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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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einfach zur Seite treten –«
    »Unterstehen Sie sich, mich wie ein dummes kleines Frauchen zu behandeln«, keifte Kate. »Ich habe Grund, hier zu sein.«
    »Ich kann für sie garantieren, Officer«, sagte Quinn und hielt seinen Ausweis hoch. »Sie sollten sie besser loslassen, bevor Sie eine Hand verlieren.«
    Der Polizist war sauer über den Befehl und den FBI Ausweis, aber er ließ sie los. Kate rannte auf die Sanitäter zu. Vier Schritte näher, dann hatte Quinn sie von hinten erwischt und hielt sie fest als sie versuchte, sich loszureißen.
    »Laß mich los!«
    »Finden wir erst mal raus, was Kovác weiß. Wenn das Smokey Joe ist, dann sollte hier irgendwo eine Identifikation herumliegen.«
    »Nein. Ich muß es sehen.«
    »Es wird schlimm sein, Kate.«
    »Ich weiß. Ich hab sowas schon gesehen. Gott, was habe ich nicht gesehen?«
    Nichts. Sie hatte Jahre damit verbracht, Fotos von unsäglichem Grauen zu studieren. Sie kannte jede Bösartigkeit, die ein menschliches Wesen einem anderen antun konnte.
    Trotzdem gab es nichts Vergleichbares mit der krassen, rohen Realität eines tatsächlichen Verbrechensschauplatzes. Fotos konnten nie die Geräusche, die elektrisch geladene Luft, den Geruch des Todes einfangen.
    Der Geruch von verbranntem Fleisch war entsetzlich, und er traf sie im Gesicht wie ein Knüppel. Das Gefühl, das er auslöste, hatte etwas von Schmerz. Ihr Magen, der bereits vor Angst und einem halben Tanklaster Gin rollte, schubste seinen Inhalt hoch in ihre Kehle, so daß sie sich fast umgedreht und übergeben hätte. Ihre Knie schienen wegzufließen. Sie konnte nicht verstehen, warum sie nicht fiel, dann merkte sie, daß Quinn sie wieder festhielt, von hinten seine Arme um sie schlang. Sie ließ sich gegen ihn fallen und nahm sich vor, sich später deshalb zu tadeln.
    Von den hunderten Opfern, die sie gesehen hatte, war keines jemand gewesen, den sie vielleicht kannte.
    Die Leiche, entsetzlich verkohlt und halb geschmolzen, lag auf einer Seite, die Gliedmaßen gebogen und in sitzende Position verschweißt. Die Hitze des Feuers mußte ungeheuer gewesen sein. Die Haare waren weg, die Nase war weg, die Lippen waren verzerrt und weggebrannt, daraus schimmerten in gräßlicher Grimasse die Zähne.
    Das Brustbein lag offen da, weißer Knochen glänzte, wo die dünne Schicht Fleisch weggesengt war. Der Uniformierte hatte recht. Auf einen Blick konnte man kein Geschlecht feststellen; außer, daß die Stoffetzen, die am Rücken der Leiche klebten, einmal Frauenkleider gewesen sein könnten – ein Stück rosa Pullover, ein Fetzen Rock.
    Ein stämmiger Sanitäter mit Ruß im Gesicht blickte hoch und schüttelte den Kopf. »Die hier ist für den Leichenfledderer. Sie war lange tot, bevor wir hier waren.«
    Kate schwirrte der Kopf. Sie versuchte immer wieder zu überlegen, was sie tun sollte, wie sie herausfinden könnte, ob es Angie war. Die Ideen schienen sich zu biegen, zu verzerren und rauschten in ihrem Kopf herum.
    Zahnärztliche Berichte kamen nicht in Frage. Sie wußten nicht, wer zum Teufel Angie DiMarco war oder woher sie gekommen war. Es gab keine Eltern, die ihnen einen Zahnarztbericht geben konnten, oder medizinische Aufzeichnungen, die alte Knochenbrüche aufwiesen, nach denen man suchen konnte, wenn die Leiche geröntgt würde. Es gab keine persönliche Habe, die man durchforsten könnte.
    Ohrringe. Angie trug Ohrringe.
    Die Ohren der Leiche waren zu verkohlten Knöpfen verbrannt.
    Ringe. Sie hatte mindestens ein halbes Dutzend getragen.
    Die Hände der Leiche waren schwarz und verkrümmt wie Affenpfoten.
    Ein Schauder, der nichts mit der Kälte zu tun hatte, durchfuhr Kate. Quinn zog sie Schritt für Schritt weiter weg.
    »Ich weiß es nicht«, murmelte sie, starrte immer noch die Leiche an. Die Zehen waren gestreckt, wie bei einem Turner, weil sich die Sehnen im Spann zusammengezogen hatten. »Ich weiß es nicht.«
    Sie zitterte so heftig, daß Quinn es durch ihren schweren Wollmantel spüren konnte. Er zog sie aus der Menge und schob ihr die Haare aus dem Gesicht, bog ihren Kopf zurück, damit sie hochschauen mußte. Ihr Gesicht war aschfahl im Licht der Halogenscheinwerfer des Parkplatzes. Sie starrte hoch zu ihm, mit Augen, glasig vor Schock und Furcht. In diesem Augenblick hatte er keinen sehnlicheren Wunsch, als sie an sich zu ziehen und sie festzuhalten.
    »Bist du in Ordnung, Schatz?« fragte er behutsam.
    »Mußt du dich hinsetzen?«
    Sie schüttelte den Kopf, schaute weg von ihm zu der

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