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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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lächelnd nahm Lucian die Hausschlüssel entgegen. »Alle Achtung, das hätte ich dir gar nicht zugetraut.« Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er seine Schwingen. Danach drehte er sich aber doch noch einmal um. »Dieser Viscount wohnt nicht zufällig in Stanmore House?«
    »Allerdings. Wieso …?«
    Den Rest der Frage hörte er nicht mehr, und wenig später ließ sich Lucian vor dem Ferienhäuschen nieder, hinter dem keine zehn Meter entfernt die Steilküste hinabfiel. Der Rand wirkte immer noch wie von einer geheimnisvollen Macht brutal abgerissen. Belustigt fragte er sich, ob hier die Natur oder magische Kräfte am Werk gewesen waren. Für Letzteres fand er jedoch keine Beweise. Arian gehörte eben trotz allem zu den Guten.
    Ein Sturz in die Fluten – ob mit Haus oder ohne – brachte Lucian gewiss nicht um, und so schloss er ohne zu zögerndie Tür auf. Im Nu hatte er ein Portal in seine Privatgemächer geschaffen, um ein paar persönliche Gegenstände zusammenzupacken, auf die auch ein gefallener Engel nicht gern verzichtete. Anschließend versiegelte er den Weg sorgfältig. Je seltener er die Grenzen zwischen dieser und seiner eigenen Welt überschritt, desto unwahrscheinlicher war es, dass andere ihn ausfindig machten.
    Am Horizont versank die Sonne allmählich im Meer, und Lucian setzte sich mit einem Glas Rotwein aus seinem gut gefüllten Keller auf die steinernen Stufen, um ihr dabei zuzusehen. Anders als viele seiner Art mochte er Mutter Natur – er pflegte sogar Beziehungen zu den wichtigsten Vertretern der Feenwelt. Nicht dass er ihnen jemals freiwillig den Rücken zugekehrt hätte. Ebenso wie Luzifer wusste er, dass sie eine Macht darstellten, die man nicht unterschätzen durfte. Doch nur weil sie sich seit Beginn dieses Jahrtausends weitestgehend in ihr eigenes Reich zurückgezogen hatten, bedeutete das keineswegs, dass es für immer so bliebe.
    Die Gegend wirkte für seinen Geschmack allerdings eine Spur zu idyllisch. Obwohl, und da irrten die Wächterengel Juna und Arian mit ziemlicher Sicherheit nicht: Es lag etwas in der Luft.
    Wäre er nicht mit der Annahme hierhergekommen, genau dies vorzufinden – die hauchzarten Anzeichen wären leicht zu übersehen gewesen. Lucian ahnte den dunklen Puls meisterhaft gewobener Magie mehr, als er ihn fühlte. Lokalisieren ließ sich die Quelle nicht, doch das war auch nicht zu erwarten. Was sich hier zusammenbraute, war höchstwahrscheinlich sorgfältig vorbereitet und würde sich erst allmählich offenbaren. Seine Rivalen glaubten, er verbringe zu viel Zeit mit himmlischen Wächtern und Sterblichen und sei dabei milde geworden und unaufmerksam. Doch sie irrten sich, das Gegenteil war der Fall. Zu lange Zeit hatte er, der zu den Ersten gehörte, die dem Lichtbringer gefolgt waren, nur noch Langeweile verspürt. Kein noch so raffiniertes Liebesspiel, kein Kräftemessen, keine Katastrophen und auch nicht die gemeinsten Qualen vermochten, ihm mehr als ein kühles Lächeln zu entlocken. Selbst Sex war wie ein Spaziergang an frischer Luft, zuweilen notwendig, aber inzwischen leider wenig erregend.
    Seit jenem Tag jedoch, an dem er mit eigenen Augen am Beispiel von Juna und Arian gesehen hatte, dass es Seelenverwandtschaften wahrhaftig gab – seit diesem Tag war Lucians Interesse am Zauber dieser Welt zu neuem Leben erwacht. Befreit von der Last des Zweifels, fühlte er sich seither so frei, als sei ein Stück seiner einstigen Engelsseele in ihn zurückgekehrt. Und das war zu seinem Verdruss nicht unbemerkt geblieben.
    »Lucian« , das hatte der Herr der Unterwelt bei der letzten Begegnung seinem Sohn Arian, dem neu ernannten geheimen Kurier zwischen den Sphären, zugeflüstert, »war nie gefährlicher als heute.«
    Ein anderer wäre bei dieser Lobpreisung möglicherweise überheblich oder sogar leichtsinnig geworden. Doch Lucian wusste nicht nur, wie schnell man die Gunst des Lichtbringers verlieren konnte. Ihm war auch klar, dass ein solches Kompliment Neid weckte.
    Deshalb ging er seinem Job weiter gewissenhaft nach. Als einer seiner dunklen Wächterengel meldete, er habe merkwürdige Veränderungen in der magischen Struktur der Membrane entdeckt, wurde er hellhörig. Diese Grenze zwischen den Dimensionen trennte die Welt der Schatten vom Diesseits und verhinderte, dass alles menschliche Dasein von zerstörerischen Dämonen überflutet wurde.
    Vergleichbare Anomalien kamen immer wieder vor und waren im Grunde nichts Besonderes. Die Magie ließ sich niemals

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