Feuerscherben
Minuten angerufen und mir mitgeteilt, dass Andrew im Laufe des Nachmittags seine Kandidatur für die Gouverneurswahlen zurückziehen wird. Ich nehme an, es kommt über den Sender.«
Durch rechtzeitiges Umschalten mit der Fernbedienung gelang es Claire, Andrews Rede auf allen drei wichtigen Kanälen zu hören. Flankiert von Evelyn zu seiner Linken und Roger mitfühlend im Hintergrund, gab Andrew eine kurze würdevolle Erklärung ab. Er bedauerte, der Bevölkerung von Florida nicht länger zur Verfügung stehen zu können, und dankte seiner Frau, seiner Familie und seinen Freunden für die fortwährende Unterstützung. Weitere Fragen ließ er nicht zu und lehnte alle Bitten um Interviews ab.
Der Rücktritt eines Kandidaten für ein Amt in einem Bundesstaat war normalerweise kein Ereignis für die landesweiten amerikanischen Nachrichtensendungen. Doch Andrew war nicht nur als möglicher künftiger Präsident gehandelt worden, er schien einen empfindlichen Nerv des nationalen Bewusstseins getroffen zu haben. Larry King schob sofort ein Interview mit Jordan Edgars Schwester nach, und selbst PBS wies in einem fundierten Bericht auf die bemerkenswerte Diskrepanz zwischen dem Privatleben der Bürger und den Ansprüchen hin, die dieselben Leute an das Verhalten der Kandidaten für ein öffentliches Amt stellten.
»Aha«, murmelte Claire. Sie schaltete den Fernseher aus und lief gereizt in ihrem Atelier auf und ab. »Mr. und Mrs. Smith sind also der Ansicht, dass sie ehebrecherische Beziehungen mit jedem beliebigen männlichen, weiblichen oder bisexuellen Wesen haben können, während die Politiker ihre Nächte wie Mönche verbringen müssen und sich höchstens Gedanken darüber machen dürfen, wie sie das Defizit im Staatshaushalt verringern können. Großartig. Das ist wirklich großartig.«
Doch der Zorn über die Scheinheiligkeit der Amerikaner konnte sie nicht aufheitern. Claire stellte gerade fest, dass die Briefbeschwerer, die sie gestern angefertigt hatte, die hässlichsten Exemplare waren, die ihr je unter die Augen gekommen waren, da läutete es an der Tür. Verärgert runzelte sie die Stirn.
Ben Maxwell konnte sie beim besten Willen jetzt nicht brauchen. Er machte ihr Leben nur noch komplizierter. Sie musste ihn unbedingt wieder wegschicken. Sie würde ihm sagen, dass sie sich nicht wiedersehen durften. Sie hatten nichts gemeinsam. Sie wäre nicht ganz richtig im Kopf, wenn sie glaubte, zwischen ihnen könnte sich eine engere Beziehung entwickeln. Entschlossen öffnete sie die Tür.
»Hallo«, sagte Ben. Er strahlte sie an und reichte ihr eine einzelne Rose. Die creme- und rosafarbenen Blütenblätter waren von zartem Schleierkraut umgeben. »Ich dachte, wenn jemand die passende Vase dafür haben könnte, dann du.«
»Danke.« Claire bekam kein weiteres Wort heraus und hätte am liebsten losgeheult. Winzige Wassertropfen perlten auf der geschlossenen Knospe, und ein feiner altmodischer Duft stieg ihr in die Nase. Das Gefühl, das sie beim Anblick der Blüte durchströmte, was so stark, dass es wehtat. Entsetzt erkannte sie, dass es zu spät war. Selbst wenn sie die Willenskraft aufbrachte und Ben wieder wegschickte, es würde nichts nützen. Der Schaden war bereits entstanden. Irgendwann, während ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet gewesen war, hatte sie den Kardinalfehler begangen, sich zu verlieben.
Ängstlich sah sie Ben an. Liebe und Treulosigkeit waren in ihren Augen so untrennbar verbunden, dass sie jetzt schon den Schmerz des unabwendbaren Verrats spürte.
»Was hast du?«, fragte Ben leise.
»Nichts.« Claire lächelte mühsam. »Komm herein. Ich hole schnell eine Vase. Die Rose ist entzückend.«
Er schloss die Tür hinter sich und folgte ihr in die Küche. Dort nahm er ihr die Knospe ab und legte sie in das Spülbecken. »Eine Vase kannst du später noch holen«, sagte er leise. »Im Moment haben wir Wichtigeres zu tun.«
Claire war sexuelle Leidenschaft nicht fremd. Sie hatte gelernt, körperliche Freuden zu genießen, ohne die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren. Doch als Ben sie in die Arme nahm, brach ihr sorgfältig errichteter Schutzwall zusammen. Ben küsste sie fragend, zärtlich, ja beinahe zögernd, und Claire wünschte, er würde nie aufhören. Sie klammerte sich an ihn und genoss das bittersüße Gefühl, geliebt und beschützt zu werden, obwohl der Verstand ihr sagte, dass sie nie in größerer Gefahr geschwebt hatte.
»Ich liebe dich«, sagte Ben. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher