Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
gerechnet.
„Und Gentlemen fällt es oft schwer, den Blick auf das Gesicht einer Dame gerichtet zu halten“, fuhr Athena heiter fort. „Daher schadet es nicht, die Aufmerksamkeit diskret auf Eure übrigen Reize zu lenken.“
Sie unterstrich ihre Worte, indem sie den Ausschnitt von Athenas geborgtem Kleid noch etwas tiefer rückte. Dann trat sie zurück, um die Wirkung zu betrachten.
„Das ist schamlos!“, stieß Desirée hervor und zog den Ausschnitt wieder in die Höhe.
Athena errötete, doch in ihren Augen funkelte es unternehmungslustig. „Ich würde Euch nicht zu so etwas raten, wenn Ihr Euch ungeschützt in der Gesellschaft von Fremden bewegt“, sagte sie. „Oder zwischen Männern, die nicht vertrauenswürdig sind. In solchen Fällen ist es besser, die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken. Aber Jakob ist ein ehrbarer und vornehmer Mann.“
„Ja, das weiß ich. Ich …“ Desirée hielt inne und sah Athena misstrauisch an.
„Es war ein Glück, dass Kilverdale seine Kleider stahl und ihn in Dover zurückließ“, erklärte Athena unumwunden, als wäre ihr nichts aufgefallen. „Andernfalls hätte er nie etwas von dem Plan erfahren, Euch zu entführen, und hätte Euch nicht retten können. Ich frage mich, wer dahintersteckt.“
„Jakob glaubt, es handelt sich um Arscott, meinen Verwalter“, erwiderte Desirée. Für ein paar Minuten hatte sie die schockierenden Offenbarungen vergessen. Jetzt trat sie zurück und ließ sich auf einen Hocker sinken, während sie sich fragte, was sie nun tun sollte.
„Euer Verwalter?“, rief Athena aus. „Wie kommt er denn darauf?“
„Wir müssen mit Gabriel sprechen.“ Sobald Desirée mit ihren Erklärungen fertig war, sprang Athena auf und nahm ihre Hand. „Kommt!“
Es war lange her, seit das letzte Mal jemand Desirées Hand mit so ungezwungener Freundschaft gehalten hatte. Diese schlichte Geste bedeutete ihr mehr, als Athena vermutlich ahnte. Obwohl sie nicht verstand, warum es plötzlich notwendig sein sollte, mit Lord Halross zu sprechen, ließ sie sich daher zu ihm führen.
Einen Moment lang fühlte sie sich unsicher, bevor der Marquis sich erhob, um sie zu begrüßen. Er war ein beeindruckender Mann, wenn auch nicht so gut aussehend wie Jakob. Als sie den Raum betraten, sah er zuerst seine Verlobte an, doch der zärtliche Blickwechsel zwischen den Liebenden dauerte nur Sekunden, dann wandte Halross sich Desirée zu. Ganz kurz schien er erstaunt und musterte ihre Gestalt, ehe er ihr wieder höflich ins Gesicht sah, wie es sich gehörte.
„Athenas Kleid passt wesentlich besser zu Euch als das der Haushälterin“, sagte er und schob Stühle für die zwei Frauen zurecht.
Athena lächelte Desirée mit Verschwörermiene zu. „Lady Desirée braucht deinen Rat“, sagte sie zu Halross und fügte, an Desirée gewandt, hinzu: „Ihr habt Lord Swiftbourne noch nicht kennen gelernt, oder?“
„Nein.“
„Er ist ein sehr kluger Mann“, sagte Athena. „Ich glaube nicht, dass er Euch je schaden würde – abgesehen davon, dass Jakob das bestimmt nicht zuließe. Allerdings halte ich es für unwahrscheinlich, dass Swiftbourne sich eine Erbin durch die Finger schlüpfen lässt, ohne irgendeinen Nutzen daraus zu ziehen. Deshalb meine ich, es wäre am besten, wenn Ihr jemanden habt, der für Euch spricht, und zwar jemand, der nicht nur unabhängig ist von meinem Großvater, sondern auch in England seine eigene Autorität besitzt.“ Sie hielt inne, um Atem zu holen, und sah Desirée ein wenig furchtsam an, als hätte sie Angst, sie gekränkt zu haben.
„Still, Liebes.“ Athena pflegte ihre Worte mit lebhaften Gesten zu unterstreichen, und Halross nahm eine ihrer Hände und küsste sie leicht. „Du lässt mich erröten. Lady Desirée, die Lage ist keineswegs so schlecht, wie sie bei Athena klingt“, sagte er. „Und ich bin sicher, Jakob Balston ist in der Lage, Euch den nötigen Schutz zu bieten. Aber wenn Ihr es wünscht, wäre es mir eine Ehre, für Euch zu sprechen. Was meine Motive angeht, so müsst Ihr Euch nicht sorgen. Mit meiner gegenwärtigen Braut bin ich mehr als zufrieden, und ich habe keine Verwandten, die danach gieren, ein Vermögen zu heiraten.“
Desirée holte tief Luft. Die Dinge änderten sich rasend schnell. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden war so viel geschehen. Es bestand die Möglichkeit, dass ein Mann, dem sie ihr Leben lang vertraut hatte, sie betrogen hatte. Und jetzt boten Fremde ihr Freundlichkeit und Hilfe an.
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