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Feuersteins Drittes

Feuersteins Drittes

Titel: Feuersteins Drittes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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die einem beim ersten Anblick in den Sinn kommen, und sie sind keineswegs abwertend gemeint: Die roten, gelben, braunen, weißen Holzhäuschen, die sich oft windschief aneinander lehnen, wirken vor dem üppig bewaldeten, steil ansteigenden Berg im Hintergrund wie ein Puppenbild. Liebevoll restauriert allesamt, und deshalb so schmuck und herausgeputzt, wie sie es in ihrer hanseatischen Vergangenheit, als noch Alt neben Neu und Reich neben Arm stand, ganz bestimmt niemals waren.
    Sieben Stunden waren für Bergen eingeplant, und fünf Touren standen zur Auswahl: »Wandern auf dem Floyer-Berg« (37 Dollar), »Bergen einst und jetzt« (47 Dollar), »Besuch und Konzert im Hause Edvard Griegs« (65 Dollar), »Bergen aus der Luft« (235 Dollar) sowie »Bergens Kunstschätze« (nicht zustande gekommen wegen mangelndem Interesse, kein Wunder auch: Was sollen wir zu Munch pilgern, wo wir jede Menge Dalis an Bord haben). Wir entschieden uns für eine sechste Variante: »Bergen zu zweit und zu Fuß« (null Dollar).
    An den Bryggen, dem Kai am alten Hafen, wartete — ebenso putzig wie die Häuser — eine schienenlose Bimmelbahn, die uns in offenen Holzwägelchen durch die Gassen Bergens schleppte, hinauf auf den Hang bis zur oberen Wohngrenze. Dort stiegen wir aus und bummelten den gleichen Weg wieder zurück. Bergen hat zwar 200000 Einwohner, ist aber im Kern so kompakt, dass man auf diesem Weg an fast allem Sehenswerten vorbeikommt — außer Troldhaugen, Griegs prächtiger Zuckerbäckervilla am See samt Zierpark und eigenem Konzertsaal. Es ist eben doch ein Vorteil, wenn man in seinem Land der einige große Komponist ist. Bei uns, wo die Musikgötter seit Jahrhunderten in Rudeln auftreten, ist damit schon seit Wagner Schluss. Aber dafür haben wir die Künstlersozialkasse.
    Direkt am Hafen befindet sich der Fischmarkt, der inzwischen gänzlich auf uns Touristen abgestimmt ist. Wir reagierten mit überlegenem, ablehnendem Kennerlachen, als uns an jedem Stand »norwegischer Kaviar« angeboten wurde, die Dose für fünf Euro. Auf so einen Ramsch fallen wir nicht rein! Aber je näher wir dem Schiff kamen und je mehr Touristen wir sahen, die Tüten mit norwegischem Kaviar trugen, desto dünner wurde unser Lächeln. Ob wir wieder mal dabei waren, das Beste zu versäumen?
    Am letzten Stand kauften wir sechs Dosen norwegischen Kaviar. 9

    Abschiedsstimmung liegt in der Luft. Überall dringende Hinweise, sich die Gepäckanhänger in der richtigen Farbe abzuholen, je nachdem, wohin die Reise nach der Ausschiffung weitergeht. Denn morgen ist Packtag, und alle großen Koffer müssen zum Einsammeln bis Mitternacht vor der Kabinentür stehen. Deshalb ist für das morgige Abendessen »leger« angesagt. Heute hingegen zum letzten Mal »formell«, zur Abschiedsparty des Kapitäns. Weil nur noch ein Abendkleid übrig ist, wird sich die Garderobenzeit meiner Frau um eine gute Stunde verkürzen. Das mehrmalige »Ich nehm doch lieber das andere«-Umziehen entfällt.
    Vorhin, bei der Ausfahrt aus Bergen, belauschte ich an Deck ein Dreiergespräch: Frau Immendorf und zwei andere deutsche Witwen, deren Namen ich nicht kannte. Es ging um das Trinkgeld.
    »Eine Frechheit, eine Zumutung«, schimpfte Frau Immendorf. »Da schreiben sie, dass die Höhe des Trinkgeldes uns selbst überlassen sei, und gleichzeitig setzen sie pro Person und Tag elf Dollar auf die Rechnung, mit dem Hinweis: Wer damit nicht einverstanden ist, braucht nicht zu zahlen.«
    »Stimmt«, sagte die schlanke, hoch gewachsene Siebzigerin, die wir »Marlene Dietrich« nennen, weil sie schon zum Frühstück in engen, seitlich geschlitzten Gewändern auftritt und an Deck einen Schlapphut trägt, »und peinlich noch dazu! Am liebsten würde ich überhaupt kein Trinkgeld geben bei dem lausigen Service, den die uns bieten, aber ich habe keine Lust, mich an der Kasse dumm anschauen zu lassen, noch dazu, wenn andere Leute rumstehen und das mitkriegen.«
    »Mir ist das egal, von mir kriegen sie nichts«, rief die dritte Person, der wir den Spitznamen »Pina Bausch« zugedacht hatten, weil sie sich beim Tanzen immer so komisch verrenkt, und Frau Immendorf schlug vor: »Am besten, wir gehen gemeinsam zum Zahlmeister. Da ist das dann auch nicht peinlich.«
    Aha, hier wurde wieder mal ein TV-Verein gegründet, ein Zusammenschluss der Trinkgeld-Verweigerer. Es ist ein altes, leidiges Problem auf Schiffsreisen, und ich hatte schon viel darüber gehört. Lange Zeit war es üblich gewesen, das

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