Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
Wunsch.«
»Okay,
das mach ich dann.«
»Wie
Sie wünschen, Herr Swensen!«
»Eine
Frage, Herr Doktor! Was ist mit den Kollegen? Sind alle wohlauf?«
»Drei
Kollegen hatten nicht so viel Glück wie Sie. Einen hat es schwer erwischt.
Platzwunde am Kopf, Knochenbrüche, Gehirnerschütterung und schwere
Verbrennungen. Zwei sind mit leichten Schnittwunden und Prellungen
davongekommen. Die anderen sind alle nach ambulanter Behandlung entlassen
worden.«
Der
pummelige Arzt drückt ihm kräftig die Hand und schon rauschen alle zur Tür
hinaus. Swensen wäscht sich flüchtig, kleidet sich an und leistet im
Schwesternzimmer eine Unterschrift für seine vorzeitige Entlassung.
Ich
nehm ein Taxi zum Bahnhof, denkt er, als er aus dem Hauptausgang ins Freie
tritt.
»Jan
Swensen!«, schreit eine Stimme neben ihm auf. Er dreht seinen Kopf und sieht
Anna auf ihn zustürmen. »Ich glaub es nicht! Du bist nicht mal in der Lage mich
anzurufen, wenn was passiert ist!«
»Mensch
Anna, beruhige dich! Alles ist in Ordnung!«
»Was
ist in Ordnung? Dein Kollege ruft bei Michael an und erst dann erfahre ich was!
Und zwar erst heute Morgen!?«
»Anna,
ich war gestern wirklich nicht in der Lage, glaub mir! Die haben hier im
Krankenhaus das volle Programm durchgezogen. Außerdem hab ich über Stunden
keinen Piep mehr gehört.«
»Wirklich?«,
fragt Anna bekümmert. Auf ihrem Gesicht zeigen sich Sorgenfalten, sie geht auf
Swensen zu und drückt ihn an sich. »Und du bist völlig in Ordnung?«
Swensen
nickt. Er hält Anna fest im Arm. Sie sehen sich lange in die Augen. Eine halbe
Stunde später sitzt er wortlos auf dem Beifahrersitz von Annas Smart. Es
nieselt. Anna fährt nicht sehr schnell. Monoton geht es über die Autobahn in
Richtung Schleswig.
»Du
hättest tot sein können!«, bricht es plötzlich aus ihr heraus.
Swensen
sieht, dass sie Tränen in den Augen hat. Er legt ihr die Hand auf die Schulter.
»Es
ist nichts passiert! So etwas kommt so schnell nicht mehr vor!«
»Versprich
mir, dass du vorsichtig bist und nie ein Risiko eingehst!«
»Versprochen!
Ich bin selbst erschrocken, glaub mir. Aber jetzt ist’s auch gut. Ich lebe
noch, bestimmt noch ziemlich lange. Also, das Leben geht weiter. Ich komm
zurecht, auch heut Abend. Du hast doch heute deinen Griechischkurs, oder?«
»Nein,
der Kurs ist ersatzlos gestrichen. Meine Griechischlehrerin hat alles
hingeschmissen. Wegen der Eskapaden ihrer Tochter, sagte sie mir. Ich glaube
aber, ihr Mann hat ihr die Arbeit verboten. Für mich hörte sich das am Telefon
jedenfalls so an, unterschwellig.«
»Ich
glaube, ich sollte der Familie mal auf die Pelle rücken.«
»Wegen
eines abgesagten Griechischkurses?«, fragt Anna erstaunt.
»Natürlich
nicht! Dieser überdrehte Hass der Tochter auf Türken, besonders aber der des
Vaters, ist mir ein wenig suspekt. Wenn wir über die Familie reden, fällt mir
immer sofort unsere Leiche im Moor ein.«
»Ich
finde, du solltest jetzt mal halblang machen, Jan Swensen. Ich koche uns was
Gutes und du legst die Beine hoch. Das war ganz schön brenzlig, mein Lieber!«
»Hört
sich überzeugend an. Ich bin für Pfannkuchen mit Spinat und Schafskäse, danach
ein aufregender Nachtisch nach Art des Hauses!?«
»Und
du bist sicher, dass du dich da nicht übernimmst?«
*
»Trinken Sie einen Kaffee mit, Herr Swensen?«, fragt Staatsanwalt Rebinger,
blickt kurz hoch, und blättert mit hängenden Schultern weiter in einer Akte.
Unter seinem Kinn quillt ein Fettring hervor. Der Seitenscheitel sitzt akkurat,
konterkariert seine grauen, leicht gekräuselten Haare. Swensen hat eine latente
Aversion gegen den Juristen, weiß aber auch, dass es dabei um sein eigenes
Problem geht, zumindest spricht das aus jeder buddhistischen Erkenntnis.
»Kaffee?
Gerne!«, erwidert der Kommissar und wartet, bis der Staatsanwalt ihn mit einer
Handbewegung auffordert, Platz zu nehmen. Sein Mahagoni-Schreibtisch ist ein
handwerkliches Schmuckstück. Der Staatsanwalt drückt wie beiläufig auf die
Gegensprechanlage und sagt: »Fräulein Heberich, bringen Sie uns bitte zwei
Kaffee!«
Du
bist freiwillig hierher gekommen, ermahnt Swensen sich, um seinen aufkeimenden
Missmut gegen den herablassenden Tonfall des Staatsanwaltes gleich wieder im
Keim zu ersticken. Ich existiere, deshalb existiert das andere. Wie oft bist du
bereit, dein Gesicht im Spiegel zu betrachten, ohne dass es dir unangenehm ist,
Swensen?
»Was
führt Sie zu mir, Herr Swensen?«
»Ein
Anliegen.
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