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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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zuckte herum, aber die Mauer stand noch. Dafür regnete es jetzt Pfeile vom Himmel. Menschen schrien, stoben auseinender. Yanil stand zu dicht an der Mauer, als dass der tödliche Hagel eine Gefahr für ihn darstellte. Auf diese Idee kamen schon bald andere, drängten sich dicht zusammen, pressten sich gegen den hölzernen Treppenaufgang, brachten ihn zum Wanken. Yanil griff nach seinem Schwert. Seine schweißnassen Finger schlossen sich um den Griff, die Klinge zitterte im Rhythmus seines pochenden Herzschlags.
    Von der Mauer drang Geschrei zu ihm hinunter, obwohl er von seiner Position aus nur einen Bruchteil der Geschehnisse dort oben sehen konnte. Blitze zuckten durch die Luft, und einen Augenblick lang dachte Yanil, es hätte zu gewittern angefangen, doch es regnete nicht. Es war noch nicht einmal stürmisch. Eine drückende Wärme hing in der Luft, sie war zum Schneiden dick. Langsam ging die Sonne auf, doch es wurde nicht richtig hell. Dichte dunkelgraue Wolken hingen tief über dem Tal.
    Wieder blitzte es, blau und rot. Die Erkenntnis traf Yanil wie ein Pfeil: Es waren die Kampfmagier, die man auf die Mauer zitiert hatte, um den Feind zurückzudrängen! Sie bombardierten ihren Gegner mit Magie. Yanil wünschte sich, er könnte nur einen einzigen Blick über die Mauer riskieren. Wie viele Männer stürmten gegen die Burg? Gab es Hoffnung?
    Etwas Großes flog an Yanil vorbei, senkrecht nach unten. Es traf einen Mann, der neben ihn stand und riss ihn zu Boden. Schreie gellten durch die Luft. Jemand war von der Mauer gefallen, in seiner Halsbeuge steckte ein Pfeil. Er war tot, aber sein Gesicht war zu einer Maske des Schreckens verzerrt. Das Bild brannte sich in Yanils Gehirn. Der Tote hatte einen Menschen unter sich begraben, der Mann schrie, hatte sich vielleicht etwas gebrochen. Niemand half ihm, und auch Yanil stand nur da wie angewurzelt, die Spitze seiner Klinge kratzte über den Boden. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, das Gewicht des Schwertes zu halten. Er riss seinen Blick von dem Mann los, der sich unter der Leiche hervor wand und unablässig schrie.
    Wieder bebte die Erde, und wieder krachte es so laut, das Yanil einen hellen Ton im Ohr zurückbehielt. Es regnete. Aber kein Wasser, denn er wurde nicht nass. Binnen weniger Augenblicke bedeckte eine gräuliche Schicht den Boden und die Menschen. Asche. Yanil hatte das Gefühl, dass es heißer wurde, zu heiß für einen gewöhnlichen Sommermorgen so weit im Norden von Gûraz. Es roch nach Feuer. Brannte es?
    Was geht dort draußen vor sich? Wenn ich doch bloß etwas sehen könnte!
    Weshalb? Willst du sehen, wie deine Kameraden sterben? Die schnurrende Stimme des fremden Magiers war erfüllt von Häme, klang harsch und abweisend, obwohl Yanil sie nur in seinem Kopf hörte. Aber sie war lauter, realer als zuvor. Befand er sich in der Nähe? Ihm fuhr ein Schreck durch die Glieder. Er sah sich hektisch um, konnte jedoch niemanden erkennen, der den Eindruck erweckte, mit ihm zu kommunizieren. Jeder war mit sich selbst beschäftigt, manche hatten ihre Waffen fallen gelassen und rannten zurück in die Burg.
    An anderen Stellen fielen Mazarikrieger vom Wehrgang hinab, ihre Leiber erschlugen diejenigen, die sich dicht an die Mauer gedrängt hatten, um dem Pfeilhagel zu entgehen. Yanil kämpfte gegen eine aufkeimende Panik an, obwohl alles in ihm danach schrie, sich einer erlösenden Ohnmacht hinzugeben. Er wollte kein Feigling sein, zwang sich zur Stärke.
    Ein innerer Impuls, von dem er sich nicht erklären konnte, woher er rührte, brachte ihn dazu, sich von der Mauer zu lösen und weiter in den Hof hinein zu gehen. Er witterte Gefahr, sein Überlebensinstinkt handelte abseits seines Verstandes. Nur einen Atemzug später bebte es erneut, Yanil rutschte aus, ihm glitt das Schwert aus der Hand. Er richtete sich wieder auf, packte seine Waffe erneut, diesmal fester. Als er sich umdrehte, griff das Grauen mit eiskalten Händen nach ihm. Es krachte, wieder und wieder, und dann klaffte ein Loch in der Mauer. Es begann als schmaler Riss, erweiterte sich binnen Sekunden zu einem Durchlass, knapp zwei Ellen breit. Wieder fielen Männer hinab, schrien und schlugen hart auf dem Boden auf, einer genau dort, wo Yanil zuletzt gestanden hatte. Er spürte Übelkeit in sich aufsteigen, seine Beine drohten unter ihm nachzugeben. Sofort drängten sich Leiber durch den frisch entstandenen Spalt, Yanil erkannte ihre schmucklose Kleidung und die langen dunklen Haare sogleich

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