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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Todes gestorben war. Am Ende der Meldung stand, der Tote sei noch nicht identifiziert worden. Das wunderte Dóra, denn normalerweise dauerte das nicht so lange. Vielleicht war er Ausländer, und es war doch nur Zufall gewesen, dass Margeirs Handy am selben Ort gefunden wurde. Merkwürdig, aber nicht ausgeschlossen. Da die Polizei sie noch nicht zur Wache zitiert hatte, damit sie wegen ihrer Anrufe bei Margeir eine Aussage machte, konnte es gut sein, dass Margeir und sein Handy doch nichts mit dem toten Mann aus den Nachrichten zu tun hatten – oder die Polizei hatte zurzeit einfach wichtigere Dinge zu tun. Enttäuscht, nicht mehr herausgefunden zu haben, ging Dóra wieder auf die Hauptnachrichtenseite und sah, dass eine Meldung hinzugekommen war.
    Die Überschrift lautete
Schwere Körperverletzung im Sogn
. Dóra wunderte sich, dass Jósteinns Angriff auf Jakob nicht schon früher durchgesickert war. Die Meldung war weder lang noch ausführlich, sondern bestand nur aus einer kurzen Beschreibung des Vorfalls. Ein Mitarbeiter der Gefängnisverwaltung und der wachhabende Arzt im Sogn wollten sich nicht weiter dazu äußern. Jakobs und Jósteinns bisherige Straftaten wurden kurz erwähnt, wobei die beiden nicht namentlich genannt wurden. Es wurde lediglich betont, dass einer der beiden behindert sei. Die Berichterstattung war ganz in Ordnung und nicht diskriminierend, es wurde nur gesagt, dass der Angriff planlos und ungewöhnlich brutal gewesen sei. Daher sei man sich angesichts einer Wiederholungsgefahr noch nicht sicher, wo die beiden Männer in Zukunft untergebracht werden sollten, es müsse aber bald eine Entscheidung getroffen werden. Gut möglich, dass Jakob bald aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
    Dóra schaute auf die Uhr. Sie hatte noch zwei Stunden Zeit, bevor sie wegen einer Scheidung, bei der sich das Ehepaar endlich geeinigt hatte, zum Kreisrichter musste – genug Zeit, um Jakob einen Besuch abzustatten.
     
    Der Desinfektionsgeruch von Jakobs Verbänden war eigentlich nicht besonders intensiv, aber nach einer guten Stunde hatte er Dóra so stark eingenebelt, dass sie meinte zu ersticken. »Findest du es hier nicht stickig, Jakob? Soll ich mal kurz das Fenster aufmachen?« Sie schaute ihn erwartungsvoll an und zeigte auf die Vorhänge, die sorgfältig zugezogen waren, damit sie die Fotos auf dem Laptop besser sehen konnten.
    »Nein, nein, mir ist kalt.« Jakob schob seine dicke Brille, die ihm immer auf die Nasenspitze rutschte, nach oben. Dóra versuchte, die Brille nicht die ganze Zeit anzustarren, um nicht weiter darüber nachzudenken, wer wohl das Gestell ausgesucht hatte und wann es gekauft worden war.
    »Na gut. Sollen wir die nächsten Fotos anschauen?« Dóra lächelte Jakob zu. Er wirkte erleichtert, dass sie nicht darauf bestand, das Fenster aufzumachen. Kein Wunder, denn Dóra trug einen dünnen, aber warmen Pulli aus weicher Wolle, während er ein kurzärmeliges T-Shirt mit der Aufschrift
Wäscherei Landeskrankenhaus
anhatte. Zudem war seine Bettdecke dünn und sah eher aus wie ein Tischtuch als wie ein Federbett.
    »Ja, ich will mich nicht erkälten. Mama sagt, das ist schlecht, wenn man so schwer verletzt ist.«
    »Da hat sie recht.« Dóra musste wieder lächeln. Die Aufrichtigkeit dieses Mannes war ansteckend, und er zeigte brennendes Interesse an dem, was sie ihm vorlegte. Die meisten Leute starrten nur dumpf auf die Indizien, die man ihnen zeigte, und murmelten irgendetwas vor sich hin. »Also dann, kennst du jemanden auf diesen Fotos?«
    »Hm, ja.« Jakob rückte näher an den Bildschirm heran. »Nein … der sieht nur so aus wie ein Schauspieler.«
    »Ja, ein bisschen.« Bisher hatte Jakob niemanden erkannt außer den beiden Nachtwächtern, Friðleifur und Margeir. Dennoch betrachtete er jedes Foto genauso konzentriert wie das erste. »Und auf dem hier?« Dóra klickte das nächste Bild an.
    »Doch!« Jakob tippte immer wieder auf den Bildschirm, so dass er sich in Wellen legte. Dóra musste den Laptop etwas wegrücken. »Friðleifur! Schon wieder!«
    »Ja, das ist er. Über den müssen wir nicht mehr reden, weißt du noch? Und auch nicht über Margeir. Du musst mir nur sagen, wenn du sonst jemanden erkennst.«
    »Ja, ich weiß.« Er sah Dóra an, erleichtert über ihren Gesichtsausdruck – vielleicht hatte er befürchtet, sie würde ihn ausschimpfen. »Darf ich dich trotzdem was fragen?«
    »Natürlich.«
    »Darf ich jetzt nach Hause? Ich bin verletzt worden und will nicht

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