Feuersbrut - Der Untergang
Vielleicht beteten sie, vielleicht verzweifelten sie. Yanil hatte seit seiner Ankunft von drei Selbstmorden gehört. Nichts, was einem Mut machen würde. Geringfügig stimmungsaufhellend war die Tatsache, dass sich Gerüchten zufolge eine Gruppe aus Kampfmagiern formiert hatte, die an der praktischen Anwendung der Zauberformel arbeiteten, die den Gott des Feuers vernichten sollte. Yanil wollte gern daran glauben, konnte sich aber kaum vorstellen, dass es möglich war, Vyruk durch einen Zauber Einhalt zu gebieten. Dennoch klammerte er sich an die Vorstellung.
Auch Myla hatte er seit ihrer flüchtigen Begegnung auf dem Flur nicht mehr gesehen. Die Erinnerung an sie verblasste bereits wie ein Traum. Überhaupt erschienen ihm die vergangenen Tage mehr wie ein Traumgebilde als wie Realität. Alles war fremd, unwirklich. Oft dachte er an Brilys. Sein Gesicht hatte er nicht vergessen, kein einziges Detail, wohingegen er nicht einmal mehr hätte bezeugen können, welche Augenfarbe Saslyn gehabt hatte. Die Begegnung mit dem Khaleri kam ihm realer vor als alles andere, das er seitdem erlebt hatte. Ob er noch lebte? Yanil sehnte sich zurück in den Wald, als sie fern des Krieges ihre Scherze gemacht hatten. Krieg . Was sollte das überhaupt? Die wahnwitzige Idee eines Einzelnen, der sich in seinem grenzenlosen Größenwahn ein gesamtes Heer unterwarf und die Welt in Leid und Kummer stürzte. Vyruk war derjenige, den es zu hassen galt, nicht die Khaleri. Das Gerücht, es handelte sich um Monster mit langen Reißzähnen, hielt sich hartnäckig, dabei waren die ersten Khaleri längst in der Stadt angekommen, um zu brandschatzen. Man wusste, das sie wie Menschen aussahen. Die Vorhut eines gewaltigen Heers ...
Auch nach acht Tagen hatte Yanil sich noch immer nicht an den Anblick einer Festung gewöhnt. Er kannte die Baumhäuser aus Zakuma, und die hatten mit Fjondryk so viel gemein wie ein Wark mit einer Waldmaus. Fjondryk musste einmal ein wunderschöner, prachtvoller Ort gewesen sein. Oft malte Yanil sich die prunkvollen Feste aus, die hier einmal stattgefunden haben mochten. Die Burg strahlte etwas Erhabenes, Unvergängliches, aber auch etwas Seelenloses und Unbarmherziges aus. Zu gerne hätte er das Leben am Hof zu besseren Zeiten kennengelernt. Er hatte einst von Ruhm und Ehre geträumt, hatte damals noch geglaubt, der Ansturm der Khaleri sei nichts als ein Ärgernis. Ja, er hatte sich sogar über den Botenvogel des Königs gefreut, der ihn in ein Abenteuer gelockt hatte. Mit Bitterkeit dachte er daran zurück.
Am Ende der Treppe wandte er sich nach links, tauchte in einen schmalen unscheinbaren Gang ein, an dessen Ende sich die Küche befand. Die Tür war nicht verschlossen. Hitze schlug ihm entgegen, jemand hatte den Ofen angeheizt, und das im Sommer.
Die Küche war geräumig, mindestens dreißig Fuß lang. Kochgeschirr hing seit Wochen unbenutzt an einer Leiste mit Haken an der Wand. Jemand hatte ihm erzählt, dass es zu besseren Zeiten herrliche Festmahle in der großen Halle gegeben hätte, aber Yanil hatte leider nie an einem teilgenommen. Es gab einfach nichts mehr, das es zuzubereiten lohnte.
Ehe er den Mund öffnen konnte, um etwas zu sagen, kam eine Frau auf ihn zugestürmt, eine Mazari. Ihr Haar fiel ihr offen und ungekämmt über die Schultern, das Gewand war am unteren Saum schmutzig. Sie machte eine Geste, als wolle sie Fliegen verscheuchen. »Mach, dass du hier rauskommst.« Sie sprach ihn nicht einmal höflich an. Yanil wich einen Schritt zurück.
»Ich suche ...«
»Ich weiß, was du suchst«, fuhr sie ihm harsch über den Mund. Sie baute sich vor ihm auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Es gibt nichts zu essen. Es hat heute Frühstück gegeben, bis heute Abend muss das reichen.«
»Der Ofen ist an«, bemerkte Yanil trocken. »Wird gekocht?«
»Das geht dich gar nichts an! Und jetzt raus.«
Yanil fürchtete sich nicht vor einer Frau, aber er hatte auch nicht die Kraft, einen Streit vom Zaun zu brechen oder sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen, deshalb wandte er sich ab. Er vermutete, dass die Dame ebenfalls nicht hätte hier sein dürfen, sie sah nicht aus wie eine Küchenmagd. Vielleicht hatte sie irgendwo eine Kartoffel aufgetrieben, die sie sich jetzt mit großem Brimborium im Ofen zubereitete.
»Geh und bete für einen schnellen Tod«, rief sie ihm hinterher, als er längst zurück auf dem Gang war. »Und wenn du noch Hoffnung hast: Übe mit deiner Waffe, anstatt dich hier
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