Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
kurz. Keine fünf Minuten später steht er, als wenn nichts
gewesen wäre, wieder neben Kapitänleutnant Kannenberg.
»Kaleu,
warum wir nicht tauchen jetzt?«, sagt der Israeli mit mühsamer Stimme in
gebrochenem Deutsch. »Unten keine Wellen!«
Seine
beiden Kollegen rücken dicht an seine Seite und nicken kräftig, um ihn zu
unterstützen.
»Die
Ostsee ist leider nicht mehr als eine überflutete Wiese«, erwidert Kannenberg,
merkt aber sofort, dass die Techniker ihn nicht verstanden haben.
»Die
Ostsee ist zu flach, höchstens dreißig Meter tief. Wir müssen warten, bis wir
das Skagerrak erreichen.«
Um
13.47 Uhr passiert das U-Boot den nördlichsten Zipfel Dänemarks, lässt
backbords gerade die Stadt Skagen hinter sich, als sich von Steuerbord ein
riesiger Containerfrachter bedrohlich nah heranschiebt.
Ist
der lebensmüde geworden, fragt sich der zweite Wachoffizier erschrocken.
Er
weiß genau, dass man ihren Turm bei der rauen See von der Brücke eines
Schiffsriesen aus kaum ausmachen kann. Gleichzeitig hat Unteroffizier Heinz
Boltz den Aufkommer bereits als einen Punkt auf seinem Radarschirm entdeckt,
der aus dem normalen Schwarm von Lichtpunkten ausgeschert ist. Er errechnet
eine Entfernung von höchstens zwei Kabellängen, zwei Zehntel einer Seemeile,
nur dreihundertfünfzig Meter.
Mit
fünf durchdringenden Basstönen aus dem Typhon (Signalhorn) kommandiert Henke
das Ausweichmanöver. Die Michelangelo Star rauscht haarscharf am Heck
vorbei und zieht nach Backbord.
Eine
halbe Stunde später überfährt die Dolphin den 58. Breitengrad. Es ist
14.22 Uhr. Das Skagerrak liegt vor ihnen, das Tauchgebiet ist erreicht.
»Kommandant
an alle!«, schallt es blechern aus dem kleinen Bordlautsprecher. »Klarmachen
zum Tauchen!«
Henke
und Tillmann bergen Lichter und Flaggenstock und klettern nacheinander über die
Leiter aus dem Turm.
»Turmluk
zu, fluten, auf Sehrohrtiefe!«
»Turmluk
wird geschlossen! … Das Turmluk ist zu!«
In
rasantem Tempo werden Schnorchel, Radar und Antennen von der Crew eingefahren.
»Vorschiff
tauchklar! … Hinterschiff tauchklar! …Unterdeck tauchklar!«
Im
Maschinenraum wird die Bilge (Kielraum) gelenzt (ausgepumpt) und die
Lüfter auf Tauchfahrt geschaltet, dann die Ventile der Tauchzellen zum Fluten
entsichert.
»Entlüftung
klar!«
»Fluuuuuuuten!«,
befiehlt Kannenberg.
»Fluuuuuuuten!«,
kommt es im Sprechgesang von der Crew zurück.
Jeder
an Bord kann spüren, wie die Dolphin langsam nach vorn kippt.
»Fünf
Meter!«, meldet der schiffstechnische Offizier. »Boot fällt. Zehn Meter!«
Auf
Sehrohrtiefe angekommen, befiehlt Kannenberg, das Boot einzupendeln, damit die
Restluft aus den Tauchzellen kommt. Die Dolphin hebt den Bug und senkt
ihn wieder.
»Boot
ist eingependelt!«
Es
geht weiter abwärts. Sofort wird es still an Bord. Kein Wellenschlag ist mehr
zu hören, kein Rollen und Stampfen, keine Vibrationen von den drei
Dieselmotoren. Das Boot scheint schwerelos durchs Universum zu schweben. Nur
das leise Zischen der Druckgeber in der Steueranlage und feines Surren der
Lüfter und Kühlgeräte begleitet den Unterwassermarsch.
Von
Anfang an lernt jeder U-Boot-Mann in der Ausbildung, dass er während des
Tauchgangs völlig geräuschlos seinen Dienst zu verrichten hat. Jeder Ton, ob
Sprechen oder Lachen, ist kilometerweit zu hören. Pumpen, Generatoren und
Diesel befinden sich in einer extra schallgedämpften Zelle hinter einer
cremefarbenen Stahltür im Heck. Jetzt ist die Zeit für den Sonarobermaat
Leutnant Jürgen Geserig gekommen. Er peilt auf achtzig Grad.
»Echo!«
Seinem
Sensor entgeht keines der Schraubengeräusche an der Oberfläche. In seinem
Kopfhörer ist gerade ein deutliches Knistern zu vernehmen. Ein Frachter, etwa
sechzehn Knoten schnell. Ein Computer zeigt ihm die Peilungen auf einem
Lagebild.
»Foxtrott!«
Geserig
berechnet Kurs, Geschwindigkeit und Entfernung der einzelnen Schiffe.
Routineaufgabe auf seinem Posten. Er ist stolz darauf, dass er einer der Männer
ist, die für diese Sonderfahrt ausgewählt wurden. Die Dolphin ist ein
erheblich größeres Boot als die U 24 , auf der er normalerweise seinen
Militärdienst schiebt.
Er
war vor vier Jahren aus Berlin nach Kiel gekommen und hatte sich für acht Jahre
verpflichtet. Bereits als kleiner Junge hatte er immer von Abenteuern und
Seefahrt geträumt. Dagegen hatte sich der Traum von einer Frau und Kindern
gerade vor kurzem erledigt. Vor drei Wochen hatte ihm seine Freundin den
Laufpass
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