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Feuertanz

Feuertanz

Titel: Feuertanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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hatten.«
    »Angelica Malmborg-Eriksson hatte also kein Verständnis für ihre Tochter?«
    »Genau. Sophie konnte einem Leid tun. Sie war begabt und nett, aber abweichend in ihrer Persönlichkeit. Der Einzige, der sie zu verstehen schien, war ihr Vater. Im Übrigen war sie sehr einsam. Aber sie kämpfte darum, sich einen Platz im Leben zu erobern, und ich glaube … nein, ich weiß, dass sie ihn im Ballett fand.«
     
    Kaum hatte Irene Majvor Granath für das Gespräch gedankt und aufgelegt, wurde die Tür zu ihrem Büro aufgerissen und ein junger Mann mit einer schwarzen Baseball-Mütze steckte den Kopf herein.
    »Sind Sie Irene Huss?«, fragte er rasch.
    »Sind Sie Frej?«, gab Irene zurück.
    Irene wusste sofort, wen sie vor sich hatte, denn die Ähnlichkeit zu seinem Vater war unübersehbar. Blonde Strähnen schauten unter der Mütze hervor. Frej hatte sich einen kleinen Bart stehen lassen, aber der war zu dünn, um zu verbergen, dass er dasselbe fliehende Kinn besaß wie Magnus Eriksson. Als er über die Schwelle trat, bedachte er Irene mit einem charmanten Lächeln. Das eine oder andere hatte er also auch von seiner Mutter mitbekommen. Er schüttelte ihr höflich die Hand und stellte sich vor, ehe er auf dem Besucherstuhl Platz nahm. Sein Händedruck war fest, und er schaute Irene in die Augen, ohne den Blick abzuwenden. Es hatte nicht den Anschein, als sei an der sozialen Kompetenz von Frej auch nur das Geringste auszusetzen. Er trug Jeans und eine dicke Daunenjacke mit einer Kapuze samt Pelzbesatz. Die Jacke war offen, und darunter trug er einen hellblauen Pullover mit Zopfmuster. Rasch stand er noch einmal auf und zog die Jacke aus. Noch ehe Irene etwas sagen konnte, meinte er: »Ich ziehe den Pullover auch noch aus. Er ist zu warm, um ihn in geschlossenen Räumen zu tragen. Wir haben den ganzen Tag draußen Aufnahmen gemacht.«
    Unter dem Pullover trug er ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift »U2 4ever«. Erstaunt stellte Irene fest, dass Frej durchtrainiert wirkte, um nicht zu sagen muskulös. Von der Schwammigkeit seines Vaters nicht die Spur.
    »Meine Tante hat den Pullover gestrickt. Ich finde ihn cool, aber kann ihn eigentlich nur im Freien tragen, wenn es kalt ist.«
    Er lächelte erneut freundlich, und Irene erwiderte das Lächeln und sagte: »Sehen Sie Ihre Tante oft?«
    »Ich besuche sie so im Schnitt einmal die Woche oder so.«
    »Hatte sie nicht einen Unfall …«
    Bewusst ließ Irene die Frage in der Luft hängen. Frej nickte.
    »Ja. Sie wurde von einem Betrunkenen angefahren. Sie haben ihn erwischt. Er hat Ingrid angefahren, als sie über die Straße zum Laden gehen wollte, und dann ist er an einen Laternenpfahl gefahren. Der Säufer hatte ungefähr zweieinhalb Promille im Blut und konnte nicht mal stehen, als die Bullen … ich meine, die Polizisten ihn aus dem Auto zogen.«
    »Wie schwer verletzt war Ihre Tante?«
    »Sie brach sich einen Arm und das Becken oder wie das heißt. Doch, das Becken. Sie war etwa eine Woche lang bewusstlos. Einen Schädelbruch erlitt sie auch noch, als sie auf dem Asphalt landete. Ein wahnsinniger Flug, sagen die, die es gesehen haben.«
    »Kann sie sprechen?«
    »Klar. Aber manchmal gibt es Aussetzer. Sie vergisst Dinge, ist deprimiert und fängt an zu weinen. So war sie früher nicht.«
    »Einer meiner Kollegen hat gehört, dass sie den Hof verkaufen will …«
    »Ja. Sie kommt dort nicht mehr allein zurecht. Im Haus kann sie noch kurze Strecken gehen mit so einem Ding auf Rollen, wie es alle alten Leute benutzen.«
    »Mit einem Rollator?«
    »Genau. Aber im Freien muss sie in einem Rollstuhl geschoben werden.«
    »Hat sie keine Tiere mehr?«
    »Nein.«
    »Hatte sie den Stall nicht vermietet?«
    »Doch. Aber die Reitschule hat einen eigenen Stall gebaut. Meine Tante fand es ganz angenehm, dass keine Leute mehr auf ihrem Hof herumliefen, und vermietete deswegen nicht mehr.«
    Irene war, was Frej betraf, positiv überrascht. Ihre Begegnung mit Sophie, auch wenn diese schon viele Jahre zurücklag, und dieses Gespräch mit ihrem Bruder wiesen nicht die geringste Ähnlichkeit auf. Frej wirkte offen und gesprächig, ganz so, wie man es bei der Polizei wünschte.
    »Wer kümmert sich jetzt um den Hof, wo sie das nicht mehr kann?«
    »Ich tue das.«
    »Ist das nicht umständlich? Von Änggården haben Sie einen recht weiten Weg nach Björkil, und das neben dem Studium?«
    »Das ist kein Problem. Ich habe ein Auto. Ich habe Ingrids übernommen.«
    »Das macht es

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