Feuersteins Drittes
Arizona.
Kein einziges Mal waren wir im Piccadilly Club oben auf dem Promenadendeck, wo jede Nacht ab halb zwölf der Bär steppte, von Disko über Dixie bis zur Ein-Mann-Show mit dem Motto »Unser Kreuzfahrtdirektor auf den Spuren von Frank Sinatra«. Und leider fehlte ich auch beim Vortrag eines kreuzfahrterfahrenen Mitpassagiers (923 Seetage) mit dem Thema: »Wie man an Bord Tagebuch führt«, sonst wäre dieser Bericht bestimmt besser geworden.
Ich war auch bei keiner »Singles Party mit Klaviermusik«. Auch nicht heimlich, wenn meine Frau schon schlief.
LOGBUCH 20. JULI
Flughafen London Heathrow, Lufthansa Senator Lounge
Bestimmt war es ein seekranker Papst gewesen, der damit angefangen hat, festen Boden zu küssen.
Als ich heute aus dem Drogenschlaf der Hammerpillen von Ricardo, dem Concierge, aufwachte, waren wir bereits fest am Pier von Dover vertäut. Mit dem Bus sind wir zum Bahnhof gefahren, von dort mit dem Zug nach London, Victoria Station, und weiter mit dem Bus zum Flughafen Heathrow, alles reibungslos organisiert. Und als Gipfel des Reiseglücks: Unsere Koffer waren ebenfalls da.
Jetzt warten wir auf LH 4649, den Flug nach Frankfurt, und weil ich beim Schreiben seufze, fragt mich meine Frau, was ich wohl hätte. »Nichts«, sage ich, aber das ist gelogen. In Wahrheit habe ich eben beschlossen, nicht nur nie wieder auf einem Schiff eine Lesung zu halten, sondern nie wieder überhaupt ein Schiff zu besteigen, und ich schwöre das hiermit. 11 Obwohl die Reise spannend war, reich an Eindrücken und Anregungen, mit Erlebnissen, die ich nicht missen möchte. Eigentlich eine meiner interessantesten Reisen überhaupt.
Und irgendwie auch schön.
THAILAND
Das Grauen * lebt
Um es kurz zu machen: In Thailand hat mich Godehard Wolpers, der Produzent und Regisseur meiner Reisefilme, zweimal vorsätzlich in Lebensgefahr gebracht. Gleich zu Beginn unserer Arbeit warf er mich am Stadtrand von Bangkok zusammen mit Stefan, dem Kameramann, in eine Schlangengrube, in der zwei Dutzend hochgiftiger Kobras lauerten; Stefan durfte wenigstens Gummistiefel anziehen, ich aber war in Shorts und Sandalen. Und am letzten Drehtag schlug Wolpers abermals zu: Am Strand von Phuket gab er einem Mädchen den Auftrag, mich zu Tode zu massieren.
Bei der Wahl meiner Mitarbeiter bin ich ein hartnäckiger Anhänger der Seilschaft und hätte es, wäre ich in der DDR tätig gewesen, dort bestimmt sehr weit gebracht. Denn Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe, egal ob erfolgreich oder nicht, wähle ich immer wieder, selbst wenn es Reibungen gegeben hat. Das liegt aber nicht daran, dass ich meine alten Mitarbeiter so sehr liebe, sondern vielmehr daran, dass ich keine Lust habe, neue kennen zu lernen.
Für diesen siebten Film meiner neunteiligen Reihe, nur mühevoll mit Hilfe von Kumpanei, Erpressung und Intrigenspiel beim WDR durchgeboxt, waren wir in der alten Seilschaft-Besetzung nach Thailand gereist: Godehard Wolpers, der Chef 12 , Stefan Simon, der alles sehende, nie zuhörende Kameramann, und Erik Theisen, der drahtige, wortkarge Assistent und Tonmann. Obwohl seit unserem letzten Film fast zwei Jahre vergangen waren, schien es uns, als hätte es nie eine Unterbrechung gegeben, und wir begannen die Arbeit in gewohnter Routine: Erik kämpfte mit Wackelkontakten, Stefan trug noch dieselbe Hose wie beim ersten Dreh in Alaska, und ich stritt mit Wolpers und drohte, abzureisen.
Trotzdem war es anders als sonst, denn alle bisherigen Reiseziele kannte ich kaum oder gar nicht. Genau so wollte ich sie dem Zuschauer vermitteln: neugierig, aber unbedarft, und staunend wie jeder andere Tourist, der zum ersten Mal ankommt. Deshalb habe ich die Vorbereitungen immer allein Wolpers überlassen und vorher nicht mal den Drehplan gelesen: Im Zustand der Unschuld wollte ich Neuland betreten. Man sollte spüren, dass ich keine Ahnung hatte und bereit war, mich überraschen zu lassen. Das war aber diesmal unmöglich. Denn Thailand könnte beinahe meine zweite Heimat sein... wenn ich denn eine erste hätte.
Seit 1976 bin ich fast jedes Jahr in Thailand gewesen, manchmal nur ein paar Tage als Sprungbrett für Reisen in andere Länder Asiens oder nach Australien, oft aber auch ein paar Wochen für längere Rundreisen. Inzwischen kenne ich das Land vom Mekong bis Hat Yai, vom Drei-Pagoden-Pass bis zur Grenze nach Kambodscha, und ich habe über die Jahre hier mehr Freundschaften geschlossen als jemals zu Hause... nämlich drei: mit Nu, dem
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