Feuersee
deutete auf die Wiedergänger. »Sie vergessen nie, wo
sie gewesen sind, was sie
getan haben – nur weshalb und warum sie es taten! Aus diesem
Grund sind sie
klaglos bereit, es wieder und wieder zu tun.«
Der Nekromant wandte sich ab, durchquerte die
Höhle und verschwand in dem Tunnel, um als treuer Ratgeber
seinen Platz an der
Seite des Prinzen einzunehmen. Alfred blickte ihm nach, vor Entsetzen
stumm und
unfähig, sich vom Fleck zu rühren.
----
Kapitel 14
Salfag-Grotten,
Abarrach
»Ich wußte doch, daß ich diesen
Schwachkopf nie
hätte allein lassen dürfen!« Haplo
schäumte innerlich, als er durch die Ohren
des Hundes Alfreds stammelnde und konfuse Antworten mit
anhören mußte. Am
liebsten hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht, um zu retten,
was noch zu retten war, doch sagte ihm die
Vernunft, daß er in jedem Fall zu spät kommen
würde, und deshalb folgte er dem
Prinzen und dem Heer der Toten zum Ausgang der Höhle.
Am Ende des Gesprächs zwischen Baltasar und Alfred
war er froh, sich nicht eingemischt zu haben. Jetzt wußte er
genau, was der
Nekromant plante. Und wenn Baltasar so an einem kleinen Ausflug durch
das
Todestor gelegen war, wollte Haplo ihm gern behilflich sein.
Natürlich würde
Alfred Einspruch erheben, doch angesichts der neuen Situation konnte
man auf
Alfred notfalls verzichten. Ein Sartan, der die Kunst der Nekromantie
beherrschte, war ungleich wertvoller als ein Sartan, der
nörgelte, moralisierte
und ständig über die eigenen Füße
stolperte.
Die neue Situation barg freilich auch Probleme.
Baltasar war ein Sartan und als solcher ein Wesen von höchster
Integrität. Daß
er Alfred sogar mit Mord gedroht hatte, bewies nur das Ausmaß
seiner
Verzweiflung und die tief verwurzelte Loyalität
gegenüber seinem Volk und
seinem Prinzen. Es war unwahrscheinlich, daß er ohne weiteres
allem den Rücken
kehrte, das bisher sein Leben ausgemacht hatte, um sich allein
davonzustehlen,
und Haplos Gebieter würde kaum begeistert sein über
ein ganzes Heer von Sartan,
das durch das Todestor in den Nexus einmarschierte! Aber, sagte der
Patryn
sich, ihm würde schon beizeiten eine Lösung
einfallen.
»Der Feind.« Edmund, vor Haplo, blieb
stehen.
Sie waren am Ausgang des Tunnels angelangt.
Verborgen in den Schatten der bogenförmigen Öffnung,
konnten sie die anrückende
Streitmacht beobachten – eine zerlumpte Armee wandelnder
Leichen, die sich
schlurfend und staksend in dumpf erinnerter militärischer
Formation
fortbewegte. Die vorderen Linien waren bereits mit den Truppen des
Prinzen zusammengetroffen,
und es kam zu ersten Scharmützeln.
Es war das merkwürdigste Gefecht, das Haplo je
gesehen hatte. Die Toten kämpften, wie sie es zu Lebzeiten
gelernt hatten,
teilten Schwerthiebe aus, parierten, attackierten, und jeder war
verbissen
darauf aus, seinen Gegner zu töten, doch ob nun wirklich
diesen Gegner oder
einen aus ferner Vergangenheit, eine Truggestalt ihres erstarrten
Gedächtnisses
– wer konnte das sagen?
Ein toter Soldat parierte einen Hieb, den sein
Gegner gar nicht geführt hatte; ein anderer unternahm keinen
Versuch
auszuweichen, als ihm die Klinge die Brust durchbohrte. Entschlossen,
aber
ziellos wurden Hiebe ausgeteilt, manchmal abgewehrt und manchmal nicht.
Schwertklingen, von toten Händen geführt, drangen
tief in totes Fleisch, das
nichts davon spürte. Die Wiedergänger hoben die
Schwerter erneut und droschen
aufeinander ein, doch obwohl sie erhebliche Wunden schlugen, richteten
sie kaum
etwas aus.
Der Kampf zwischen den Toten hätte noch lange so
weitergehen können, wären beide Seiten gleich stark
gewesen. Die Armee von
Nekropolis befand sich jedoch in einem erheblich fortgeschritteneren
Stadium
der Verwesung und Auflösung als die des Prinzen; die einen
Toten waren
sozusagen in einem besseren Zustand als die anderen.
Die Wiedergänger aus der Stadt waren kaum mehr
als spärlich von Fleisch umhüllte
Knochengerüste. Jeder von ihnen hatte
zahlreiche Verletzungen erlitten. Vielen der toten Soldaten fehlten
etliche
Körperteile – hier und da ein Knochen, ein
Stück vom Arm, ein Teil des Beins.
Ihre Rüstungen waren arg verrostet, die Lederriemen fast alle
verrottet, so daß
Brustpanzer an einem Fädchen hingen und Beinschienen zu
gefährlichen
Stolperfallen wurden.
Die Jammergestalten versuchten stur und
unbelehrbar, über Hindernisse hinweg oder mittendurch zu
Weitere Kostenlose Bücher