Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
tut mir so Leid“, sagte sie bedauernd. „Ich hätte nicht zurückbleiben dürfen, sondern mit Euch in der Kutsche fahren sollen.“
„Ja, das hättet Ihr.“ Offensichtlich war Benjamin nicht in der Stimmung, sich die Klagen seiner Herrin anzuhören. „Es war dumm und gefährlich zurückzubleiben. Ich hatte Euch mehr Verstand zugetraut.“
„Der Dame ist nichts geschehen“, erklärte Jakob ruhig. „Ihr habt mein Ehrenwort.“
„Euer Wort?“ Aus zusammengekniffenen Augen sah Benjamin den jungen Mann an. „Er sagte, dass Ihr hier sein würdet.“ Desirée vermutete, dass mit er Kilverdale gemeint sein musste. „Er erzählte etwas davon, Ihr wäret ein Offizier und Gentleman und wolltet Mylady nur schützen. Wie seid Ihr aus dem Gefängnis entkommen?“
„Bis vor kurzem war ich Offizier in der schwedischen Armee“, erwiderte Jakob. „Es stimmt, dass ich mich nur deshalb in die Entführung verwickeln ließ, um Lady Desirée zu beschützen.“
Benjamin sagte nichts, doch seine Meinung über Jakobs Erklärungen ließ sich mühelos von seinem Gesicht ablesen. Desirée sah, wie er von ihr zur Tür blickte und abwog, wie groß die Chance war, dass er sie aus Swiftbournes Haus befreien konnte, notfalls mit Gewalt. Allein die Vorstellung erschien ihr allerdings zu schrecklich, um darüber nachzudenken.
„Wo ist Arscott?“, fragte sie schnell in der Hoffnung, ihn abzulenken.
„Ich weiß es nicht“, entgegnete Benjamin. „Heute Morgen hat er Kingston verlassen, um nach Euch zu suchen, ehe dieser – ehe Kilverdale ankam. Der Duke sagte mir, dass Ihr entweder in Godwin House oder hier sein müsstet, also ging ich zuerst dorthin.“
„Arscott war nicht dort?“
„Nein, ich erfuhr aber, dass der dort gewesen ist, festgestellt hat, dass Ihr nicht in Godwin House wart, und wieder gegangen ist“, sagte Benjamin. „Wohin, weiß ich nicht. Also was ist hier los? Warum tauchte heute Morgen in Kingston der Duke of Kilverdale zusammen mit acht bewaffneten Männern auf und verlangte, an Eurer Geldkiste Wachen aufzustellen?“
„Warum habt Ihr ihn eingelassen?“, fragte Desirée, verärgert über Kilverdales ungebetenes Eindringen in ihr Haus. Auch wenn er es allem Anschein nach nur in ihrem Interesse getan hatte.
„Weil Ihr vermisst wurdet, waren alle in Aufruhr“, sagte Benjamin. „Wir waren nicht vorbereitet auf so einen Angriff“, fügte er verstimmt hinzu.
„Er hat Euch angegriffen?“
„Nein. Nicht körperlich. Bloß ist er so überheblich wie der Teufel. Er bestand darauf, sich selbst davon zu überzeugen, dass die Kiste noch da war, und stellte dann überall im Haus Wachen auf. Es war beleidigend. Wäre ich nicht Euretwegen so in Sorge gewesen, dann hätte ich …“ Benjamin brach ab und rieb mit der Linken über seinen rechten Unterarm. „Zumindest hatte ich das Vergnügen, seinen schönen Rock zu zerknittern“, murmelte er.
„Wie ist Euch das gelungen?“, fragte sie besorgt. Benjamin war nie ein großer Kämpfer gewesen, und Kilverdale war mehr als dreißig Jahre jünger.
„Ich habe seinen feinen Brokat genommen und ihn geschüttelt, bis er mir sagte, wo Ihr Euch aufhaltet.“
„Benjamin! Ich bin ja so stolz auf Euch!“, rief Desirée aus. Der Gedanke, dass dem Duke etwas von seiner unerträglichen Arroganz abhanden gekommen sein könnte, gefiel ihr sehr. „Er wird sich doch nicht revanchieren, oder?“, fügte sie mit verspäteter Besorgnis hinzu.
„Nein, er sagte mir, ich solle hierher kommen.“ Benjmain klang entschieden verärgert. „Nun, Mylady, warum seid Ihr hier? Und was zum – was um Himmels willen ist hier los?“
10. KAPITEL
Desirée hob ein Stück Brokat auf und fragte sich für einen Augenblick, wo das brüchige, geschwärzte Stück Stoff wohl herkommen mochte. Hatte es einst vor dem Bett einer Dame gehangen, oder hatte es zum Lieblingsmantel eines Gentlemans gehört? Wie unerwartet und gründlich hatte das Feuer doch das Leben aller unterbrochen. Sie steckte den verbrannten Stofffetzen in den Beutel und ging weiter zum nächsten Stück Unrat.
Lange schon war die Nacht hereingebrochen, und das Dach wurde erhellt vom Mondlicht und einigen Fackeln. Im Osten stiegen noch immer schwefelgelbe Flammen in den Himmel über London auf. Der Geruch nach Verbranntem erfüllte die Luft, selbst wenn kein Rauch mehr über das Dach wehte. Vielleicht würde die Zerstörung erst dann enden, wenn das Feuer keine Nahrung mehr fand. Bei dieser Vorstellung erschauerte Desirée.
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