Feuersteins Ersatzbuch
Ersatz-Reisebuch, genau so, wie man eine Ersatz-Reise macht, wenn es mit dem ursprünglichen Ziel nicht hinhaut. Nach Sibirien zum Beispiel, falls Mallorca zu voll ist. Oder nach Ingolstadt, wenn New York auf Dauer zu langweilig wird.
Jawohl, das ist die Lösung: Ein Ersatz-Reisebuch, in dem ich endlich die Sachen von mir unterbringen kann, die zwar schon mal veröffentlicht, aber nie richtig gelesen wurden... wie zum Beispiel Beiträge für den >Playboy<, von dem keiner vermutet, dass da auch Texte drin stehen; oder für private Radiosender, bei denen niemand bemerkt, dass zwischen der Musik zusammenhängende Sätze vorkommen; oder für die Reisebeilage von Tageszeitungen, die man zur Seite legt, um sie später in aller Ruhe zu genießen — und dann erst wieder in drei Jahren entdeckt, auf dem Weg zum Altpapier-Container. Mit diesem Zeug ist schon mal die Grundlage da, auf der ich aufbauen kann; der horror vacui, das Gespenst des leeren Blattes, ist gebannt.
Natürlich werde ich auch mein Versprechen einlösen und über die restlichen fünf Stationen meiner Reisefilme berichten. Nicht so ausführlich wie beim ersten Mal, sondern gerafft, konzentriert und »auf den Punkt«, wie Redakteure immer sagen, wenn sie vom abgelieferten Beitrag die Hälfte gestrichen haben. Also durchaus zum Wohle des Lesers: »Noch mehr Dichte zum gleichen Preis«, könnte der Verleger auf den Umschlag schreiben und dem Leser überlassen, ob er darunter die Masse der Raumeinheit meines Stoffes meint oder das neudeutsche Wort für Dichtkunst. Wobei natürlich offen bleibt, ob mir das gelingt — wie jeder anzweifeln wird, der je meine stundenlangen Abschweifungen bei der kleinsten Frage ertragen musste.
Bliebe die Frage: Will das überhaupt jemand wissen? Interessiert sich noch jemand für diesen zweiten Teil? Aber die ziehe ich gleich wieder zurück, denn sie ist zu gefährlich. Womöglich stellt sich heraus, dass ich mit meinem Anliegen wieder mal völlig allein bin... kenne ich vom Sex.
Viel wichtiger ist hingegen eine andere: Haben Sie Feuersteins Reisen gelesen? Denn damit das von vornherein klar ist: Der zweite Teil ohne den ersten ist sinnlos und erzeugt nur Verwirrung — damit schaden wir uns gegenseitig. Und damit es in diesem Punkt kein Missverständnis gibt, teile ich Ihnen in aller Form schriftlich — und damit rechtsverbindlich — mit: DAS WEITERLESEN IST NUR PERSONEN GESTATTET, DIE AUCH FEUERSTEINS REISEN KENNEN. Das kann ich so anordnen, denn dieses Buch ist mein Eigentum; der Kauf ist nur so eine Art Miete, er berechtigt Sie lediglich zum physischen Besitz.
Nun können Sie natürlich sagen: »Leck mich am Arsch, Feuerstein!« und meine Verfügung ignorieren, so ähnlich wie am Baggersee, wo BADEN VERBOTEN steht. Sie spüren vielleicht einen gewissen prickelnden Reiz, wenn Sie es trotzdem tun. Aber wenn Sie dabei ertrinken, lächelt die Umwelt nur schadenfroh, und in der Zeitung steht am nächsten Tag »Selber schuld«. Deshalb sollten Sie auf mich hören, bevor es zu spät ist. Ich meine es ja nur gut.
So, und jetzt fange ich an. Diese Ausrede hinterlege ich versiegelt beim Notar, mit der Anweisung, sie ohne Möglichkeit meiner Korrektur direkt dem Verleger zu übergeben, sobald der Rest fertig ist, als Protokoll eines Experiments: Was kommt raus, wenn man mit der Last des Widerwillens an eine Sache herangeht, die man sich im Überschwang eingebrockt hat; was entsteht, wenn man mit Ekelmiene, gespreizten Zehen und hängenden Schultern am Schreibtisch sitzt, wie Wolpers jeden Morgen beim Frühstück vor dem Dreh.
Ich bin jetzt richtig aufgeregt, mit Herzklopfen und so. Wahrscheinlich steigt auch der Blutdruck, und ich werde gleich nachmessen (ich habe ein elektronisches Tischgerät, das den Vorteil hat, hintereinander die verschiedensten Werte anzuzeigen... man kann sich dann den niedrigsten aussuchen). Und damit sind wir wieder beim Thema: Ob ich schon tot bin, wenn es bei Ihnen JETZT ist?
Wenn ja, haben Sie nichts verpasst. Denn dann gibt es das Buch gar nicht, und Sie haben das alles nicht gelesen. Außer Dolly Buster schreibt es für mich.
SIEBEN REISETIPPS
l.
Glauben Sie kein Wort, wenn einer behauptet, er kenne die schönsten Ecken der Welt. Der Typ ist eindeutig ein Aufschneider — denn die Welt ist rund und hat gar keine Ecken.
2 .
Sie sind ein Single mit wenig Geld, aber großer Sehnsucht nach neuen Begegnungen, enger Berührung und liebkosenden Händen? Dann kaufen Sie sich das billigste Ticket
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