Feuertanz
bis die Kate abgebrannt war, gewohnt. Was hatten diese vier Jahre für die Familie bedeutet?
Sophie hatte Schule und Freundeskreis wechseln müssen. Frej war noch klein gewesen. Vielleicht hatte der Umzug für ihn keine größeren Veränderungen mit sich gebracht. Angelica und Sophie hatten einen bedeutend weiteren Weg gehabt, wenn sie zum Ballett wollten. Von Linnéstaden aus hatten sie mit der Straßenbahn höchstens eine Viertelstunde gebraucht. Von Björkil nach Högsbo und zum Haus des Tanzes waren es mit dem Auto mindestens fünfundzwanzig Kilometer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauerte es noch länger.
In diesen vier Jahren hatten sich die finanziellen Verhältnisse der Familie kontinuierlich verschlechtert. Vielleicht hatte Magnus Eriksson auch das wenige Geld verspielt, das hereingekommen war. Sein Tod im Alter von zweiundvierzig Jahren war für Sophie und Angelica vielleicht eine Befreiung gewesen. Wer hatte am meisten davon profitiert?
Angelica. Es hatte ihr zwar kein Geld, aber ihre Freiheit eingebracht. Aber hätte sie nicht eher die Scheidung eingereicht, als ihren Ehemann ermordet? Außerdem hatte sie ein wasserdichtes Alibi für den Zeitpunkt des Brandes besessen. Zwischen 16 und 17 Uhr hatte sie eine Ballettstunde gegeben. Anschließend hatte Sophies Doppelstunde in klassischem Ballett stattgefunden. Diese war erst um 19.30 zu Ende gewesen. An dem Alibi war nicht zu rütteln.
Was hätte Sophie dazu veranlasst, ihren Stiefvater zu ermorden? Es gab keine bekannten Motive. Ein vorstellbares Motiv wäre gewesen, dass sie seinen Alkoholismus verabscheute oder dass er bedrohlich gewirkt und ihr Angst gemacht hatte. Missbrauch? Gut möglich. Es war höchste Zeit, dass sie sich mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Verbindung setzte.
Es dauerte lange, bis Irene die richtige Person in der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik am Apparat hatte. Schließlich erwischte sie eine Sekretärin, die ihr die Krankenakte von Sophie Malmborg heraussuchte und den Namen der Kinderpsychologin nachschaute, die Sophie behandelt hatte.
»Majvor Granath ist gerade dienstlich unterwegs, kommt aber wahrscheinlich jeden Moment zurück. Ich bitte sie, Sie anzurufen«, sagte die freundliche Sekretärin.
Die Wartezeit bis zum Rückruf nutzte Irene damit, das alte Ermittlungsmaterial ein weiteres Mal durchzusehen. Was ihr immer noch seltsam vorkam, war die lange Zeit, die vom Alarm Ingrid Hagbergs bis zu ihrem Eintreffen mit dem Jungen am Ort des Brandes verstrichen war. Außerdem war es merkwürdig, dass sie nicht versucht hatte, Angelica zu erreichen. Irene beschloss, Ingrid Hagberg einen Besuch abzustatten. Sie hoffte, dass es trotz ihrer Kopfverletzung möglich sein würde, sich mit ihr zu verständigen.
Majvor Granath rief gegen vier Uhr an. Sie klang, als habe sie nur wenig Zeit, und war anfänglich sehr kurz angebunden. Irene legte ihr geduldig dar, was Sophie zugestoßen war, und erklärte ihr, dass ein möglicher Zusammenhang mit den Ereignissen von vor fünfzehn Jahren bestand. Die Psychologin schwieg lange, ehe sie mit zitternder Stimme erwiderte: »Arme kleine Sophie.«
Sie klang erschüttert.
»Ja, es war ein schrecklicher Mord«, pflichtete ihr Irene bei.
»Ich spreche nicht nur von dem Mord. Ich spreche von Sophies Leben. Sie hat sich auf ihre Weise wirklich Mühe gegeben, aber das Schicksal war ihr nicht gewogen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Eigentlich dürfte ich das gar nicht sagen … Sie wissen schon, Schweigepflicht … aber wenn das, was ich über Sophie weiß, dazu beiträgt, diesen schrecklichen Mord aufzuklären, dann will ich es Ihnen erzählen. Natürlich nicht alles, aber zumindest einen Teil.«
»Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Sie war uns ein Rätsel.«
»Uns in der Tat auch. Sie ließ niemanden an sich heran, aber nach einer Weile lernte ich sie doch kennen. Sie kam fast vier Jahre lang regelmäßig zu uns. Anschließend wurde sie an die Klinik für Kinderneuropsychiatrie überwiesen und dort untersucht. Ich erhielt den Befund, sah sie aber nie wieder.«
»Erfuhren Sie, wie Sophie als kleines Kind war?«
»Man kann sagen, dass Sophie bereits als sehr kleines Kind verhaltensauffällig war. Ihre Mutter sagte mehrmals, dass es während der ersten Jahre schwer gewesen sei, zu Sophie durchzudringen. Erst mit vier begann sie zu sprechen. Meist spielte sie allein. Sie war zurückhaltend und hielt sich von Gleichaltrigen fern. Als sie zu uns kam, litt sie an Anorexie. Ihr
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