Feuersbrut - Der Untergang
für den Moment den körperlichen Schmerz. Er nahm Brilys Hand in seine und drückte sie. Vyruk war tot, vernichtet, aber zu welchem Preis? Tief in seinem Inneren wusste Yanil, dass er gering war. Ganz Gûraz war der Unterwerfung durch einen größenwahnsinnigen Gott entgangen. Es hatte Hunderte Leben gefordert, aber ein ganzes Land gerettet.
Yanil verlor das Zeitgefühl. Er wusste nicht, wie lange er sich über Brilys Leiche gebeugt und geweint hatte. So lange, bis keine Tränen mehr aus seinen Augen quollen, und dennoch schluchzte er weiter.
Er nahm nur am Rand seines Bewusstseins wahr, dass sich hinter ihm jemand mit schlurfenden Schritten näherte.
»Verzeihung?«
Yanil gefror das Blut in den Adern, augenblicklich verstummte er. Diese Stimme! Dunkel und angenehm schnurrend, er hatte sie schon einmal gehört. Langsam drehte er den Kopf, sah zuerst ein paar leichte braune Lederstiefel und eine Hose in hellerem Ton, die in den Schuhen steckte. Er hob den Blick, langsam. In der Hand des Fremden lag ein Schwert. Keines der einfachen schartigen Dinger, mit denen Yanil sich hatte verteidigen müssen, sondern ein prächtiger Anderthalbhänder mit pechschwarzer Klinge, die im Licht des frühen Morgens funkelte. Schwarzer Stahl? Yanil fuhr ein Schauder über den Rücken. Neben der Farbe der Waffe fiel Yanil noch etwas anderes auf, das sicherlich nicht als alltäglich einzustufen war, auch dann nicht, wenn man sich mit Schwertern besser auskannte als er. Die Parierstange bestand aus zwei Katzenkörpern, deren Schwänze sich umeinander schlangen und den Griff bildeten. Yanil hatte so etwas noch nie gesehen. Er hob den Kopf noch ein Stück und sah in ein Gesicht, das zu ihm hinunterblickte. Schwarze, glatt zurückgestrichene Haare lagen eng am Kopf des Mannes, seine Augen waren stechend blau. Ein Mazari! Yanil hatte geglaubt, sie seien alle tot ... Über seine Wange zog sich ein kleiner roter Schnitt, ansonsten schien er unverletzt. Sein Kinn und die Form seiner Nase erinnerten ihn an Raslyr, er sah ihm ein wenig ähnlich.
»Sie sind nicht alle tot«, sagte er, als hätte er seine Gedanken gelesen. Und mit einem Mal wusste Yanil, woher er die Stimme kannte. Sie gehörte zu dem Mann, der in seinem Kopf mit ihm gesprochen hatte!
»Viele Khaleri sind noch am leben, draußen vor der Burg haben sich einige versammelt. Sie sind noch verwirrt, weil ihr göttlicher Führer von ihnen gegangen ist. Sie erinnern sich nicht mehr an ihn«, fuhr er fort. »Sie wissen von dem Krieg, den sie gegen euch geführt haben, aber weshalb, scheint ihnen völlig entfallen zu sein. Der Zauber hat ganze Arbeit geleistet, wenn er den Mazari letztlich auch nichts mehr nützen wird.« Die Art wie er redete, wirkte auf Yanil arrogant und herablassend. Er sprach mit ihm darüber wie über das Wetter. »Die meisten Mazari sind hingegen tot oder geflohen. Es wird ein neues Königreich geben.« Sein Blick zuckte zu Brilys Leiche herüber. »Weshalb weinst du um ihn? Hast du den Verstand verloren?«
Yanil wusste keine Antwort. Er fühlte sich in seiner Privatsphäre verletzt, wollte diesen intimen Augenblick nicht mit einem Fremden teilen, geschweige denn sich ihm anzuvertrauen. Er blieb stumm.
»Wenn du schlau bist, spielst du das Spiel der Khaleri mit und gibst dich als einer von ihnen aus.« Er musterte Yanil einen Moment lang. »Ein bisschen siehst du sogar wie einer von ihnen aus, vielleicht merken sie es nicht einmal.«
»Und was ist mit dir?« Yanil wollte lauter sprechen, aber seiner Kehle entwich nur ein heiseres Krächzen. »Wirst du dich auch verleugnen?«
Ein undeutbares Lächeln huschte über sein Gesicht. »Nein, das brauche ich gar nicht. Weißt du, wir haben nicht alle auf derselben Seite gekämpft, auch wenn wir von einem Blut sind.« Er grinste, und angesichts der Situation hätte Yanil ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen. Er erinnerte sich daran, dass Brilys ihm von den abtrünnigen Mazari erzählt hatte, die für Vyruk gekämpft hatten. Mit jedem Atemzug widerte ihn der unsympathische Fremde mehr an.
»Was wirst du stattdessen tun?« Seine Stimme war getränkt von Bitterkeit. »Auf Fjondryk bleiben, beim Wiederaufbau helfen und so tun, als sei nichts gewesen?«
Der Mazari zuckte mit den Achseln. »Ich werde mir die Jahrhunderte vertreiben, indem ich durch das Land ziehe. Vielleicht komme ich eines Tages zurück. Meine Aufgabe ist getan.«
Aufgabe? Welche Aufgabe? Yanil ersparte sich die Frage, er legte keinen Wert darauf, die
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