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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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er, sich einen Platz auf der Mauer zu erschleichen, doch keiner mit Erfolg. Yanil glaubte nicht, dass sie tatsächlich kampfwillig waren, eher neugierig. Man wollte sehen, wie sich das Unheil näherte. Wie eine schlimme Verletzung, von der man einfach den Blick nicht abwenden konnte, obwohl sie einen in den Grundfesten erschütterte. Menschen waren sonderbar.
    Ein wenig abseits erblickte er Saslyn, der nervös mit der Spitze einer Schwertklinge im Boden scharrte. Sein Blick zuckte hin und her wie der eines gehetzten Tieres. Yanil hatte ihn so noch nie gesehen. Sein Gesicht sah verändert aus, blasser und irgendwie eingefallen. Angst konnte einen Menschen zerstören.
    Yanils Blick wurde abgelenkt, eine Gestalt stach aus der Menge heraus. Der Mann trug einen dunkelgrünen, wehenden Umhang, an seinem Gürtel hing ein prächtiges Schwert mit verzierten Griff. In der Hand hielt er einen nicht minder teuer aussehenden Bogen, auf seinem Rücken den dazu passenden Köcher. Seine dunklen Haare hatte er zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden. Rasylr. Er steuerte direkt auf Yanil zu, der noch immer am Fuß des Aufgangs zur Mauer stand. Sein Herz machte einen Sprung.
    Der König grüßte freundlich. Er mischte sich unter das Volk, kämpfte mit ihnen, anstatt sich in der Burg zu verschanzen. Yanil rechnete ihm das hoch an. Als er vor ihm stand, überkam Yanil kurzzeitig der Impuls, sich zu verbeugen, doch er blieb ungerührt stehen. Ein schlechter Zeitpunkt für steife Förmlichkeiten. Er fühlte sich unwohl in seiner Nähe, wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
    »Seid Ihr schon auf der Mauer gewesen?«, fragte Raslyr, als unterhalte er sich mit einem Freund. Keineswegs herablassend, sondern ehrlich interessiert. Yanil entspannte sich ein wenig.
    »Man lässt mich nicht hinauf. Ich kann keine Kampfzauber wirken und einen Bogen wollte man mir auch nicht geben.« Ein wenig Bitterkeit mischte sich in seine Stimme. Ich beherrsche nur eine unsinnige Form von Magie , fügte er in Gedanken an.
    Raslyr nickte. Yanil forschte in seinem Gesicht nach einem Anzeichen von Missbilligung, aber da war nichts. »Ich würde auch lieber hier unten bleiben«, sagte der König stattdessen. »Aber das Schicksal hält auch unangenehme Aufgaben für uns bereit.«
    Zum ersten Mal fielen Yanil die dunklen Schatten unter Raslyrs Augen auf. Hatte der Monarch in den letzten Wochen überhaupt geschlafen? War ihm bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit hoch war, dass der anbrechende Tag der letzte seiner Regentschaft sein würde? Yanil schluckte.
    Völlig unvermittelt legte Raslyr ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte. »Gebt nie die Hoffnung auf«, sagte er, als hätte er seine Gedanken gelesen.
    Yanil lächelte gequält. Raslyr griff in seine Hosentasche und förderte zwei Edelsteine zutage, ein jeder fast so groß wie ein Hühnerei. Der eine war grün, der andere blau. Dachte Raslyr im Ernst noch daran, in dieser Situation seine Reichtümer in Sicherheit zu bringen? Yanil starrte auf die Steine, die durchscheinend waren wie gefärbtes Glas.
    »Wisst Ihr, was das ist?«, fragte Raslyr.
    Yanil schüttelte nur den Kopf anstatt zu antworten, obwohl ihm bewusst war, wie unhöflich das war.
    »Die Göttersteine hätten uns die Macht verleihen können, diesen Krieg zu beenden und für uns zu entscheiden. Aber ich kann nicht damit umgehen. Ein Jammer.«
    Yanil brannten Fragen auf der Zunge, aber er blieb stumm. Er beobachtete, wie Raslyr die Steine wieder in seiner Hosentasche versenkte. Was hatte es damit auf sich?
    »Nun, ich werde jetzt hinaufgehen«, sagte Raslyr, wandte sich ab und schickte sich an, den Aufgang zur Mauer zu betreten. Niemand hinderte ihn daran. Er drehte sich noch einmal über die Schulter hinweg um. »Viel Glück, wohin auch immer unser Weg führen mag.«
    Yanil nickte nur. Er brachte kein Wort hervor. Die Situation kam ihm mit jedem Atemzug immer surrealer vor. Hatte er gerade tatsächlich mit dem König gesprochen? Und was waren das für seltsame Steine in Raslyrs Tasche? Yanil beschlich das Gefühl, dass sie noch eine Rolle spielen würden, irgendwann, in ferner Zukunft. Vielleicht auch dann, wenn niemand von ihnen diesen Krieg überlebte ...
    Er hing noch seinen Gedanken nach, als eine gewaltige Erschütterung ihn beinahe von den Beinen riss. Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, wie das Kratzen von Stein auf Stein. Es war, als wäre die gewaltige graue Mauer, die die Burg schützte, eingerissen wie Papier. Yanils Kopf

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