Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
da war er noch meistens entspannt und gut gelaunt gewesen. Es musste doch einen Weg geben, die Befangenheit zu überspielen, die sich zwischen ihnen entwickelt hatte! Zumindest hoffte sie, dass sie wieder Freunde sein und ungezwungen miteinander umgehen könnten.
„Die Leute hier scheinen Halross zu mögen“, stellte Jakob fest.
„Wie bitte? Oh, ja.“ Seine Worte holten Desirée in die Gegenwart zurück.
Bis ins Innere der Kirche konnten sie die Willkommensrufe hören, mit denen die wartenden Dorfbewohner Lord Halross und seine Braut draußen begrüßten. Gleich darauf trat sie an Jakobs Seite in die Herbstsonne und die jubelnde Menge hinaus. Für den Brautzug war der Weg mit Rosmarin und anderen duftenden Kräutern bestreut worden. Aus London hatte Halross Musikanten mitgebracht, die gekonnt und schwungvoll aufspielten. Zur Unterhaltung von Braut und Bräutigam tanzten die jungen Leute aus dem Dorf in ihrem schönsten Sonntagsstaat.
Desirée versuchte, als Teil des Brautzugs nicht allzu verlegen zu wirken. Mehr und mehr gewöhnte sie sich daran, Fremden gegenüberzutreten, und da die schöne Braut alle Aufmerksamkeit auf sich zog, war es unwahrscheinlich, dass irgendwer ihr mehr als einen flüchtigen Blick schenkte. Lord Halross lachte und scherzte mit der Menge. Jeder schien heute frohen Mutes zu sein. Der Marquis hatte einen Festschmaus vorbereiten lassen, Wein und Bier für alle in der Dorfschänke. Alle Anwesenden freuten sich darauf, die Hochzeit groß zu feiern, auch wenn nicht alle mit Halross und der neuen Herrin in der großen Halle dinieren konnten.
Es war vorgesehen, dass das Brautpaar den größten Teil der zwei Meilen vom Dorf zum Herrenhaus in Halross’ Kutsche fahren sollte. Die meisten der anderen Ehrengäste würden die Strecke auf gleiche Weise zurücklegen, auch wenn viele der Gentlemen und sogar einige der Ladys sich für das Pferd entschieden hatten. Als sie zu den wartenden Kutschen gingen, verspürte Desirée auf einmal keine Lust, in den Wagen zu steigen. Sie wollte nicht in diesem engen Raum sitzen und mit völlig Fremden plaudern müssen. Viel lieber wollte sie die unerträgliche Spannung zwischen sich und Jakob beenden.
„Es ist ein so schöner Tag, vielleicht können wir zu Fuß gehen“, sagte sie kurz entschlossen. Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, fürchtete sie schon, ihm könnte die Idee missfallen. Während sie auf seine Reaktion wartete, hielt sie die Luft an. Als er nicht gleich antwortete, sprach sie schnell weiter.
„Natürlich, wenn Ihr lieber die Kutsche nehmt, Sir, wäre ich erfreut…“
„Nein. Wenn Ihr laufen möchtet, dann tun wir das in Gottes Namen“, unterbrach er sie. Das war keine Ablehnung, und vorsichtig warf sie ihm einen Blick zu. Seine Miene war ausdruckslos. „Ein Spaziergang wird sicher meinen Appetit anregen, für das Festmahl, das uns erwartet.“
Das war nicht die Antwort, auf die Desirée gehofft hatte. Jakob wirkte sehr in sich gekehrt und keineswegs in der Stimmung, ein Gespräch anzufangen. Sie fühlte einen Kloß im Hals und schluckte schwer.
„Wenn Euer Appetit so groß werden soll, können wir von Glück sagen, dass das Festmahl nicht nur aus Käse bestehen wird“, sagte sie und äußerte damit die erste heitere Bemerkung seit Wochen.
Die Hochzeitsfeierlichkeiten waren in vollem Gange. Die Luft war schwer vom Duft des guten Essens und vom Wachs der vielen Kerzen. Musik und Gelächter erfüllten die Halle.
Während sie die anderen Gäste beobachtete, nahm Desirée ein Stück Marzipan. Sie war so sehr an das Alleinsein gewöhnt, dass der Lärm und die Betriebsamkeit sie beinahe überwältigten. Wie bei einem scheuen Tier war sie zunächst nicht in der Lage, etwas zu essen, weil sie zu beschäftigt damit gewesen war, hierhin und dorthin zu schauen und die anderen Gäste zu betrachten. Wenn jemand unerwartet lachte, ein Messer klappernd zu Boden fiel, wandte sie sofort den Kopf. Allmählich fühlte sie sich etwas behaglicher, eingelullt von dem beständigen Gemurmel um sie herum. Ihre Tischnachbarn schienen mehr damit beschäftigt, mit den Gästen auf der anderen Seite zu sprechen als mit ihr, und sie war damit sehr zufrieden. Dadurch hatte sie Zeit, über ihren Spaziergang mit Jakob nachzudenken – obwohl das keine sehr heiteren Gedanken waren.
Es hatte kein Gespräch stattgefunden. Auf dem Weg zurück zum Haus hatte er kaum ein Wort mit ihr gesprochen. Die ganze Zeit über hatte sie unter Hochspannung gestanden, voller
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