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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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ziemlich alles reinstopfen. Und da das Auge bei mir nicht mitisst, weil ich bei Tisch sowieso lieber Zeitung lese, habe ich auch mit dem Aussehen der Speisen kein Problem. Durch Selbstgekochtes bin ich ohnehin das Schlimmste gewöhnt.
    Wolpers hingegen, so gestand er mir selber, wurde von seiner Mutter mit sterilem Vogelfutter aufgezogen, was erstaunlich ist, da er in Körperform und Verhalten eher einem Insekt gleicht. In der Schulzeit bekam er allmählich Zugang zu Pizza und Pommes, doch erst nach seinem Abitur hatte er seine erste Begegnung mit menschlicher Nahrung, mit der er sich aber bis heute nicht anfreunden konnte — ein böses Problem auf unseren Reisen, da gemeinsames Essen nicht nur die wichtigste, sondern auch die versöhnlichste Kommunikation zwischen fremden Kulturen darstellt. Aber was immer uns angeboten wurde, lehnte Wolpers rigoros ab. Oft schien er tagelang nichts zu essen, aber bei meinen regelmäßigen Razzien in seinem Hotelzimmer entdeckte ich immer wieder schmierige Pizzareste, und unter dem Mikroskop finden sich auch heute auf seinen Abrechnungen Hamburgerspuren, weiß der Teufel, wo er das Zeug immer herkriegte. Stets gab es Ärger mit Wolpers, wenn wir irgendwo zu Gast waren. Hartnäckig verweigerte er jeden Bissen und machte sich dadurch noch unbeliebter, als er es ohnehin schon durch sein Erscheinungsbild war. Aufkeimende Empörung der Gastgeber konnte ich nur durch Lügen beschwichtigen, wie zum Beispiel, dass er ein religiöser Fanatiker sei, der gerade ein Fastengelübde abgelegt habe, damit er nicht ständig an Sex denken müsse, oder ein Drogenkurier, dessen Gedärme gerade mit Koks-Kondomen gefüllt wären, oder überhaupt kein Mensch, sondern eine seltene Hunderasse. Wobei das Letztere eigentlich gar keine Lüge ist.
    Während Wolpers hinter den Büschen würgte, holten wir brutzelnde Schweinebrocken aus dem Inneren der Erde. Im Verhältnis dazu, wie Lap-Lap aussah, schmeckte es gar nicht so schlecht. Ob man auch Menschen so zubereitete?
    »Nein, die waren dafür nicht fett und saftig genug«, kam die Übersetzung. »Die röstete man auf dem Scheiterhaufen.« Der berüchtigte Kannibalenkochtopf, so erfuhr ich bei dieser Gelegenheit außerdem, ist reine Legende.
    Wie es sich für gute Gäste gehört, ließen wir genug Lap-Lap übrig, damit auch die Frauen und Kinder satt werden konnten. Dann begaben wir uns zum Makanal, zum Herrenkränzchen am großen Tanzplatz. Aber die Unterhaltung kan nur stockend in Gang. Durch die vielen Zwischenübersetzer wurde sie doch recht mühselig. Erschwerend kam hinzu, dass man nach örtlicher Sitte den Bigman nicht direkt ansprechen durfte, sondern nur über den Umweg seines Sprechers, der als Wächter vor der Chefhütte saß. Nach jeder übersetzten Frage wetzte er rein, und nach einer Weile kam er mit der Antwort wieder raus... eine recht umständliche Prozedur, die mich stark an die Ausländerbehörde in Frankfurt erinnerte, als ich noch Österreicher war und regelmäßig meine Aufenthaltserlaubnis verlängern musste. Es war daher sehr erlösend, als jemand auf das halb im Boden vergrabene Tamtam einzuschlagen begann, die große Tanztrommel, Ankündigung und Einladung zum Festtanz der Kleinen Nambas.
    Da machte ich einen schweren Fehler. Ich fragte nämlich voller Unschuld, ob ich mittanzen dürfe.
    Sofort lief der Sprecher-Wächter zum Boss, und sofort war er wieder da. Er verkündete strahlend: »Ja.«
    Munter wollte ich mich in die Formation einreihen, die sich der Größe nach gebildet hatte, als dritter von links zwischen dem Zwölf- und dem Vierzehnjährigen. Aber der Bigman persönlich trat dazwischen: »Tabu!«
    Nach längerem Übersetzer-Palawer erklärte mir Ralph das Problem: Die Erlaubnis, beim Geistertanz der Männer mitmachen zu dürfen, sei eine große Ehre und dürfe auf keinen Fall ausgeschlagen werden. Es wäre aber der Wille der Geister, dass nur Nambas daran teilnehmen; also müsse ich meine westliche Kleidung ablegen und gegen den Palmenwickel tauschen. Den Penisköcher.
    »Ausziehen! Ausziehen!«, begann der blöde Wolpers sofort zu schreien, und da Blödheit ansteckend ist, stimmte auch Stephan ein: »Ausziehen! Ausziehen!«
    Nun bin ich in dieser Hinsicht nicht prüde und würde mich ohne zu zögern nackt vor die Kamera stellen, wenn es denn der Kunst dient — für den >Playboy< habe ich so was allerdings immer strikt abgelehnt. Und aus Jux, zur Belustigung von Wolpers, damit er dann im Schnitt damit Unfug treiben oder

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