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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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und griff dann nach der nächsten Zigarette. Ihre Nägel waren komplett abgenagt.
    »Was ist mit der Beziehung zu ihrem Vater? Kommen sie miteinander aus?«
    Die Fine verzog den Mund. »Sie betet ihn an. Ich weiß nicht, warum.«
    »Sie mögen ihn nicht?«
    »Bin ihm nie begegnet. Aber er kontrolliert sie, oder etwa nicht? Ihm gehört das Haus, er zahlt für die Schule, sucht den Therapeuten aus, zahlt den Therapeuten. Dinner jeden Freitag. Einen Wagen.«
    Für Liskas Ohren klang das wie ein verlockendes Arrangement. Vielleicht könnte sie Bondurant dazu bringen, sie zu adoptieren? Sie ließ das Thema fallen. Allmählich klang es so, als mochte Michele nichts, was einen Penis hatte.
    »Michele, wissen Sie, ob Jillian irgendwelche typischen Merkmale hatte: Muttermale, Narben, Tätowierungen?«
    Die Fine sah sie verärgert an. »Woher soll ich das wissen? Wir waren kein Liebespaar.«
    »Also nichts Offensichtliches. Keine Narbe an ihrem Arm. Keine Schlange um ihr Handgelenk tätowiert.«
    »Jedenfalls ist mir nie etwas aufgefallen.«
    »Wenn Sie sich in Jillians Wohnung umsähen, würden Sie merken, ob etwas fehlt? Wenn sie zum Beispiel ein paar Klamotten eingepackt hätte und verreist wäre?«
    Sie hob die Schultern. »Ich denke schon.«
    »Gut. Dann sollten wir versuchen, dorthin zu fahren.«

    Während Michele Fine mit ihrem Boß, dem italienischen Hengst, eine freie Stunde abklärte, verließ Liska das Café, holte ihr Handy aus der Tasche und wählte Kovác an.
    Die Luft war klar, eine steife Brise blies, wie für November üblich. Kein schlechter Tag. Eine blasse Kopie des herrlichen Wetters im späten September und frühen Oktober, das Minnesota zum Rivalen für jeden Staat der Nation in punkto Vollkommenheit machte. Ihre Jungs wären nach der Schule mit ihren Fahrrädern unterwegs und würden versuchen, noch jede Minute damit auszunutzen, bevor der Schnee flog und die Schlitten aus den Lagern auftauchten. Sie hatten Glück, daß es noch nicht soweit war.
    »Moose Lodge«, bellte die grobe Stimme in ihr Ohr.
    »Kann ich mit Bullwinkle sprechen? Wie ich höre, hat er einen Schwanz so lang wie mein Arm.«
    »Herrgott, Liska. Kannst du denn nie an was anderes denken?«
    »An das und meinen Kontostand. Bei beiden kann ich nie genug kriegen.«
    »Du predigst dem Chor. Was hast du für mich?«
    »Außer, daß ich auf dich geil bin? Eine Frage. Als du Montag Jillians Wohnung durchsucht hast, hast du da ein Band aus dem Anrufbeantworter genommen?«
    »Der war digital. Keine Nachrichten.«
    »Diese Freundin von ihr sagt, sie hätte Samstag angerufen und eine Nachricht hinterlassen. Also, wer hat sie gelöscht?«
    »Uuuuh, ein Rätsel. Ich hasse Rätsel. Hast du sonst noch etwas?«
    »Oh, ja.«
    Sie sah durch das Fenster zurück zum Café. »Eine Geschichte, die Shakespeare Konkurrenz macht.«

    »Sie hat versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen«, behauptete Lila Whites Mutter. Ihr Gesichtsausdruck war hart, wie von jemandem, der beim ständigen Wiederholen seiner Lüge dickköpfig geworden war. Eine Lüge, die sie unbedingt glauben wollte, es aber im Grunde ihres Herzens nicht konnte.
    Mary Moss empfand eine tiefe Traurigkeit für die Frau.
    Familie White lebte in der kleinen bäuerlichen Gemeinde von Glencoe, einer von diesen Orten, wo Klatsch ein übliches Hobby darstellte und Gerüchte wie zerbrochenes Glas schnitten. Mr. White war Mechaniker in einem Vertrieb landwirtschaftlicher Gerätschaften. Sie lebten am Rand der Stadt in einem ordentlichen Ranchhaus mit einer Schaukel hinter dem Haus. Die Schaukel war für die Enkelin, die sie aufzogen: Lilas Tochter Kylie, eine zerzauste Vierjährige, die Gottseidank der Tatsache des Todes ihrer Mutter gegenüber immun war. Noch.
    »Sie hat uns an diesem Donnerstag abend angerufen. Sie hatte mit den Drogen aufgehört, wissen sie. Die Drogen, die haben sie runtergezogen.«
    Mrs. Whites klumpiges Gesicht zog sich zusammen, als ob die Bitterkeit ihrer Gefühle einen Nachgeschmack im Mund hinterließ. »Und an allem ist dieser Ostertag Junge schuld. Er hat sie auf die Drogen gebracht.«
    »Aber Jeannie«, sagte Mr. White, mit der Erschöpfung endloser Wiederholung. Er war ein großer grobknochiger Mann. Farmerfalten durchzogen sein Gesicht von zu vielen Jahren, in denen er die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen hatte.
    »Hör mit dem ›aber Jeannie‹ auf«, keifte seine Frau.
    »Jeder in der Stadt weiß, daß er mit Drogen schachert, und seine Eltern stolzieren

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