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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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aus Gold versteckt war. Viel eher steckte da etwas Verzerrtes, Mutiertes, entstanden durch ein Leben, das weniger gnädig gewesen war als das einer durchschnittlichen streunenden Katze.
    Wie Leute ein Kind zur Welt bringen und es dann zu so etwas werden lassen konnten… Die Vorstellung löste Empörung aus und einen unliebsamen Anflug von Eifersucht.
    Es war eigentlich gar nicht ihr Job, Angie DiMarcos Identität herauszufinden, oder warum sie ein so traurig verdorbener Mensch war. Aber je mehr sie über einen Klienten wußte, desto besser konnte sie diesen Klienten verstehen und konnte entsprechend agieren und reagieren.
    Manipulieren. Das aus dem Zeugen rausholen, was Sabin von ihm wollte.
    Sie ließ das Wasser ab, wickelte sich in einen dicken Frotteemantel und trug den Rest ihres Drinks zu einem kleinen antiken Schreibtisch in ihrem Schlafzimmer. Ihre feminine Zuflucht. Pfirsichtöne und üppiges dunkles Grün gaben dem Raum eine Atmosphäre von Wärme. Nancy Griffiths schrullige, süße Stimme schwebte aus der kleinen Stereoanlage im Bücherregal. Thor, die norwegische Waldkatze, die das Haus regierte, hatte sich Kates Bett als rechtmäßigen Thron erkoren und lag in königlicher, haariger Pracht genau in der Mitte ihrer Daunendecke. Er blinzelte sie mit der gelangweilten Überheblichkeit eines Kronprinzen an.
    Kate zog ein Bein auf den Stuhl und setzte sich drauf, dann zog sie ein Stück Papier aus einem Fach im Schreibtisch und begann zu schreiben.

    Angie DiMarco Name? Wahrscheinlich falsch. Gehört zu irgendeiner Frau in Wisconsin. Veranlassen, es in Wisconsin durch den DMV Computer laufen zu lassen.

    Familie tot – bildlich oder buchstäblich?
    Mißbrauch? Wahrscheinlich. Sexuell? Sehr wahrscheinlich.

    Tätowierungen: zahlreiche – professionelle und amateurhafte.
    Bedeutung?
    Bedeutung der einzelnen Motive?

    Body Piercing: Mode oder etwas mehr? Zwanghafte Verhaltensmuster: Nägelkauen. Raucht. Trinkt: Wieviel?
    Wie oft?
    Drogen? Möglich. Dünn, blaß, ungepflegt. Aber verhält sich konzentriert.

    Sie konnte nur eine Miniskizze von Angies Persönlichkeit anlegen. Ihre Zeit zusammen war zu kurz gewesen und zu stark vom Streß der Situation belastet. Kate mochte gar nicht daran denken, welche Schlüsse irgendein Fremder bei ihr ziehen würde, wenn man sie in eine ähnliche Lage katapultiert hätte. Streß löste diese alten Kämpf-oder-Flieh-Instinkte bei jedem aus. Aber das zu verstehen, machte den Umgang mit diesem Mädchen nicht angenehmer.
    Glücklicherweise war die Frau, die Phoenix House führte, an ein breites Spektrum mieser Einstellungen gewöhnt. Die Bewohner des Hauses waren Frauen, die freiwillig oder gezwungenermaßen auf den härteren Straßen des Lebens unterwegs gewesen waren und jetzt aussteigen wollten.
    Angie war nicht gerade begeistert gewesen von dem Dach über ihrem Kopf. Sie war auf Kate losgegangen in einer Art und Weise, die Kate ziemlich übertrieben fand.
    »Und was, wenn ich nicht hier bleiben will?«
    »Angie, du hast sonst keinen Platz, an den du gehen kannst.«
    »Das wissen Sie nicht.«
    »Zwing mich nicht, das noch einmal durchzukauen«, sagte Kate mit einem ungeduldigen Seufzer.
    Toni Urskine, Direktorin des Phoenix, blieb während des Schlagabtauschs mit gerunzelter Stirn in der Tür stehen.
    Dann überließ sie sie ihrem Streit in dem ansonsten verlassenen Raum, einem kleinen Zimmer mit billiger Täfelung und Sperrmüllmöbeln. Nicht zusammenpassende ›Kunst‹ vom Trödel verlieh ihm das Ambiente einer Absteige.
    »Du hast keine ständige Adresse«, sagte Kate. »Du sagst mir, deine Familie ist tot. Du hast es nicht geschafft, auch nur eine einzige echte Person zu nennen, die dich aufnehmen würde. Du brauchst einen Platz zum Wohnen, das ist ein Platz zum Wohnen. Vier Wände, Bett und Bad. Wo ist das Problem?«
    Angie schlug gegen ein verflecktes Kissen auf einem abgesessenen karierten Loveseat. »Das ist ein verdammter Schweinestall, das ist das Problem.«
    »Oh, pardon, hast du im Hilton residiert? Deine falsche Adresse war nicht so toll.«
    »Wenn sie Ihnen so gut gefällt, dann bleiben Sie doch hier.«
    »Ich muß hier nicht bleiben. Ich bin kein Mordzeuge ohne Wohnsitz.«
    »Aber ich will nicht in diesem Scheißhaus bleiben«, schrie das Mädchen. Ihre Augen schimmerten wie Kristall, plötzliche Tränen, die sich anschickten, ihre Wangen hinunterzurollen. Sie wandte sich von Kate ab und rammte ihre Handballen in ihre Augen. Ihr dünner Körper krümmte sich

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