Feuerscherben
Lüge aus, diesmal sogar, ohne die Wahrheit zu verschleiern. »Sie bedeuten ein Wechselgeld für mich«, antwortete sie und blickte fest in seine klaren grauen Augen.
Zu ihrem Erstaunen trat Ben einen Schritt zurück und lachte aufrichtig. »Diese aristokratische Geringschätzung von Geld war sehr überzeugend, Miss Mason. Gratuliere. Ich schätze, die Runde ging an Sie.«
Einen Moment ließ er die lauernde Maske fallen. Dianna betrachtete sein Gesicht, und ihr wurde ganz warm ums Herz. Einen kurzen, beunruhigenden Moment überlegte sie, wie nett es wäre, Ben Maxwell als Freund zu haben und nicht als Gegner. Doch sie verdrängte den verräterischen Gedanken sofort. Freundschaft – vor allem mit Ben Maxwell – war eine Schwäche, die sie sich nicht leisten konnte, wenn Campbell Crystal ihr gehören sollte. Und erst recht nicht, wenn sie Andrew Campbell vernichten wollte.
»Ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe«, sagte sie kühl und kehrte zu dem feindseligen Verhalten zurück, das sie beibehalten musste. »Das war eine reine Feststellung. Wenn ich Sie damit beauftragen würde, die Aktien von Campbell Crystal an der Börse anzubieten, dürfte ich mindestens zehn Millionen Dollar aus dem Geschäft erzielen. Rechnen Sie die zwanzig Million hinzu, die sich bereits in meinem Treuhandfonds befinden, kann ich mich in einem gemachten Nest aus dreißig Millionen niederlassen. Dreißig Millionen Dollar würde ich als eine ganz hübsche Geldsumme bezeichnen.«
Jede Spur von Lachen war aus Bens Gesicht verschwunden. »Falls Campbell Crystal an die Börse geht, werden Claire oder ihre gesetzlichen Erben die zehn Millionen bei dem Geschäft machen«, erklärte er leise.
Dianna lächelte reizend, und ihre Augen blitzten herausfordernd. »Ja, natürlich. Das habe ich doch gerade gesagt«
Ben hielt ihrem Blick lange genug stand, um sie wissen zu lassen, dass er ihre Herausforderung angenommen hatte. Dann richtete er sich auf und wandte sich an seinen Chef. »Ich verstehe Ihren Wunsch, Ihre Tochter wiederzufinden, Andrew. Und ich hoffe, dass wir bald Erfolg mit unserer Suche haben werden. Aber Sie bezahlen mich, damit ich Ihre Interessen wahre. Daher ist es meine Pflicht, Sie davor zu warnen, vorschnelle Schlüsse aus fadenscheinigen Beweisen zu ziehen. Die Tatsache, dass diese Frau und Ihre Tochter große Ähnlichkeit haben, beweist nicht, dass beide ein und dieselbe Person sind. Rechtlich gesehen ist die gleiche Erscheinung nichts als purer Zufall.«
»Die Justiz ist häufig blind«, sagte Andrew, und diesmal stimmte Dianna völlig mit ihrem vermeintlichen Vater überein. »Ich erkenne sie. Dies ist Claire Campbell, meine Tochter.«
Falls Dianna hoffte, dass sie die erste Runde nach dieser Erklärung gewonnen hatte, bewies Ben ihr rasch das Gegenteil. »Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie vor achtzehn Monaten ebenfalls davon überzeugt waren, wir hätten Ihre Tochter gefunden, Andrew? Es stellte sich heraus, dass das Vorstrafenregister der fraglichen Person meterlang war. Sie hatte sich darauf spezialisiert, bei Eltern aufzutauchen, deren Kinder seit Jahren vermisst wurden, und nutzte deren Wunsch, die Angelegenheit zum Abschluss zu bringen, schamlos aus.«
»Das war etwas anderes«, erwiderte Andrew. Doch er warf Dianna einen Seitenblick zu, der seine erneute Unsicherheit verriet.
Ben schlug ihm aufmunternd auf die Schulter. Zu ihrer Verwunderung bemerkte Dianna einen Anflug von Sympathie und Zuneigung in dieser Geste. Bisher hatte sie Ben Maxwell nicht für einen Mann gehalten, der so menschliche Gefühle wie Anteilnahme zeigen konnte. »Lassen Sie mir ein paar Tage Zeit«, schlug er vor. »Ich würde gern noch einige Auskünfte über Miss Mason einholen, bevor Sie ihr die Schlüssel zur Schatztruhe der Familie überreichen. Einverstanden?«
»Einverstanden.« Andrew war sichtlich erleichtert, dass ihm die Last der Entscheidung von den Schultern genommen war. »Ich muss sowieso nach dem Lunch nach Tallahassee fliegen und habe keine Zeit, mich sofort mit der Sache zu befassen.«
»Das klingt schon eher nach dem Vater, den ich gekannt habe«, stellte Dianna fest. »Lass dich nie durch belanglose Familienangelegenheiten von wirklich wichtigen Dingen abhalten. Das ist doch deine Devise, nicht wahr, Daddy?«
»Mein Wahlkampf um den Gouverneursposten des Staates Florida ist von erheblicher Bedeutung«, erklärte Andrew. »Ich habe gegenüber meinen Sponsoren und Wahlhelfern gewisse Zusagen gemacht,
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