Feuersturm: Roman (German Edition)
Vielleicht konnte sie die Salamander auch aus der Ferne im Auge behalten.
»Ich hab was Besseres für dich.« Brian brachte ein schwarz glänzendes iPhone zum Vorschein, betätigte ein paar Tasten und gab es ihr. »Ich hab die Sprachsteuerung aktiviert. Nenn einfach den Namen deines Vertrauten.«
Anya beugte sich vor und sagte: »Äh … Sparky anrufen.«
Das glänzend-schwarze Display erwachte zum Leben. Auf dem winzigen Bildschirm flackerte das Wärmebild des Salamanders in seinem Nest auf. Außerdem konnte Anya das Echo von Sparkys Geschnarche über den Lautsprecher hören.
»Oh, wow«, hauchte sie. »Kann ich das mitnehmen?«
»Du kannst es überall dort benutzen, wo es ein 3G-Signal gibt, also dürftest du sie von jedem Platz in Detroit und Umgebung sehen können. Das Signal könnte gestört werden, wenn du an einem Ort bist, der von Stahlbetonwänden umgeben oder unterirdisch ist. Und der Akku hält nur ungefähr fünf Stunden, du musst also häufig nachladen. Und vergiss nicht, den Akku regelmäßig auszutauschen.«
Anya schlang die Arme um Brians Hals. »Du bist der beste böse Geist auf dem ganzen Planeten.«
»Darum bekomme ich auch einen Haufen Kohle. Und erst die heißen Bräute«, murmelte er an ihrem Hals.
Anya konnte nicht schlafen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Auf dem Nachttischchen neben dem Bett konnte sie das Wärmebild beobachten, das Sparky zusammengerollt auf seinen Eiern zeigte. Das Porträt von Ischtar schien sich über die Schulter zu dem Monitor umzuschauen. Rotes Licht spiegelte sich in dem mineralischen Glimmer der Farbe.
Sie fürchtete sich vor dem nächsten Tag und der Entscheidung, den Salamander allein im Haus zu lassen. Tief im Inneren wusste sie, dass Sparky bei seinem Gelege bleiben musste. Aber bei dem Gedanken, den Reif abzunehmen und ihn zurückzulassen, überkamen sie dunkle Vorahnungen.
Gestern Nacht hat es dir auch nichts ausgemacht, den Reif abzulegen, schien Ischtar ihr vorzuhalten.
Anya drückte das Kissen, das nach Brian roch, an ihre Brust. Sie fühlte sich zugleich schuldig und euphorisch. Aber es schien, als könnte sie nur dann einen Teil ihrer Seele entblößen, wenn sie einen anderen missachtete. Und wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie zugeben, dass ihr schon das unschuldige Gefühl der Freude Gewissensbisse bereitete. Sie verdiente so etwas nicht. Und in all dem Wirrwarr leuchtete plötzlich ein Funke der Angst auf: der Angst vor Verlust, der Angst, alles zu verlieren, so wie sie als Kind alles verloren hatte.
Anya stand auf und riss Kissen und Decke vom Bett. Die Decke wie ein Cape über die Schulter geschlungen, ging sie durch den Korridor zum Badezimmer. Sparky lag, kugelförmig zusammengerollt, sodass sein Schwanz seine Kiemenwedel kitzelte, im Lichtschein eines Nachtlichts in Form einer gelben Ente.
Als Anya Kissen und Decke auf dem Boden zurechtlegte, schlug er ein Auge auf. Momentan kam er ihr hinreißend friedlich vor, aber sie fragte sich dennoch, was wohl geschehen würde, falls … wenn … sie ihn allein ließ. Würde er sich irgendwann langweilen und die Schutzschalter annagen?
Sorge und Furcht verfolgten sie, bis sie endlich wegdöste. Die Decke erglühte unter dem bernsteinfarbenen Lichtschein, der von Sparkys Körper und dem ungleichmäßig pulsierenden Licht der Eier selbst ausging. Anya fragte sich, ob dieses pulsierende Licht von dem Herzschlag der kleinen Molche stammte, die in ihren kugelrunden Gefängnissen zappelten. Es war ein bisschen wie damals, als sie neben dem Christbaum auf dem Boden eingeschlafen war – als wartete sie mit Sparky an ihrer Seite nur darauf, dass das Haus niederbrannte.
KAPITEL NEUN
Als Anyas Telefon klingelte, dachte sie zuerst, das Thermometer in der Badewanne würde Alarm schlagen. Panisch schoss sie hoch und kämpfte fluchend mit der Decke, die sich um ihre Ellbogen gewickelt hatte.
Sie beugte sich über die Wanne, und die fröhliche Ente verkündete, dass die Temperatur im Nest knapp über dreißig Grad lag. Sparky hob den Kopf und blinzelte ihr verärgert entgegen.
Das Telefon klingelte immer noch. Anya befreite sich aus dem Griff der Decke und stolperte über den Korridor in die Küche.
»Kalinczyk«, murmelte sie, als sie das Gespräch annahm.
»Raus aus den Federn!«, forderte eine donnernde Stimme. Es war Marsh. Himmel! Sie warf einen Blick auf die Küchenuhr. Bis zum Arbeitsbeginn blieben noch drei Stunden Zeit.
»Mit allem gebotenen Respekt, Captain … was zum
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