
gerade dieser Student nun Kontakte oder hatte er keine?«, bohrt Swensen nach.
»Das ist sehr wichtig für uns!«
»Er
hat selbstverständlich mit anderen geredet. Das sagt aber nichts. Bei Studenten
aus den islamischen Ländern gibt es immer welche, die sich untereinander um
einen gewissen Zusammenhalt bemühen. Die leben fast alle in irgendeinem
Studentenwohnheim zusammen. Außerdem gibt es einen Gebetsraum an der Schule.
Den hat die Hochschulleitung den Muslimen auf mehrfaches Bitten hin zur
Verfügung gestellt. Notgedrungen muss da auch …, Sie kennen doch sicher
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