Feuerprinz
die Hände herunter und erkannte, dass es viel mehr als ein einfaches Feuer war.
Vor ihm erhoben sich zwei riesige Throne, zu denen brennende Treppen hinaufführten. Alles an ihnen bestand aus Feuer; die Rückenlehnen waren rot lodernde Flammen, und die Beine, auf denen sie standen, Feuersäulen. Sogar die hinaufführende Treppe bestand aus züngelnden Flammen. Degan musste den Kopf in den Nacken legen, um das Ende der Treppe zu sehen. Auf einem der Throne, inmitten des Feuers, entdeckte er eine zierliche Gestalt – Lin?
Ihm blieb keine Zeit, nach ihr zu rufen, denn aus den Flammen des anderen Thrones erhob sich eine zweite Gestalt und schritt geradewegs die brennenden Stufen herunter, ohne von den Flammen verletzt zu werden.
Der Krieger, der am Fuß der Flammentreppe stehen blieb, hatte langes, zurückgebundenes Haar, ein ansehnliches Gesicht und war schlank und hochgewachsen. Die gesamte Gestalt des Mannes war gut geraten, was Degan mehr als deutlich erkennen konnte, denn er war nackt. Ein von den Göttern begünstigter Mensch – so hätte man sein Äußeres in Engil beschrieben. Doch seine blutroten Augen, die nichts Menschliches besaßen, verrieten, wer er war.
»Elven«, flüsterte Degan, woraufhin der andere spöttisch lächelte.
»So begegnen wir uns also. Nenn mich, wie du willst, Halbgreif. Du weißt, wer ich wirklich bin.«
Degan bemühte sich, kraftvoll und ausgeruht zu wirken. Elven ließ sich jedoch nicht täuschen. Er wusste, dass Degan am Ende seiner Kräfte war. Seine Stimme war freundlich, und doch spürteDegan die unterschwellige Drohung darin. »Warum bist du hier und verschenkst dein Leben?«
»Um Lin zu holen.«
Elven lachte, aber es war ein grausames und hartes Lachen, das Degans Mut sinken ließ. Die Toten hatten recht. Jevana hatte recht, und er war ein Narr, weil er geglaubt hatte, den Blutgott herausfordern zu können.
Elvens Stimme wurde leise. »Ich habe euch gesehen … im Wald von Isnal. Du forderst einen Gott heraus, Halbgreif.«
Degan fiel die Nacht nach dem Sturm wieder ein. Elven glaubte also noch immer, dass er und Lin zusammen gewesen waren und dass er gekommen war, um seine Geliebte zu holen. Der Gott war rasend vor Eifersucht.
Als hätte Elven seine Gedanken gelesen, zischte er drohend: »Sie gehört mir seit Anbeginn der Zeit; sie ist meine Gefährtin.«
Degan spürte, dass zwischen ihm und Lin dort oben auf dem Thron nicht das Feuer das eigentliche Hindernis war, sondern der vor Eifersucht mordlüsterne Gott.
Elven verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe mein Reich verlassen, mich in einen menschlichen Körper gezwängt und um sie geworben. So, wie sie mich für die Menschen verlassen hat, wollte ich sie von den Menschen zurückgewinnen; und sie hat mich zum Gefährten genommen und ist mir aus freiem Willen in mein Reich gefolgt. Alles ist so, wie es sein muss! Sie ist eine Göttin und gehört an die Seite eines Gottes, nicht auf den Thron der Menschen oder auf das Lager eines Halbgreifen!«
Degan wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Gott würde ihn töten, wenn er nicht in der Lage war, ihn zu besiegen. Er versuchte Zeit mit Reden zu gewinnen. »Eure Gefährtenschaft ist auf Lügen aufgebaut. Lin ist dir in dein Reich gefolgt, weil sie glaubt,Engil und die Menschen damit zu beschützen. Doch deine Macht in Engil wurde gebrochen!«
»Ja«, sinnierte Elven unbeeindruckt. »Das Herz ist zerstört worden – der letzte Rest dieses elenden Körpers, in dem ich gefangen war. Das giftige Blut, welches mir Engil unterworfen hat! Doch was kümmert mich Engil … Ich habe, was ich wollte – meine Königin.« Er wies hinauf zum Thron.
Degan wusste, er musste Lin irgendwie auf sich aufmerksam machen. Also legte er die Hände an den Mund und rief: »Lin, du bist frei und musst nicht bei ihm bleiben … Engil ist sicher!«
Im nächsten Augenblick, ohne dass er seine Bewegung mitbekommen hätte, stand Elven vor ihm, packte mit steinharter Hand seinen Hals und hob ihn in die Luft, als wiege er nicht mehr als eine Katze. Degan japste und versuchte den Griff um seinen Hals zu lockern. Als Elven seinen Mund aufriss, kamen zwei nach innen gebogene Reihen spitzer Zähne zum Vorschein, ähnlich denen der Schjacks. Elvens Stimme war ein dunkles Grollen geworden, das nichts Menschliches mehr besaß. »Willst du mich herausfordern, Halbgreif? Muss ich dir beweisen, dass ich es bin, der dieses Reich beherrscht?«
Elven ließ seinen Hals los, und Degan fiel
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