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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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fünf Jahren aufgebaut, abgesehen von seinem Ruf und einem Haufen ungenutzter Urlaubstage?
    Nichts. Er besaß ein Stadthaus, einen Porsche und einen Schrank voller Designerklamotten. Den Rest seines Geldes bunkerte er für eine Pensionierung, die wahrscheinlich mit einem massiven Herzanfall enden würde, zwei Monate nach seinem Abschied von der Abteilung, weil er sonst nichts im Leben hatte. Wenn ihn der Job nicht vorher umbrachte.
    Er drehte den Hahn zu, stieg aus der Dusche und trocknete sich ab. Er hatte den Körper eines Athleten, stramm, muskulös, schlanker als früher – im Gegensatz zu den meisten Männern Mitte vierzig. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann seine Freude am Essen in Gleichgültigkeit umgeschlagen war. Früher einmal hatte er sich als Gourmetkoch betrachtet. Jetzt aß er, weil er mußte. Der Sport, den er dazu benutzte, seine Spannung wegzubrennen, verbrannte auch alle Kalorien.
    Der fette, würzige Geruch des weggeworfenen mexikanischen Essens durchdrang das Zimmer. Immer noch besser als verbrannte Leiche, obwohl er aus Erfahrung wußte, daß der Geruch nicht so willkommen wäre, wenn er abgestanden war und er damit um drei Uhr früh aufwachte.
    Der Gedanke brachte ein Gewirr von unangenehmen
    Erinnerungen an andere Hotelzimmer in anderen Städten und andere Mahlzeiten, gekauft, um den Nachgeschmack und den Geruch des Todes zu vertreiben. Vom Wachliegen, allein in einem fremden Bett, mitten in der Nacht, schwitzend wie ein Schwein vor Alpträumen, mit rasendem Puls.
    Die Panik schlug wie ein Vorschlaghammer in seinem Bauch ein, und er setzte sich dann mit Jogginghose und einem grauen FBI Academy T-Shirt auf die Bettkante. Er legte für einen Augenblick den Kopf in die Hände, voller Angst vor dem Anfall – vor der Leere, dem Schwindelgefühl, dem Zittern, das in seinem Innersten begann und sich ausbreitete, seine Arme und Beine hinunter, vor dem Gefühl, daß von dem, der er wirklich war, nichts mehr übrig sein könnte, und voller Angst, daß er den Unterschied nicht erkennen würde.
    Er verfluchte sich und griff tief in sich hinein nach der Kraft, das abzuwehren, wie er es im letzten Jahr immer und immer wieder getan hatte. Oder waren es jetzt schon zwei? Er maß die Zeit nach Fällen, maß die Fälle nach den Leichen. Er hatte den immer wiederkehrenden Traum, er sei in ein weißes Zimmer gesperrt und riß sich einzeln die Haare aus, taufte jedes nach einem Mordopfer und klebte sie einzeln mit Speichel an die Wand.
    Er schaltete den Fernseher ein, damit der Lärm die Stimme der Angst in seinem Kopf ausschaltete, dann wählte er, um seine Nachrichten abzuhören. Sieben Anrufe zu anderen Fällen, die er mit sich hergeschleppt hatte: eine Reihe von Überfällen und Foltermorden an Schwulen in Miami, die Giftmorde an fünf älteren Frauen in Charlotte, North Carolina, eine Kindesentführung in Blacksburg, Virginia, die seit 20 Uhr 19 Eastern Standard Time zum Mordfall geworden war, nachdem man die Leiche des Mädchens in einer bewaldeten Schlucht entdeckt hatte.
    Verdammt nochmal, er hätte da sein sollen. Oder vielleicht hätte er im ländlichen Georgia sein sollen, wo eine Mutter von vier Kindern mit einem Hammer erschlagen worden war, in ähnlicher Weise, wie bei drei anderen Morden in den letzten fünf Jahren. Oder vielleicht sollte er in England sein und sich mit Scotland Yard über den Fall beraten, bei dem neun verstümmelte Leichen auf dem Hof eines verlassenen Schlachthofes aufgetaucht waren, mit herausgerissenen Augen und die Münder mit gewachstem Faden zugenäht.
    »Special Agent Quinn, hier spricht Edwyn Noble–«
    »Und wie hast du diese Nummer gekriegt?« fragte Quinn laut, während die Nachricht abgespielt wurde.
    Er war nicht gerade begeistert über Nobles Beteiligung an diesen Ermittlungen. Weil er mit der Bürgermeisterin verheiratet war, hatte er einen Fuß in der Tür, was kein anderer Anwalt in der Stadt geschafft hätte. Und die Tatsache, daß er Peter Bondurants Anwalt war, öffnete die Tür noch weiter.
    »Ich rufe für Mr. Bondurant an. Peter möchte sich morgen früh sehr gerne mit Ihnen treffen, falls möglich.
    Bitte rufen Sie mich heute abend zurück.«
    Er hinterließ die Nummer, dann informierte Quinn eine verführerische Tonbandstimme, daß er keine weiteren Nachrichten hatte. Er legte den Hörer auf, ohne die Absicht, ihn noch einmal aufzunehmen, um Noble anzurufen. Sollte er doch schmoren. Wenn er etwas hatte, was für den Fall von Bedeutung war, könnte

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