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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Einige ihrer Mitschüler bleiben
neugierig stehen. Marias Rechnung geht auf. Einer der Jungen, den sie bei dem
Anthrax-Alarm in der Stadt gesehen hatte, reiht sich in die Riege der
Neugierigen ein.
    »Ich
bin Journalistin!«, wendet sich Maria mit lauter Stimme an alle. »Ihr habt doch
bestimmt von der Sache bei Karstadt gehört! Es hat sich gerade rausgestellt,
dass es kein echter Milzbrand-Anschlag gewesen ist, sondern nur ein
Dummejungenstreich! Wenn hier jemand ist, der jemanden kennt, der bei dem Streich
dabei gewesen sein könnte, sollte der sich bei mir melden. Ich könnte ihm
behilflich sein, glimpflich davonzukommen, bevor die Polizei anrückt. Ihr
wisst, selbst Mitwisserschaft ist strafbar! Ich gebe euch jetzt meine
Visitenkarte! Ruft mich also an! Alles bleibt vertraulich!«
    Den
aufkeimenden Unmut versucht Maria mit geballter Aktivität zu ersticken. Sie
drückt den Mädchen und Jungen reihum ihre kleine graue Karte in die Hand.
    »Diese
Karte könnte die Rettung für dich sein, mein Freund«, raunt sie dem
vermeintlichen Cliquenmitglied zu. »Ich weiß genau, was du gestern bei Karstadt
gemacht hast.«
    Das
war gewagt, das wusste sie, aber eine Ahnung sagt ihr gleichzeitig, dass ihre
Mission erfolgreich angeschoben war. Der dünne, schlaksige Junge mustert sie argwöhnisch,
steckt die Karte in die Hosentasche und macht sich fluchtartig davon. Die
Journalistin wartet noch, bis alle Schüler im Schulgebäude verschwunden sind,
und schlendert langsam den Auweg entlang in Richtung Innenstadt. In den
Baumwipfeln haben sich bereits einige Blätter gelb verfärbt und leuchten in der
Sonne. Bald wird der Schlossgarten der grauen Stadt in allen Farben schillern.
    Heute
ist die fünfte Jahreszeit, denkt sie, der einzige Tag im Jahr, an dem die Zeit
stillsteht.
    Keine
hundert Meter weiter würdigt sie die Natur mit keinem Blick mehr. Unheilvolle
Gedanken sind stärker als eine bunte Idylle.
    Hoffentlich
hab ich mich gerade nicht zu sehr aus dem Fenster gehängt, überlegt sie. Wenn
mein Verdacht falsch ist, kann ich mir riesigen Ärger einhandeln.
    Sofort
sieht sie das hochdruckrote Gesicht von Think Big und den Rektor der
Theodor-Storm-Schulevor sich, wie die beiden ihre unverantwortliche
Vorgehensweise aufs Schärfste verurteilen. Mit ›wer nicht wagt, der nicht
gewinnt‹ schiebt sie das unangenehme Bild beiseite.
    Sie
kommt an einem Sportplatz vorbei. Dahinter folgen das Hermann-Tast-Gymnasium
und die Kreisberufsschule. Mit der digitalen Melodie von Miss Marplemeldet
das Handy einen Anrufer. Sie fingert es heraus und nimmt das Gespräch an.
    »Peter
Bollenbeck!«, meldet sich eine gepresste Stimme. »Sie waren eben an der Schule!
Sie wollten mich sprechen?«
    »Ja!«
    »Ich
komm zum Tine-Brunnen!«
    Noch
ehe die Journalistin antworten kann, hat der Anrufer schon aufgelegt.
    Dein
Instinkt war goldrichtig, jubelt sie innerlich. Ich war nicht umsonst im
Krankenhaus und hab die Parfüm-Tussi bearbeitet.
    Die
Frau hatte sich bei ihrer Befragung gleich an eine Gruppe Jugendliche erinnert,
die kurz bevor das Päckchen am Tresen aufgetaucht war, ziemlich auffällig durchs
Kaufhaus getobt ist.
    Eine
journalistische Glanzleistung, Teske! Die Typen vor und im Kaufhaus sind mit
Sicherheit identisch!
    Die
Journalistin erreicht den Marktplatz über die Krämerstraße. Die Glocke im Turm
der Marienkirche schlägt zwölf Mal. Im selben Moment öffnet sich die
grüne, mit Paneelen verzierte Holztür und eine muntere Hochzeitsgesellschaft
strömt ausgelassen-fröhlich ins Freie. Festlich gekleidete Frauen und Männer
stellen sich, geschlechtsspezifisch getrennt, neben den dorischen Wandpfeilern
des Kirchenportals auf. Die Braut, im wallenden Kleid aus weißer Spitze,
strahlt mit ihrem Bräutigam um die Wette und lässt sich ausgiebig mit Reis
bewerfen. Als danach auch noch unzählige bunte Luftballons dem blauen Himmel
entgegenschweben, wendet Maria sich verklärt ab und geht zum Tine-Brunnen
hinüber. Aus dem Augenwinkel hat sie das gelbe Puma-Jacket und die rote
Baseballkappe des Jungen bereits entdeckt. Er hat sich in den Torbogen zum
Schlossgang gedrückt und beobachtet sie seit geraumer Zeit. Die Journalistin
dreht ihm den Rücken zu und wartet ungeduldig ab, dass der Angsthase endlich
Mut fasst. Als sie sich gerade wieder umdrehen will, wird sie mit zaghafter
Stimme angesprochen: »Ich hab damit nichts zu tun!«
    Maria
wendet den Kopf. Er steht verschüchtert vor ihr, die Hände in den Hosentaschen.
    »Ich
hab dich

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