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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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wie ein Komma.
    »Nein, nein, nein«, winselte sie leise vor sich hin. »Nicht jetzt…«
    Der plötzliche Umschwung erwischte Kate kalt. Das war doch, was sie gewollt hatte, nicht wahr? Einen Sprung in der harten Schale. Jetzt, da sie ihn hatte, war sie sich nicht ganz sicher, was sie damit anfangen sollte. Sie hatte nicht damit gerechnet, daß er jetzt käme, wegen dieser Lappalie.
    Sie ging zögernd auf das Mädchen zu, unbeholfen und voller Schuldgefühle.
    »Nein«, flüsterte das Mädchen, mehr zu sich selbst als zu Kate. »Nicht jetzt. Bitte, bitte…«
    »Du mußt dich nicht schämen, Angie«, sagte Kate und stellte sich dicht neben sie, machte aber keinen Versuch, sie zu berühren. »Du hast einen Scheißtag hinter dir. Ich würde auch weinen. Ich kann es nicht besonders gut – meine Nase läuft, es ist ekelhaft.«
    »Warum kann ich nicht einfach bei Ihnen bleiben?«
    Die Frage kam völlig unerwartet von links, traf Kate mitten zwischen die Augenbrauen und lähmte sie bis in die Zehen. Als ob dieses Kind noch nie von zu Hause weggewesen wäre. Als hätte sie nie unter Fremden gewohnt. Sie hatte wahrscheinlich, Gott weiß wie lange, auf der Straße gelebt, Gott weiß was angestellt, um zu überleben, und jetzt plötzlich diese Abhängigkeit. Es ergab keinen Sinn.
    Bevor Kate antworten konnte, schüttelte Angie kurz den Kopf, rieb sich mit dem Ärmel ihrer Jacke die Tränen aus dem Gesicht und holte schluchzend Luft. So schnell schloß sich das Fenster der Gelegenheit, und das Visier war wieder gefallen.
    »Vergessen Sie’s. Ihnen ist es doch scheißegal, was mit mir passiert.«
    »Angie, mir ist es nicht egal, was mit dir passiert, sonst hätte ich diesen Job nicht.«
    »Ja, richtig. Ihr Job.«
    »Hör mal«, sagte Kate, die keine Energie mehr zum Streiten hatte, »das ist immer noch besser, als in einem Pappkarton zu schlafen. Versuch’s mal zwei Tage lang.
    Wenn du’s gar nicht magst, werde ich versuchen, was anderes zu arrangieren. Du hast meine Handy Nummer: Ruf mich an, wenn du mich brauchst oder einfach nur, wenn du mit jemandem reden willst. Jederzeit. Was ich gesagt habe, ist mein Ernst – ich bin auf deiner Seite. Ich hol dich morgen früh ab.«
    Angie sagte nichts, stand einfach da und sah bockig und klein aus in ihrer zu großen Jeansjacke, die jemand anderem gehörte.
    »Versuch ein bißchen zu schlafen, Kleine«, sagte Kate leise.
    Das Mädchen blieb allein in dem Zimmerchen zurück, stand da und starrte auf die Lichter des Hauses nebenan.
    Das wehmütige Bild löste Mitgefühl bei Kate aus. Die Symbolik eines Kindes außerhalb seiner Familie, das eine andere beobachtet. Ein Kind, das niemanden hat.
    »Deswegen arbeite ich nicht mit Kindern«, sagte sie jetzt zu der Katze. »Die würden nur meinen Ruf als harte Braut ruinieren.«
    Thor trillerte tief in seiner Kehle und rollte sich auf den Rücken, präsentierte ihr seinen haarigen Bauch zum Reiben. Sie tat ihm den Gefallen, genoß die Berührung mit einem anderen Lebewesen, das sie auf seine Art schätzte und liebte. Und sie dachte an Angie DiMarco, wie sie nachts wach lag, in einem Haus voller Fremder, deren einzige Verbindung im Leben, die irgend jemandem etwas bedeutete, ihre Verbindung zu einem Killer war.
    Ein blinkender Nachrichtenknopf begrüßte Quinn, als er sein Zimmer im Radisson Plaza Hotel betrat. Er warf die Tüte mit dem mexikanischen Takeout in den Mülleimer neben dem Schreibtisch, rief den Zimmerservice an und bestellte Wildreissuppe und ein Truthahnsandwich, das er wahrscheinlich nicht essen würde. Sein Magen vertrug mexikanisch nicht mehr.
    Er zog sich aus, stopfte alles bis auf seine Schuhe in einen Plastikwäschebeutel, band ihn zu und stellte ihn neben die Tür. Unten in der Wäscherei würde jemand eine unangenehme Überraschung erleben. Das Wasser prasselte wie ein Kugelhagel aus dem Duschkopf, so heiß, wie er es ertragen konnte. Er schrubbte sein Haar und seinen Körper und ließ das Wasser die Knoten in seinen Schultern bearbeiten, dann drehte er sich um und ließ es Gesicht und Brust behämmern. Bilder vom Tag purzelten durch seinen Kopf: das Meeting, Bondurants Anwalt, die Hetzjagd zum Flughafen, das Polizeiabsperrband, das um die Stämme massiger Ahornbäume flatterte, Kate.
    Kate. Fünf Jahre waren eine lange Zeit. In fünf Jahren hatte sie sich eine neue Karriere aufgebaut, sie lebte ein neues Leben – was sie nach allem, was in Virginia schief gelaufen war, verdient hatte.
    Und was hatte er sich in den

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