Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
dem Schoß und ließ die Rauchwolke nicht aus den Augen, während der Fährmann und sein Gehilfe das Boot auf ihr Heim zubewegten. Gestern, als Jakob sie in Sicherheit brachte, hatte sie London den Rücken zugekehrt. Nun sah sie dem Grauen entgegen. Stumm und kerzengerade saß sie da, während die Männer mit routinierter Gleichmäßigkeit ruderten und sie einem Zuhause entgegenbrachten, das vielleicht nicht mehr war als ein schwarzer, qualmender Haufen Asche.
Endlich, nachdem sie einige Meilen zurückgelegt hatten, beugte sie sich vor und barg den Kopf in ihren Händen. Ihre Welt begann sich aufzulösen. London brannte. Immer und immer wieder hörte sie im Geiste Kilverdales grausame Worte. Neben ihr saß Jakob und verwirrte sie mit seiner Gegenwart. Er hatte sie geküsst und herausgefordert, bis sie nicht mehr sicher war, was er von ihr wollte oder wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Sie sehnte sich nach der Ruhe und Abgeschiedenheit ihres Gartens. Nach einem Platz, wo sie sich sicher fühlen konnte vor den neugierigen oder feindseligen Blicken Fremder. Nur vielleicht hatte sie ihren Garten für immer verloren.
8. KAPITEL
Als London näher kam, beugte sich Desirée vor, um besser sehen zu können. Dankenswerterweise hatte der heftige Wind der vergangenen Tage nachgelassen, doch mit jedem Ruderschlag roch es stärker nach Feuer. Die Oberfläche der Themse war bedeckt von Unrat. Der Himmel blieb hinter einer dichten Rauchwolke verborgen. Die Stadt brannte. Eine böse Vorahnung befiel sie. Ob Godwin House wohl noch stand?
Einen Augenblick lang schloss sie die Augen, um nicht zu sehen, wie sich ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigten, doch gleich darauf öffnete sie sie wieder. Sie musste einfach wissen, was aus ihrem Heim geworden war.
Über dem Ufer hing schwer der Rauch, und vom Wasser aus konnte sie nur die Mauer sehen, die Godwin House von der Themse abgrenzte. Vor Angst schlug ihr Herz schneller. Sobald sie aufstehen wollte, wurde sie von dem Schiffer zurechtgewiesen.
„Setzt Euch hin!“, befahl er. „Sonst schwimmt Ihr den Rest des Weges!“
Die Hände fest ineinander verschränkt, ließ sie sich auf die Bank zurücksinken. Ihr war übel, nicht nur wegen des Rauchs. Wenigstens befand sich die Jolle auf der Höhe des Tors. Ohne auf Hilfe zu warten, erklomm sie die erste Stufe, die aus dem Wasser führte. Dass Jakob noch ein paar Worte mit dem Fährmann wechselte, ehe er ihr folgte, hörte sie nicht.
Sie umklammerte das Gitter, spähte zwischen den Stäben hindurch, über den Vorgarten hinweg zum Haus…
„Es steht noch!“ Vor Erleichterung gaben ihre Knie nach, und Tränen liefen ihr über die Wangen, während sie sich an den Gitterstäben festhielt. Erst als die Angst um Godwin House allmählich nachließ, begriff sie, wie sehr sie sich davor gefürchtet hatte, ihr Zuhause zu verlieren.
Aber das Haus stand noch. So solide, beruhigend und vertraut wie immer. Während sie gleichzeitig lachte und weinte, suchte sie in ihren Taschen nach dem Schlüssel.
„Wir können jetzt nicht hineingehen, Mylady.“ Jakob umfasste ihre Hand, ehe sie den Schlüssel zum Schloss heben konnte.
„Natürlich können wir das.“ Sie versuchte, seinen festen Griff abzuschütteln, um so schnell wie möglich in den vertrauten vier Wänden zu sein.
„Nicht jetzt. Später kommen wir zurück.“
„Ich will nicht später zurückkommen. Ich will jetzt hineingehen.“ Als Desirée versuchte, sich loszureißen, stieß sie mit der Schulter gegen das Gitter.
Er fluchte leise und zog sie an sich.
„Hört auf, Euch zu wehren, Ihr werdet Euch wehtun!“, ermahnte er sie. „Ich weiß, dass Ihr nach Hause wollt.“ Seine Stimme wurde sanfter. „Es tut mir Leid, dass ich Euch jetzt nicht dorthin gehen lassen kann. Aber sollte irgendjemand von Eurer Dienerschaft während Eurer Abwesenheit zurückgekehrt sein, so wäre Euer Begrüßungskomitee vermutlich mein Tod.“
Erschrocken erkannte Desirée, dass er Recht hatte. Dass er ein entflohener Gefangener war, hatte sie ganz vergessen. Hin und her gerissen zwischen einander widerstrebenden Empfindungen, sah sie ihn an. Sie wollte nach Hause, aber für Jakob war es nicht sicher, Godwin House zu betreten.
„Ihr müsst nicht mit mir kommen“, sagte sie. Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, wurde sie traurig. Wenn sie Jakob hier am Tor zurückließ, dann war das vermutlich ein Abschied für immer. Er war der einzige attraktive, wahrhaft liebenswerte junge Mann,
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