Feuerscherben
so genannte John Smith etwas Böses im Schilde führte.«
»Dann hei Andrew eben keine glaubhafte Geschichte ein, um sein Interesse an mir zu beweisen. Deshalb musste er sich an die Wahrheit halten.«
Ben schüttelte den Kopf. »Das Argument zählt nicht, Liebling. Ich kann dir auf Anhieb eine ganze Reihe von Gründen nennen, die allesamt für Daniel Webster genügt hätten: Ich bin ihr Bankier. Ich bin ihr Freund. Ich bin ein entfernter Vetter. Ich bin ein alter Schulfreund. Ich bin der Anwalt ihrer Mutter. Ich bin Claires Anwalt, und wir müssen ihren Treuhandfonds auflösen … Andrew ist ein intelligenter Mann mit weitreichenden Geschäftsinteressen. Hätte er einen Privatdetektiv beauftragen und als Auftraggeber geheim bleiben wollen, wäre ihm garantiert etwas eingefallen.«
Claire merkte, dass ihr ganzes Gebäude aus Überzeugungen und Mutmaßungen, in dem sie sich jahrelang verschanzt hatte, plötzlich zusammenbrach. Verzweifelt klammerte sie sich an den letzten Strohhalm, denn sie brauchte den vertrauten Hass. »Dann hat er seinen Namen eben bewusst genannt«, erklärte sie störrisch. »Vielleicht hatte er einen bestimmten Grund, weshalb der Detektiv wissen sollte, für wen er arbeitete.«
»Welchen Grund?«, fragte Ben.
Sie überlegte eine Weile, doch ihr fiel nichts ein. »Das weiß ich nicht«, gab sie zu. »Aber es muss einen Grund gegeben haben. Was meinst du denn?«
»Meine Theorie ist ganz einfach«, sagte Ben. »Andrew hat Daniel Webster gar nicht eingeschaltet. Der Mann, der den Detektiv anrief, wollte sich nicht zu erkennen geben und behauptete deshalb, er wäre Andrew.«
»Jemand anders?«, fragte Claire ungläubig. »Du glaubst, jemand anders hat Daniel Webster den Auftrag gegeben?«
»Ja.«
»Das würde ja bedeuten, dass nicht Andrew, sondern sonst jemand Dianna Mason getötet hat.«
»Genau.« Ben drehte sich zu ihr. Er nahm ihre Hände und hielt sie fest. »Claire, ich weiß, wie schwierig dies für dich ist. Aber es ist sehr wichtig. Wenn Andrew nicht versucht hat, dich umzubringen, wer könnte es dann gewesen sein? Wer hasst dich genug, um deinen Tod zu wünschen?«
»Keine Ahnung«, flüsterte sie. »Niemand. Es kann niemand anders gewesen sein. Ich habe immer gewusst, dass es Andrew war. Er muss es gewesen sein.«
»Überleg noch einmal«, forderte Ben sie auf. »Überleg genau. Dein Leben könnte davon abhängen.«
Er hatte während der ganzen Rücktrittserklärung gelächelt, als wäre es ihm gleichgültig, dass mit jedem weiteren Wort auch seine ehrgeizigen Pläne den Bach hinuntergingen. Er war es leid, in der Öffentlichkeit zu lächeln, obwohl der Zorn so in ihm raste, dass er nicht essen und nicht schlafen konnte und selbst Sharons nächtliche Besuche keinen Spaß
mehr machten.
Er ging hinaus in den Innenhof und tauchte seine Füße in den Swimmingpool. Du liebe Güte, war das heiß heute Nacht! Nur eines tröstete ihn: Nachdem der Wahlkampf vorüber war, konnte er seine Freizeit wieder dort verbringen, wo es ihm am meisten gefiel.
Allerdings durfte er nicht sofort losfahren. Vorher musste er sich noch um Claire kümmern, die entschieden zu viele Räder in Bewegung gesetzt hatte. Es war ausgesprochen dumm, dass sie in Boston lebte. Wie in aller Welt sollte er ein Alibi aufbauen, wenn er dorthin fliegen musste, um sie zu töten?
Der Rest war ganz einfach: Feuer. Er würde Feuer legen und die Arbeit zum Abschluss bringen, mit der er vor sieben Jahren begonnen hatte. In Gedanken sah er bereits das Flackern der Flammen. Er roch den Rauch und spürte die Hitze.
Die Tür zum Innenhof öffnete sich hinter ihm. Er drehte den Kopf, um festzustellen, wer herauskam. »Sharon«, sagte er ohne große Begeisterung. »Ich wusste nicht, dass du noch wach bist.«
»Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie und ließ den Morgenrock verlockend von den Schultern gleiten.
Sie reizte ihn kein bisschen mehr. »Geh ins Bett«, sagte er kühl. »Ich bin nicht in der richtigen Stimmung für Gesellschaft.«
Sie war nicht klug genug, der Aufforderung sofort nachzukommen. »Was ist los, Liebling?«, fragte sie, setzte sich neben ihn und ließ die Füße ins Wasser baumeln.
»Hast du die Nachrichten nicht gesehen?«, fragte er.
»Doch. Es ist alles furchtbar traurig. Aber wenn du genau überlegst, betrifft es dich doch gar nicht. Du führst dein eigenes Leben, außerhalb der Politik. Außerdem heilt die Zeit alle Wunden.« Sie verwendete die üblichen Klischees, als wären sie der Weisheit
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