Feuersturm: Roman (German Edition)
Dinger, um ihren Nachwuchs in der Gegend rumzuschleppen.« Sie spreizte Hände und Finger wie eine Jazztänzerin und wackelte mit den Fingerspitzen. »Guck, Mami, ganz ohne Hände!«
»Ich verstehe kein Wort.«
Katie verdrehte die Augen. »Du legst die Eier da rein und nimmst sie mit. Schau, ich hab ein paar Änderungen vorgenommen.« Katie nahm den Stoff wieder zur Hand, und er öffnete sich wie eine Tasche. »Ich hab einen Reißverschluss eingesetzt, damit die Eier nicht rausrollen können. Außerdem hab ich den Stoff mit einem wärmereflektierenden Gewebe gefüttert. Wenn du das Tuch so am Körper trägst, dürften du und Sparky keine Probleme haben, die Eier warmzuhalten. Falls doch, steckst du einfach diese Taschenwärmer aus dem Campingladen mit rein.« Katie blickte verlegen auf. »Ich hatte vor, eine Babyparty für dich zu schmeißen, und das sollte das wichtigste Geschenk werden. Aber wie es scheint, brauchst du es schon jetzt.«
Anya kniff sich in die Nasenwurzel. »Wahrscheinlich werde jetzt dauernd an die Zeit erinnert, als ich in der Highschool einen Sack Mehl mit mir rumschleppen musste. Die Lehrer haben gesagt, wir sollten ihn wie ein Baby behandeln.«
»Wie hast du dich geschlagen?«
»Nicht gut. Das Ding ist andauernd aufgeplatzt und ich hab es immer wieder mit Klebeband geflickt. Als ich ihn wieder abgegeben habe, war der Sack nichts weiter als ein Klebstreifenknäuel von der Größe eines Softballs, in dem gerade noch eine Hand voll Mehl übrig war. Hat mir ein ›D‹ eingebracht.«
»Wieso bist du nicht durchgefallen?«
»Der Lehrer war beeindruckt davon, dass ich immer wieder versucht habe, das Ding zu reparieren. Er hat gesagt, ich wäre zwar nachlässig genug, das Kind vom Dach fallen zu lassen, wäre aber andererseits umsichtig genug, Erste Hilfe zu leisten und Neun-eins-eins zu rufen, wenn das Unglück eingetreten ist.«
Katie grinste und legte Anya die Stoffschlinge über die Schulter. »Fröhliche Mutterschaft.«
Wehe dem Geist, der es wagte, ihr heute auf die Nerven zu fallen.
Anya stieg aus dem Dart und stolzierte mit aller Zuversicht, die sie zusammenraffen konnte, zum gerichtsmedizinischen Institut des Bezirks. Katies Button-Down-Bluse passte recht gut, war aber immer noch ein wenig zu weit für Anya. Aber Katie war knapp dreizehn Zentimeter kleiner, womit ihre Hosen an Anya gerade noch als Caprihosen durchgingen. Das neumodische Tragetuch klemmte unter ihrer linken Brust, und sein Inhalt schlug bei jedem Schritt gegen ihre Rippen. Sie trug zwar eine Jacke über dem Babyrucksack, doch es sah immer noch so aus, als würden ihre Möpse unter ihr Kinn gedrückt. Sparky thronte wie ein Papagei auf ihrer Schulter, den Schwanz um den Salamanderreif gewickelt, während er durch den Vorhang ihrer dunklen Haare lugte. Mit dem Böser-Blick-Armband, der Waffe in ihrem Hüfthalfter und den drachenblutroten Lippen war Anya für alles bereit.
Der schlechte Ruf, den sie sich durch den Geist verdient hatte, der den Geist des Mädchens in dem Kühlraum angegriffen hatte, schien ihr vorausgeeilt zu sein. Oder Katies Magie wirkte. Was es auch war, Anya hörte wieder und wieder das hastige Trippeln nebelhafter Subjekte, die sich von ihr entfernten, während sie die grünen Korridore der Gerichtsmedizin hinunterging. Es war ein wenig, als würde man um zwei Uhr Morgens in einer Küche voller Kakerlaken das Licht einschalten. Sie flüchteten in die Dunkelheit, in der sie warteten und mit zuckenden Antennen die Umgebung überwachten. Anya konnte ihre Blicke auf sich ruhen fühlen, reagierte aber nicht. Sie umrundete die Ecke zum Hauptuntersuchungssaal, ohne auch nur das Kichern eines Geistes zu vernehmen.
Niemand wollte sich mit Salamandermama anlegen.
»Lieutenant Kalinczyk.« Gina wusch sich gerade die Hände in einem Edelstahlbecken. Anya war erstaunt, dass sie groß genug war, um den Wasserhahn zu erreichen. Sie blickte sich zu Anya um. »Nette Handtasche.«
»Danke. Meine Freundin hat sie für mich gemacht.« Anya verschränkte die Arme vor der Brust. Aus dem Augenwinkel erblickte sie einen Geist, der sich von der bäuchlings auf dem Untersuchungstisch liegenden Gestalt eines toten, älteren Herrn aus umschaute. Als sie sich umdrehte, zog sich der Geist hastig in den Leichnam zurück. Anyas Augen wurden schmaler. Gut so, dachte sie. Bleib da.
»Der Lippenstift gefällt mir auch. Welche Farbe ist das? Hurenscharlach?«
»Gina …« Anya seufzte.
»Was? Ich dachte, Sie haben vielleicht
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