Feuertanz
Sophie lernte, wie man damit umging, und pflegte ihn zusammen mit Frau Larsson während seiner letzten Monate zu Hause. Sie wurden von der Gemeindeschwester unterstützt, die ihm Tabletten und Spritzen verabreichte. Am Mittsommertag 2002 schlummerte Ernst friedlich und im Beisein von Sophie und Frau Larsson ein.
Ich fuhr nach Göteborg zur Beerdigung und traf dort Sophie zum letzten Mal vor dieser unglückseligen Nacht während der diesjährigen Buchmesse. Darüber habe ich bei Ihnen bereits eine Aussage gemacht Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass sich die Kronleuchter in Sophies dunklem Haar spiegelten, als sie auf die Treppe zuging. Dann öffneten sich die Fahrstuhltüren. Ich habe sie nie wieder gesehen.
Sowohl Sophie als auch ihr Vater waren sehr zurückhaltende Menschen, aber ich finde trotzdem, dass ich sie recht gut kannte. Beide legten nie auch nur die geringste Aggression an den Tag. Auf Konflikte reagierten beide gleich, sie entzogen sich ihnen.
Dass der Mord an Sophie wahrscheinlich mit dem Brand, den sie vor fünfzehn Jahren gelegt haben soll, zusammenhängt, liegt für Sie und für mich auf der Hand. Bitte beachten Sie, dass ich schreibe » gelegt haben soll « , denn ich glaube nie und nimmer, dass sie dazu fähig gewesen wäre.
Daher gibt es auch keine logische Erklärung dafür, dass man sie viele Jahre später gefangen gehalten und kaltblütig ermordet hat. Es ließe sich als Bestrafung für die Brandstiftung deuten. Aber wenn sie den Brand nicht gelegt hat, dann gab es auch keinen Grund, sie zu bestrafen. Vielleicht wird es sich ja doch noch erweisen, dass der Mord an ihr nichts mit dem Brand von 1989 zu tun hat.
Wenn Sie noch weitere Fragen haben, können Sie mich jederzeit anrufen. Viktor Borgsten hat Ihnen ja, wie ich erfuhr, all meine Adressen und Telefonnummern gegeben.
Mit freundlichen Grüßen!
Max Franke
»Angelica Malmborg-Eriksson kommt um zwei«, sagte Tommy.
»Ich wäre gern dabei«, erwiderte Irene rasch.
Tommy zog eine Braue hoch und lächelte spöttisch. Zu ihrem Verdruss spürte Irene, wie sie errötete. Um davon abzulenken, sagte sie: »Hier. Lies. Das hat uns Max Franke vor kurzem gemailt. Da steht auch einiges über Angelica.«
Er nahm den Papierstapel in Empfang und begann zu lesen.
Nicht etwa, dass sie Tommy misstraut hätte, aber auf Angelica war einfach kein Verlass. Kein Mann durfte mit dieser Dame längere Zeit allein gelassen werden. Irene gestand sich ein, dass es wahnsinnig lächerlich klang, aber sie konnte sich immer noch an die pheromongeschwängerte Atmosphäre erinnern, die Angelica in dem Augenblick heraufbeschworen hatte, als sie über die Schwelle getreten war und Tommy in die Augen geblickt hatte. Das war zwar fünfzehn Jahre her, aber Irene gab sich keinen Illusionen hin. Tommy brauchte eine Anstandsdame. Er war frisch geschieden und hatte offenbar noch keine neue Partnerin. Wie es in dieser Hinsicht bei Angelica aussah, wusste sie, abgesehen von einem Gerücht über einen Topmanager bei Volvo, nicht. Irene war jedoch klar, dass sie sehr flexibel war.
Sie erhob sich und ging runter zur Spurensicherung, um zu hören, ob sich etwas Neues über den Brand ergeben hatte.
Svante Malms sommersprossige Miene hellte sich auf, als er sie sah.
»Hallo! Du musst über telepathische Kräfte verfügen. Gerade wollte ich bei euch anrufen. Jetzt ist das nicht mehr nötig«, meinte er zufrieden.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Irene.
»Ja. Sophie trug offensichtlich eine Lederjacke mit Nieten, als sie verschwand. Jetzt können wir mit Sicherheit ausschließen, dass sie diese anhatte, als sie starb. Wir haben die hier gefunden.«
Er nahm eine seiner obligatorischen Plastiktüten aus der Schublade seines Schreibtischs. Durch das Plastik waren einige kleine längliche und rußgeschwärzte Gegenstände zu sehen. Sie waren flach und von ungleichmäßiger Form.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Weiß nicht recht, jedenfalls keine Nieten. Sie wurden auf der Leiche gefunden, und wir glauben, dass es sich um Dekorationen eines Kleidungsstücks, das sie trug, handelt. Wir werden sie reinigen, dann lässt sich vielleicht feststellen, um welche Art von Kleidungsstück es sich handelt.«
Irene versuchte nachzudenken. Dekorationen eines Kleidungsstücks? Schmuck? Etwas regte sich in ihrem Unterbewusstsein, aber sie bekam es nicht zu fassen. Sie ließ es einstweilen auf sich beruhen und fragte stattdessen: »Es könnte sich um Theaterkleidung oder ein
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