Feuersturm: Roman (German Edition)
dieses Nest war noch mehr Aufhebens gemacht worden, als sie erwartet hatte. Auf dem kristallinen Belag in der Badewanne lagen die mit grünen Geckos verzierte Matratze und die Nestchen, über den Eiern war der Gore-Tex-Schlafsack ausgebreitet worden. Der grüne Plüschdrache thronte als Elternersatz mit dem Hintern auf der Seifenschale. Sparky hatte es Anya gestattet, die Eier in der Wanne zu bewegen: Einundfünfzig Salamanderbabys warteten darauf, zur Welt zu kommen. Bei dem Gedanken kniff Anya die Augen zu und rieb sich die Schläfen.
Da sie nicht wusste, wann der große Moment stattfand, hatte sie den Stöpsel in den Abfluss gerammt und den Zulauf mit Klebeband verschlossen. Zuvor hatte sich in ihrem Kopf ein neurotischer Albtraum abgespielt, in dem die frisch geschlüpften Salamanderbabys durch den Abfluss flutschten oder am Duschkopf hingen. Sparkys Mobile klimperte leise. Es schaltete sich in unregelmäßigen Abständen ein und aus, aber da es mit Batterien betrieben wurde, nahm Anya an, dass die Brandgefahr ziemlich gering war.
Sie kniete sich vor die Wanne, um die Anzeige des Gummienten-Thermometers abzulesen. Das Gerät war darauf ausgelegt, Alarm zu schlagen, falls es im Nest wärmer oder kälter war als in Badewasser. Als sie es nun unter Sparky hervorzog, zeigte es 31,4 Grad an. Sie hoffte, diese Temperatur mit Hilfe der Reptilien-Wärmekissen aufrechterhalten zu können, wenn sie Sparky mit zur Arbeit nahm.
Anya musterte Sparky, der zusammengerollt im Nest lag, und schluckte. Sie wusste, das Wesen würde ihr folgen, wo immer sie hinging – er war an den Reif gebunden, aber sie mochte ihn nur ungern eine gewisse Zeit von seinem Nest fernhalten. Sparkys natürliche Neigung war es von jeher gewesen, ihr zu folgen, aber …
… vielleicht konnte sie ihn ja doch eine Weile hier zurücklassen. Bilder ihres bis auf die Grundmauern abgebrannten Hauses zogen vor ihrem inneren Auge vorüber. Sie hatte Sparky noch nie allein gelassen. Welche furchtbaren Dinge würden in ihrer Abwesenheit wohl geschehen?
»Hübscher Arsch.«
Anya drehte sich zu dem Videoüberwachungsgerät um, das auf dem Tisch stand. Brians Stimme drang aus dem Lautsprecher, begleitet von einem blechernen Echo. Ihre Kehrseite war der Webcam zugewandt, und sie stellte fest, dass sie Brian einen wenig schmeichelhaften Anblick dargeboten hatte. »Es funktioniert also?«
»Komm raus und sieh selbst.«
Anya tätschelte Sparkys Kopf und verließ das Badezimmer. Er hatte niemandem außer Anya gestattet, den Raum zu betreten, und Anya hatte keine Ahnung, wie ihre provisorische Salamanderkrippe auf andere wirken mochte. Als Brian die Eier mit dem Haartrockner auf Temperatur gehalten hatte, hatte er, wie er ihr erzählt hatte, nichts außer dem Kristallbelag im Inneren der Badewanne gesehen. Ehe Katie Ciro nach Hause gebracht hatte, hatten sie es geschafft, einen Blick zur Tür hineinzuwerfen, während Sparky zu seinem Nest zurückgekehrt war. Beide hatten ebenfalls nichts gesehen. Anya war erleichtert, dass die kleinen Salamander die Unsichtbarkeit ihres Vaters geerbt hatten.
Im Wohnzimmer hatte Brian die Rückseite der anderen Hälfte der Überwachungsanlage geöffnet. Drähte baumelten aus dem Gehäuse heraus und verbanden es mit einem Laptop, einem Router und einem weiteren tragbaren Gerät. Brian krümmte den Finger, um Anya zu sich auf die Couch zu locken. Dann schaltete er den Monitor ein, auf dem sogleich ein Bild der Badewanne erschien.
Anya erkannte mit Schrecken, dass die Videoanlage nichts aufzeichnete. Auf dem Bildschirm war nur so etwas wie ein Schlafsack und etwas Babyausstattung zu sehen, die wie an einem Waschtag in die Badewanne befördert worden waren.
»Danke, dass du es versucht hast, Brian«, sagte sie. »Aber ich hab nicht erwartet, dass … Oh.«
Plötzlich schaltete der Monitor zu einem rot-gelb-blauen Bild um. Anya erkannte die Umrisse der Badewanne und einen roten Salamander, der über Dutzenden orangefarbenen Punkten kauerte, die glühten wie Kohlen.
»Ich hab die Videoanlage modifiziert, sodass sie nun die Daten einer Wärmebildkamera verarbeiten kann.« Brian grinste. »Jetzt kannst du genau sehen, wo die Racker sind.«
»Das ist toll«, sagte Anya. »Gibt es eine Möglichkeit, die Übertragung online zu stellen, damit ich sie mir auch von der Arbeit aus ansehen kann? Wie bei einer Überwachungskamera?« Sie war überzeugt, dass es tonnenweise paranoide Eltern gab, die Geld in so eine Technik investiert hatten.
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