Feuersturm: Roman (German Edition)
überzogen wie das Innere einer Druse. Der Salamander lag mitten in der Wanne, zusammengerollt um etwas, das aussah wie ein Haufen Murmeln. Müde blickte er zu ihr empor und trillerte.
Anya ging neben der Wanne in die Knie und streckte die Hand aus, um ihn zu streicheln. »Was ist passiert? Geht’s dir gut?«
Der Salamander leckte ihr Handgelenk und ließ den Kopf wieder auf die Murmeln sinken. Anya streichelte seine Körperseite. Die Haut über seinen Rippen fühlte sich schlabbrig an.
Vorsichtig ergriff sie eine der Murmeln. Sie erinnerte an die gläsernen Katzenaugenkugeln, mit denen sie als Kind gespielt hatte. Aber sie war warm und rau wie die Oberfläche eines Steins. Anya hielt sie ins Licht der Badezimmerlampe und sah, wie es durch die geriffelte Oberfläche drang.
Beinahe hätte sie die kleine Kugel fallen lassen, als sie darin einen winzigen Salamander entdeckte, zusammengerollt zu einer fötalen Haltung.
»Oh, Sparky, was hast du getan?«
KAPITEL ACHT
»Du sagst, ein Salamander hat in deiner Badewanne Eier gelegt?« Ciro legte seine Gabel beiseite.
Anya saß auf ihrer Couch und rieb sich die Stirn. Katie tätschelte ihr die Schulter und reichte ihr ein Stück Kuchen auf einem Pappteller. Auf dem Sofatisch stand ein Blechkuchen, auf dem der Schriftzug »Herzlichen Glückwunsch, Anya und Sparky« über dem Zuckergussbild eines Storches prangte. Die Küchenhexe hatte einen schrägen Sinn für Humor, aber wenigstens war es Schokoladenkuchen.
»Ja, genau das hab ich gesagt«, entgegnete Anya.
Ciros Augen leuchteten vor Aufregung.
Ein Heulen hallte über die Fliesen im Badezimmer, und eine Tür krachte ins Schloss. Brian schlurfte verschlafen über den Korridor und hatte eine Videokamera in der Hand. »Hast du gewusst, dass dein Salamander Türen zuschlagen kann?«
»Das hat er bisher noch nie getan«, sagte Katie mit einem Mund voller Kuchen.
»Das ist nicht überraschend«, meinte Ciro. »Er ist wahrscheinlich vollgepumpt mit Hormonen und besitzt darum auch verbesserte Fähigkeiten.«
»Hör auf, ihn zu belästigen«, blaffte Anya. Sie fühlte sich schuldig, weil sie den armen Salamander hatte niederkommen lassen. Ganz allein. In einer Badewanne. Sie drehte sich zu Ciro um. »Ich, äh, ich dachte, Sparky wäre ein Junge. Ich meine … ich hab nie wirklich nachgesehen. Wie zum Teufel konnte das überhaupt passieren? Gibt’s denn irgendwo eine Mrs Sparky?« Fragen über Fragen. Sie war froh, dass Katie Ciro hergebracht hatte, und noch erfreuter war sie, dass Katie klug genug gewesen war, Jules nicht mitzubringen. Jules hätte vermutlich versucht, den Nachwuchs zu ermorden.
Ein Bröckchen Zuckerguss klebte an Ciros Bart. »Für Elementargeister ist das Geschlecht bedeutungslos. Du hast ihm irgendwann einmal ein Geschlecht zugewiesen, und er hat sich nicht dagegen gewehrt.«
»Das ist gewissermaßen wie bei den Engeln«, sagte Katie. »Gabriel wird mal als männlich und mal als weiblich dargestellt, aber er/sie/es ist eine geschlechtslose Macht. Das Geschlecht ist nur eine Illusion, die es uns gestattet, leichter eine Beziehung zu ihnen aufzubauen und mit ihnen umzugehen.«
Anyas Blick traf auf Brians, und sie errötete. »Also, wo kommen die Eier her? Ich habe hier keine anderen Salamander herumkriechen sehen.«
»Parthenogenese.« Ciro leckte seine Gabel ab. »Das ist in der Natur recht verbreitet. Manche Arten von Bienen, Haien und Echsen reproduzieren sich eingeschlechtlich, wenn kein passender Partner greifbar ist. Komodowarane auch. Unter den Schienenechsen gibt es mehrere Arten, die sich ausschließlich parthogenetisch reproduzieren. Es muss dafür nur die biologische Notwendigkeit der Reproduktion mit einem Mangel an Partnern des anderen Geschlechts zusammentreffen.«
»Dann ist das die normale Reproduktionsweise eines Salamanders?«
Katie schnitt ein weiteres Stück Kuchen ab. »Den Legenden zufolge reproduzieren sich Salamander einmal alle hundert Jahre, und das tun sie, wenn sie der Ansicht sind, dass sie einen passenden Beschützer gefunden haben. Es gibt Gerüchte, dass das Feuer, in dem Johanna von Orleans verbrannt ist, Hunderte von Salamandern ausgebrütet haben soll.«
Ciro wischte sich die Hände an einer Serviette ab. »Das wusste ich noch nicht.«
»Ich glaube, das ist ein Crowleyismus.«
»Ah. Das erklärt einiges. Crowley hatte einen Haufen Scheiße im Kopf.« Ciro wedelte mit dem Finger vor Katies Gesicht. »Glaube niemals etwas, das er gesagt hat, ohne eine
Weitere Kostenlose Bücher