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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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herumfummelte, als sie durch die Küche in den Gang ging und das Thermostat hochdrehte.
    Quinn folgte ihr die ganze Zeit wie ein Schatten. Sie erwartete, daß er etwas über das ausgebrannte Licht in der Garage sagen würde, aber wenn, dann hatte sie ihn nicht gehört. Sie hörte nur das Rauschen ihres Pulses, das verstärkte Rasseln der Schlüssel, Thor miauen, den Kühlschrank summen… und hinter all dem: die Schreie.
    »Mir ist so kalt«, sagte sie und ging in das Arbeitszimmer, wo die Schreibtischlampe noch brannte und eine Chenilledecke zusammengeknüllt auf dem alten Sofa lag.
    Sie warf einen Blick auf den Anrufbeantworter – kein blinkendes Lämpchen – und dachte an die eingehängten Anrufe auf ihrem Handy um 22:05 Uhr, um 22:08 Uhr, 22:10 Uhr.
    Ein halbvolles Glas mit Sapphire und Tonic stand auf der Schreibunterlage. Das Eis war längst geschmolzen.
    Kate hob es mit zitternder Hand hoch und nahm einen Schluck. Das Tonic war schal, aber sie bemerkte es nicht, schmeckte überhaupt nichts. Quinn nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es beiseite, dann drehte er sie behutsam mit dem Gesicht zu sich.
    »Friert dich denn nicht?« plapperte sie weiter. »Die Heizung braucht eine Ewigkeit, bis es hier warm wird. Ich sollte sie wahrscheinlich ersetzen – sie ist so alt wie Moses -, aber ich denke nie dran, bis das Wetter umschlägt.«
    »Vielleicht sollte ich ein Feuer machen«, schlug sie vor und spürte sofort, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich.
    »O Gott, ich kann nicht glauben, daß ich das gesagt habe.
    Alles, was ich rieche, ist Rauch und dieser gräßliche – Gott, was für ein furchtbarer–«
    Sie schluckte heftig und schaute zu dem Glas, das jetzt nicht mehr so leicht greifbar war.
    Quinn legte eine Hand an ihre Wange und drehte ihr Gesicht zu sich. »Still«, sagte er leise.
    »Aber –«
    »Still.«
    So behutsam, als wäre sie aus gesponnenem Glas, faltete er sie in seine Arme und zog sie an sich. Eine weitere Einladung, sich an ihn zu lehnen, loszulassen. Sie wußte, daß sie es nicht tun sollte. Wenn sie jetzt auch nur eine Sekunde losließ, war sie verloren. Sie mußte in Bewegung bleiben, weiterreden, etwas tun. Wenn sie losließ, wenn sie sich stillhielt, wenn sie sich nicht mit irgendeiner hirnlosen bedeutungslosen Aufgabe beschäftigte, würde die Flut der Verzweiflung über sie branden, und wo bliebe sie dann?
    Wehrlos in den Armen des Mannes, den sie immer noch liebte, aber nicht haben konnte.
    Die volle Bedeutung dieser Antwort wog schwer genug, um das bißchen Kraft, das ihr noch blieb, zu verringern und verlockte sie ironischerweise noch stärker, die Hilfe, die Quinn ihr jetzt anbot, anzunehmen.
    Sie hatte nie aufgehört, ihn zu lieben. Sie hatte es nur in ein Schließfach in ihrem geheimen Herzen gepackt, wo es für immer bleiben sollte. Vielleicht in der Hoffnung daß es vertrocknen und sterben würde, aber es war nur im Winterschlaf gewesen.
    Wieder überflutete sie ein Kälteschauer, und sie ließ ihren Kopf die Kuhle seiner Schulter finden. Ihr Ohr drückte an seine Brust, sie konnte sein Herz schlagen hören, und sie erinnerte sich an all die anderen Gelegenheiten, bei denen er sie gehalten und getröstet und sie sich eingeredet hatte, was sie in einem gestohlenen Augenblick erlebten, könnte ewig halten.
    Gott, wie gerne hätte sie sich das jetzt gesagt. Sie hätte sich gern vorgegaukelt, daß sie nicht gerade von einem Tatort kamen und daß ihre Zeugin nicht vermißt wurde und daß Quinn ihretwegen hierhergekommen war, statt wegen seines Jobs, den er immer an die erste Stelle setzte.
    Wie unfair, daß sie sich bei ihm so sicher fühlte, daß Zufriedenheit so nahe schien, daß sie, wenn sie ihr Leben von seinen Armen aus betrachtete, mit einem Mal all die Löcher, die fehlenden Stücke, die abgestumpften Sinne erkennen konnte. Wie unfair, das alles erkennen zu können, nachdem sie gerade beschlossen hatte, daß es besser war, niemanden zu brauchen und ganz sicherlich am besten, ihn nicht zu brauchen.
    Sie spürte, wie seine Lippen über ihre Schläfe strichen, ihre Wange. Gegen den schwächeren Teil ihres Willens hob sie ihr Gesicht und ließ seinen Mund den ihren finden.
    Warm, fest, das perfekte Gegenstück. Schmerz und Lust überfluteten sie zugleich bitter und süß. Der Kuß war zärtlich, behutsam, sanft – fragend, nicht nehmend. Und als Quinn seinen Kopf ein paar Zentimeter hob, las sie die Frage in seinen Augen, als wäre jeder ihrer Wünsche und Zweifel durch

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