Feuertanz
Zeitpunkt die gesamte Ermittlung befruchten.«
»Ich weiß. Ich schreibe jetzt schon seit fast fünfundzwanzig Jahren Kriminalromane.«
Es entstand eine lange Pause, und Max Franke dachte nach.
»Wir machen Folgendes. Ich bringe alles, was ich über Ernst und Sophie und ihr Leben weiß, zu Papier. Aber ich schreibe einfach einen Überblick, ohne ihn literarisch zu gestalten. Wenn ich fertig bin, maile ich Ihnen die Datei. Und das Ganze bleibt unter uns. Was ich schreibe, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Ich will das nicht als Sonderbeilage einer Abendzeitung lesen!«
Irene versprach, die Informationen vertraulich zu behandeln, und gab Franke ihre Mailadresse. Als sie auflegte, war sie richtig zufrieden mit sich.
Dieses Gefühl hielt etwa fünf Minuten an. Dann trat Tommy ins Zimmer. Er schüttelte den Kopf und sagte: »Gute Theorie, aber leider Fehlanzeige.«
»Aber laut Melderegister wohnt sie doch noch auf dem Hof?«
»Das schon. Sie besitzt den Hof noch, aber ist in ein Altersheim nach Torslanda gezogen. Der Hof steht zum Verkauf. Brauchst du vielleicht einen Reiterhof?«
»Nicht unbedingt. Das Reihenhaus ist mir schon fast zu viel Arbeit. Schade. Die Theorie war nicht schlecht.«
»Ja. Wo kann man einen Menschen wochenlang gefangen halten, ohne dass jemand etwas merkt? Auf einem Bauernhof. Aber Ingrid Hagberg wurde vor drei Monaten angefahren, als sie im Laden auf der anderen Seite der Landstraße einkaufen wollte, und lag danach im Krankenhaus. Unter anderem erlitt sie eine Schädelverletzung. Sie kommt nicht mehr allein zurecht. Letzte Woche ist sie ins Altersheim gezogen.«
»Vielleicht sollte man sich trotzdem mit ihr unterhalten«, meinte Irene.
»Wenn sie sprechen kann, schon, aber das ist nicht sicher.«
Irene versuchte sich den nächsten Schritt zurechtzulegen. Ingrid Hagberg war also eine Sackgasse gewesen. Die Mail von Max Franke würde auch erst in einem oder in zwei Tagen eintreffen. Plötzlich kam sie darauf, mit wem sie sprechen mussten.
»Es gibt noch jemanden, der vor fünfzehn Jahren dabei war und in der Tat nie vernommen wurde.«
Frej Eriksson hatte angegeben, an der Hochschule für Fotografie in Göteborg zu studieren. Das Sekretariat der Hochschule hatte Frej davon unterrichtet, dass die Polizei mit ihm sprechen wolle. Nach dem Mittagessen rief er Irene auf ihrem Handy an, und sie verabredeten sich für fünf im Präsidium. Bis dahin würde er aller Wahrscheinlichkeit nach sein Pensum erledigt haben. Irene fragte ihn nach seiner Adresse, und es stellte sich heraus, dass sie mit der Sophies identisch war. Es überraschte Irene, dass Frej im Haus seiner Schwester wohnte. Somit hatte sie zwei Untermieter gehabt: ihren Halbbruder und Marcelo Alves. Frej brach das Gespräch ab. Er entschuldigte sich damit, dass er in ein Seminar müsse. Zu Irenes Erleichterung hatte er einen gesprächigen Eindruck gemacht. Sie hatte schon befürchtet, er könne ihr so schweigsam begegnen wie seine Schwester.
Ganz hinten in der Akte über den Brand in Björkil fand sie ein Foto von Magnus Eriksson, ein Passfoto, das drei Jahre vor seinem Tod aufgenommen worden war.
Alltäglich. So ließ sich Magnus Erikssons Äußeres charakterisieren. Er hatte recht schütteres, aschblondes Haar und gleichmäßige Züge gehabt. Sein weichliches Kinn war im Verhältnis zum übrigen Gesicht etwas zu klein gewesen. Laut Pass war er ein Meter achtzig groß gewesen und hatte sechsundachtzig Kilogramm gewogen. Er hatte blaue Augen gehabt und eine Brille getragen.
Was hatte Angelica dazu veranlasst, sich in den Mann mit dem alltäglichen Aussehen zu verlieben? Bei der Ermittlung vor fünfzehn Jahren hatte niemand gesagt, Magnus Eriksson sei ein fröhlicher und angenehmer Mensch gewesen. Niemand hatte auch nur etwas Positives über ihn gesagt. Er hatte getrunken und sein Geld verspielt. Und wie war es mit Frauen gewesen? Vielleicht sollte sie Angelica diese Fragen stellen? Was hatte sie an Magnus Eriksson angezogen?
Sein Geld. Als er Angelica kennen gelernt hatte, war er wohlhabend gewesen. Laut Ingrid Hagberg hatte Angelica das Geld rasch unter die Leute gebracht, aber wenn man bedachte, dass Magnus Eriksson Spieler gewesen war, so konnte man davon ausgehen, dass auch er Beträchtliches verschwendet hatte. Nach einigen Jahren war kein Geld mehr da gewesen. Familie Eriksson hatte die zentrale Wohnung im Stadtteil Linnéstaden aufgeben und die Kate in Björkil mieten müssen. Dort hatten sie die vier Jahre,
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