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Feuersturm: Roman (German Edition)

Feuersturm: Roman (German Edition)

Titel: Feuersturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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erschütternd, ganz gleich, wie oft sie aus dem kühlen Schatten der Hauptwache hinaus in den strahlenden Sonnenschein auf der Straße trat.
    Anya trödelte, während sie ihren Dart vom Parkplatz holte. Sie nahm sich Zeit, fuhr gemächlich durch das Uferviertel, in der Absicht, die I-75 zu nehmen. Auf dem Weg nach Norden zum gerichtsmedizinischen Institut hoffte sie inständig, der Verkehr würde sie aufhalten und ihren Besuch ein wenig hinauszögern.
    Die glänzenden Säulen des GM Renaissance Center reckten sich hinauf in einen klaren, blauen Himmel und bildeten einen scharfen Gegensatz zu einigen der älteren Gebäude im Innenstadtbereich von Detroit. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte Detroit wegen seiner überwältigenden Baukunst als das »Paris des Westens« gegolten. Die Große Depression hatte dem Bauboom ein Ende gesetzt. Seither war die gesamte Bautätigkeit ins Stocken geraten, hatte immer wieder aufgelebt, schien aber schließlich vollständig ausgebrannt zu sein.
    Das gerichtsmedizinische Institut von Wayne County war gerade einen bequemen Steinwurf vom Detroit Receiving Hospital und dem VA Medical Center entfernt. Der Gehweg wurde von Bäumen gesäumt, die das nichtssagende Ziegelgemäuer vor neugierigen Blicken von der Straße abschirmten.
    Anya steuerte den Dart auf den Parkplatz. Dann verharrte sie hinter dem Lenkrad und starrte das Gebäude an. Es gab bestimmte Orte, die kein Medium gern aufsuchte: Krankenhäuser, Beerdigungsinstitute, Friedhöfe … einfach alle Orte, an denen die Toten zusammenkamen. Jüngst Verstorbene waren oft verwirrt und wütend. Diejenigen, die schon vor längerer Zeit gestorben waren und sich entschlossen hatten, in der physischen Welt herumzuhängen, neigten dazu, manipulativ und bösartig aufzutreten. Viele Medien weigerten sich daher, auch nur einen Fuß in eine derart chaotische Umgebung zu setzen. Mochten solche Orte gewöhnlichen Leuten auch still und friedlich erscheinen, stellten sie für ein Medium fast das Äquivalent zu einem Gang durch ein Irrenhaus nach dem Löschen der Lichter dar.
    Zischend sog Anya die Luft zwischen den Zähnen hindurch, ehe sie die Wagentür öffnete und argwöhnisch auf die Glastür des gerichtsmedizinischen Instituts zuging. Der Salamanderreif an ihrem Hals erzitterte, drehte sich, und dann glitt Sparky über ihren Rücken hinab und um ihre Füße.
    »Benimm dich«, warnte sie ihn.
    Sparky blinzelte zu ihr hinauf, ehe er durch die durch einen Bewegungsmelder gesteuerte Tür trottete. Die Tatsache, dass die Tür seine Anwesenheit registrierte und öffnete, entlockte ihm ein entzücktes Quieken. Er kam zurück, schlich hinter Anya und öffnete die Tür noch weitere dreimal, ehe er sich an ihre Fersen hängte.
    Anya senkte den Kopf, rammte die Hände in die Taschen und ging forschen Schrittes die in kühlem Grün gefliesten Korridore hinunter. Ihre Absätze hallten laut auf dem Boden. Es stank nach Desinfektions- und irgendeinem Konservierungsmittel, das verdächtig nach italienischer Wurst roch. Sie bemühte sich, den Geist einer alten Frau in einem Hausmantel zu ignorieren, der schreiend vor einem Verkaufsautomaten stand. Sie wandte sich von der durchsichtigen Erscheinung eines Teenagers ab, der auf dem Flur saß und sich die Handgelenke aufschnitt. Das Mädchen sah verwirrt aus, als kein Blut aus der Wunde quoll. Ein Unfallopfer trug noch immer seinen Sicherheitsgurt, als es durch die Mauer schwebte, ohne seiner Umgebung Beachtung zu schenken. Sparky schaute sich neugierig um und schnappte nach jedem Geist, der in seine Reichweite kam.
    Doch diese Geister waren nicht ihr Problem. Anya wusste nicht, was sie über das Jenseits denken sollte. Sie hoffte inbrünstig, dass diese Leute irgendwann irgendwohin gehen würden, dass irgendein gnädiger Engel ihre verwirrten Seelen einfing und sie zu irgendeinem strahlenden, prächtigen Ort führte.
    Allein, sie glaubte nicht daran.
    »Nein … lass mich in Ruhe.«
    Eine schwache weibliche Stimme drang unter einer Tür hindurch und erregte Anyas Aufmerksamkeit. Sparky drehte sich knurrend um. Anya hielt inne und beugte sich zu der Edelstahltür des Kühlraums vor. Eine andere, tiefere Stimme überlagerte die schwache, weibliche.
    »Niemand kann dich schreien hören, Mädchen.«
    Anya riss an dem Riegel der Kühlraumtür und tastete auf der Innenseite nach einem Lichtschalter.
    Der Kühlraum war voll. Flackerndes Neonlicht beleuchtete Leichensäcke, die sich an Ort und Stelle in offenen

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