Feuersturm: Roman (German Edition)
nein zu mir gesagt. Meine Mutter sagte, ich würde es nie zu etwas bringen. Mein Vater war nicht bei uns, und die Partner meiner Mutter schlugen mich. Meine Lehrer sagten, ich wäre dumm. Ich zog mit fünfzehn zu Hause aus. Ich arbeitete als Kellnerin, bis ich genug Geld zusammengekratzt hatte, um mein eigenes Geschäft aufzuziehen. Und ich habe geschworen, ich würde den Menschen helfen, ihre Träume wahr werden zu lassen. Ich habe geschworen, dafür zu sorgen, dass andere es leichter haben würden als ich.« Hopes Unterlippe bebte in überzeugender Weise.
Anya schnaubte verächtlich.
»Wenn ich über das hinauswachsen konnte, was widrige Umstände für mich bereithielten, dann können Sie das auch.« Hope lächelte und senkte erneut die Stimme, bis nur noch ein verschwörerisches Flüstern blieb: »Ich glaube an Sie.«
»Ich glaube, ich werde dir in den Arsch treten, Miststück«, beteuerte Anya.
Sparky lugte aus dem Wäschekorb und knurrte.
Anya wickelte sich in die Häkeldecke und döste wieder ein, nicht ohne am Rande wahrzunehmen, dass Katie früh aufstand und unter die Dusche ging. Auch hörte sie die Freundin auf Zehenspitzen den Flur hinunter und zur Tür hinausgehen. Als sie die Augen aufschlug, drang Sonnenlicht durch die Vorhänge bis zur Couch. Anya vernahm, wie in der Küche der Kaffee leise blubbernd in die Kanne rann, und sie roch das Aroma. Katie hatte das richtig gute Zeug, irgendwelche handgepflückten Edelbohnen aus Chile. Das war es wert, aufzustehen.
Anya wickelte sich die Häkeldecke um die Schultern, stand auf und ging in die Küche. Dort bediente sie sich. Sie war froh zu sehen, dass ihre Hände beim Einschenken nicht zitterten. Vern und Fay saßen auf der Arbeitsplatte und starrten die Kaffeekanne an, die immer noch blubbernde Laute von sich gab.
Katie hatte Anya eine Nachricht hinterlassen.
Bin nach der Bäckerei sehen und ein paar Besorgungen machen. Bin bald zurück.
K.
Anya verzog sich mit ihrem Kaffee wieder auf die Couch im Wohnzimmer. Sparky hob den Kopf und gähnte, als sie die Morgennachrichten einschaltete.
Hope Solomons etliche Jahre altes Verbrecherfoto, aufgenommen, als sie noch Christina Modin geheißen hatte, füllte den Hintergrund hinter dem Tisch der Nachrichtensprecher aus. Sparky fauchte das Bild an.
»Schon gut, Sparky«, murmelte Anya. »Das wird dir gefallen.«
Nick Sarvos, der Reporter, der sich mit spontaner menschlicher Selbstentzündung befasst hatte, hatte den Platz des Chefsprechers der Morgennachrichten eingenommen. Seine ganze Erscheinung mit dem säuberlich gebügelten grauen Anzug und der schwarzen Krawatte brüllte förmlich in die Welt hinaus: »Hey, ich bin ein seriöser Journalist und kein bekloppter UFO-Spinner!«
»… Channel 7 exklusiv. Channel 7 hat erfahren, dass Hope Solomon, die Leiterin der ortsansässigen gemeinnützigen Organisation mit dem Namen Wunder für die Massen zu einem früheren Zeitpunkt in Florida wegen diverser Vorwürfe im Zusammenhang mit Kreditbetrug inhaftiert war. Unter dem Namen Christina Modin hat es Hope Solomon zu zahlreichen Anklagen wegen Scheckbetrugs und räuberischer Erpressung gebracht.«
Die Kamera schwenkte zu einem weiteren Sprecher. » Wunder für die Massen hat dazu folgende Erklärung abgegeben: ›Hope bedauert die Fehler und Missverständnisse in ihrem früheren Leben aus tiefstem Herzen. Sie versichert allen Zuschauern, dass sie Buße getan und ihre Schuld gegenüber der Gesellschaft wiedergutgemacht hat. Dank der Güte eines wohlmeinenden Universums ist sie nun in der Lage, der Gesellschaft noch mehr zurückzugeben, indem sie Bedürftigen in Detroit und Umgebung neue Möglichkeiten eröffnet. Wir glauben, wir leben in einer Gesellschaft der zweiten Chancen. Hope, die selbst eine zweite Chance bekommen hat, möchte nun dafür sorgen, dass auch alle anderen ihre zweite Chance bekommen können.‹«
Anya zog vor Sparky eine Grimasse. Sparky legte seine Kiemenwedel an und schnaufte vernehmlich. Und wenn der Salamander schnaufte, hörte sich das höchst verächtlich an.
Die Kamera schwenkte wieder auf Sarvos. Sarvos hielt einige Papiere in der Hand. »Laut der Generalstaatsanwaltschaft von Florida haben mehr als zweihundert Hausbesitzer in Folge der Betrügereien von Christina Modin finanzielle Verluste hinnehmen müssen. Zu dem Zeitpunkt, als Strafanzeigen gegen Modin erstattet wurden, besaß sie keine Aktiva mehr, die beschlagnahmt und für Entschädigungszahlungen an die Opfer eingesetzt
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